Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
brauch dich. Hat Ida dir nichts gesagt?«
»Dass du eine Übersetzerin brauchst, um die Maori zu betrügen?«, fragte Cat böse. »Doch, hat sie. Und ich hab Nein gesagt. Ich mache das nicht, Ottfried. Mein Kind und ich, wir suchen uns einen neuen Platz.«
»Du weißt doch noch nicht mal, ob ein Stamm dich aufnimmt!«, sprach Ida endlich die Befürchtungen aus, die sie seit Langem hegte. »Womöglich … womöglich …«
»Was?«, fragte Cat. »Womöglich bringen sie mich um und essen mich? Das ist lächerlich, Ida, schlimmstenfalls schicken sie mich fort, und dann versuche ich es beim nächsten Stamm.«
»Aber du hast selbst gesagt, so viele gäb’s nicht«, meinte Ida. »Joe Gibson meint auch, in Canterbury würden nicht viele Maori leben. Wenn dich keiner aufnimmt, bist du ganz allein. Und dann?«
Cat biss sich auf die Lippen. Sie nahm das nicht an, aber theoretisch konnte es sein. Zumal wenn es stimmte, dass die Ngai Tahu von der Hand in den Mund lebten, wie Ottfried es ausgedrückt hatte. Und das war möglich, auf den Wanderungen mit den Ngati Toa hatten sie oft Stämme getroffen, die aus wirtschaftlichen Gründen wanderten. In ihren marae bauten sie nicht genug zum Leben an, also mussten sie ins Hochland ziehen, um zu fischen und zu jagen. Ob sie sich da noch mit einer Weißen und einem Kind belasten wollten? Cat hatte auch keine Ahnung, welche Erfahrungen die Stämme bislang mit pakeha gemacht hatten. Waren nur die verhältnismäßig harmlosen Missionare zu ihnen vorgedrungen, oder hatten sich schon Landkäufer mit ähnlich dunklen Absichten, wie Ottfried und Gibson sie hatten, zu ihnen verirrt? Cats Verwandtschaft mit den Ngati Toa würde ihr nicht unbedingt weiterhelfen. Die Ngai-Tahu-Siedlungen in Purau hatten Te Rauparaha und seine Leute nur fünfzehn Jahre zuvor mehrmals überfallen. Cat musste vor sich selbst zugeben, dass ihr Plan nicht sonderlich ausgereift war.
»Was machst du dann, Cat?«, drang Ida in sie.
Die junge Frau schien es als Fügung zu betrachten, dass Ottfried nun Bescheid wusste. Solange das Geheimnis zu wahren war, hatte sie Cat nie etwas entgegengesetzt, doch jetzt – sie wünschte so sehr, die Freundin würde bleiben!
»Dann geht sie zur nächsten weißen Siedlung und sucht sich einen Job!«, warf Ottfried ein, triefend vor Hohn. »Einen von diesen wunderbaren Jobs, die ’ ne Frau mit ’ nem Bastard kriegen kann. Frag mal Lucie, Cat. Die hat auch ’ n Balg am Hals.«
Das hatten Cat und Ida nicht gewusst, aber wahrscheinlich war das Kind irgendwo in Pflege, während Lucie arbeitete. Und der Gedanke daran, dass irgendjemand anderes es versorgte, brachte Ida auf die rettende Idee.
»Dieses Anwesen, da in Purau«, überlegte sie, »ist das abgelegen?«
Ottfried lachte. »Süße, alles in Purau ist abgelegen. Insofern wird es niemanden stören, ob ich zwei, drei oder fünf Frauen habe. Das kriegen allenfalls ein paar Walfänger mit, und die zerreißen sich da nicht die Mäuler.«
»Wahrscheinlich bewundern sie dich sogar dafür«, stieß Ida böse hervor, doch dann kam sie zu ihrer Idee zurück. »Es wäre also möglich, dass niemand von Cats Schwangerschaft erfährt. Ein paar Monate lang brauchte sie ja niemand zu sehen. Und wenn doch … Unter einer weiten Schürze könnte …«
»Kein Mensch wird sie sehen, wenn sie das nicht will«, erklärte Ottfried.
»Und wie es aussieht, kommt mein Kind ungefähr um die gleiche Zeit zur Welt wie Cats«, führte Ida weiter aus. »Es könnten Zwillinge sein.« Sie wandte sich an Cat. »Verstehst du, Cat? Beide werden meine Kinder sein, wir lassen sie beide als meine und Ottfrieds Kinder registrieren. Dann ist dein Baby kein Bastard. Und du bleibst bei uns!«
Cats Gedanken flogen zur Walfangstation in der Piraki Bay und zu Suzanne, Noni und Priscilla. Auf keinen Fall, auf gar keinen Fall durfte ihr Kind so aufwachsen! Da war Idas Idee schon nicht schlecht. Und Cat musste sich auch nicht gleich festlegen. Sie konnte sich erst mal umsehen, da in Purau, in den Plains. Bevor man viel von der Schwangerschaft sehen würde, konnte sie mit Ottfried und Gibson zu den Ngai Tahu fahren. Ein bisschen vorfühlen, ob eine Flucht möglich war.
»Ich komme mit«, sagte sie widerwillig. »Ich weiß nicht, wie das alles werden soll, aber gut, Ida. Ich komme mit.«
Ottfried grinste. »Na also!« Er lachte. »Da geh ich jetzt einen drauf trinken. Zwillinge! Das muss gefeiert werden.«
Ida band ihre Schürze ab. Sie würde nicht zurück in die
Weitere Kostenlose Bücher