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Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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lachte schallend. »Dem Witwer Beistand leisten? Ach, hören Sie auf, Reverend, Ihnen geht’s doch mehr um die Versteigerung der kleinen Blonden. Die schmachten Sie schließlich an, seit Sie da sind! Gar nicht gut für den Ruf Ihrer Kirche übrigens … Sie sollten sich zurückhalten. Aber wie gesagt, mich kümmert nicht, was Sie treiben. Und ich fürchte, Captain Clayton ist es auch egal. Genau wie die Trauer vom alten Hempleman. Das Schiff ist beladen, er wird segeln. Zeit ist Geld.«
    Kitten musste lächeln, als der Reverend seufzte. So wichtig, dass er sich dafür auffressen ließ, war es ihm wohl doch nicht, bei ihr der Erste zu sein. Aber sonst hatte das Gespräch nicht dazu geführt, dass Kitten sich besser fühlte. Sie hatte in den letzten Stunden darüber nachgedacht, vielleicht zu den Maori zu fliehen. Womöglich würden die sie ja aufnehmen. Sie könnte etwas Saatgut und Tand von Carpenters Wagen stehlen und sich sozusagen einkaufen. Nur … wenn es dort so gefährlich war …
    Dann jedoch blitzte eine andere Idee in ihrem Kopf auf. Wie wäre es mit einer Flucht auf der Bee? Bislang hatte Kitten geglaubt, der Kapitän segle direkt nach Europa ab, wie er das gewöhnlich tat. Sie hatte natürlich schon einmal daran gedacht, sich auf dem Schiff zu verstecken und Barker auf dem Seeweg zu entkommen. Vor der extrem langen Reise und dem völlig fremden Land hatte sie jedoch stets zurückgeschreckt, und drei Monate lang konnte sie sich auch nicht zwischen den Tranfässern verbergen. Sie wäre ja verhungert und verdurstet. Aber bis zur Cloudy Bay konnte es nicht weit sein, sonst würde sich der Umweg für Captain Clayton nicht lohnen. Sie konnte auf dem Wagen von Carpenter unterkriechen. Der pflegte seine Waren mit einer Plane vor Regen und Sonne zu schützen, ein ideales Versteck für Kitten! Und zweifellos fand sich unter Carpenters Vorräten auch etwas zu essen, selbst wenn es nur Mehl war oder Schiffszwieback. Die Bedingungen waren ideal.
    Lediglich der Zielort gefiel ihr nicht sonderlich. Cloudy Bay war schließlich eine weitere Walfangstation. Womöglich kam sie vom Regen in die Traufe. Aber hatte Carpenter nicht etwas von weißen Siedlern gesagt, mit denen die dortigen Maori verhandelten? Vielleicht lag die Station ja nah bei einer größeren Ansiedlung oder gar einer Stadt! Wenn überhaupt, so gab es nur in einer solchen Siedlung ehrliche Arbeit für ein junges Mädchen – im Haushalt vielleicht oder in einem Geschäft. Kittens Herz klopfte heftig. Natürlich bestand ebenso die Möglichkeit, dass sie gleich in der Cloudy Bay im nächsten Bordell landete …
    Letztendlich gab sie sich jedoch einen Ruck. Gut, die Sache konnte schiefgehen, aber die Flucht war immerhin eine Chance! Hier dagegen hatte sie keine. Wenn sie bis zum kommenden Tag blieb, war ihr Schicksal besiegelt. Kitten beschloss, nicht länger nachzudenken. Sie sah zu Noni hinüber, die mit verträumtem Blick ins Feuer schaute. Wahrscheinlich fantasierte sie von ihrem Freund und künftigen Verlobten. Priscilla war längst bei Barker und tröstete ihn über den heutigen Verdienstausfall hinweg, und Suzanne saß an einem der anderen Feuer, starrte wie immer ins Leere und nahm ab und zu einen Schluck aus der Whiskeyflasche, die ihr einer der Männer reichte. Sie würde diese Nacht nicht allein verbringen – und ganz sicher würde sie sich keine Gedanken darüber machen, wo ihre Tochter blieb.
    Kitten stand unauffällig auf. Noni sagte nichts, lediglich der Reverend sah ihr unglücklich nach, als sie davonschlenderte, um Carpenters Fuhrwerk zu suchen.
    Kitten fand den Wagen des Händlers etwas abseits der Walfangstation. Sicher wollte Carpenter nicht, dass der Trangestank in seine Waren zog, er handelte ja auch mit Decken und Kleidung. Abgesehen vom Licht des Mondes, der sich in dieser Nacht im Gegensatz zu der gestrigen verregneten wieder sehen ließ, und den Myriaden von funkelnden Sternen, war es vollständig dunkel, und um den Wagen herum war alles still. Kitten kletterte behände auf die Ladefläche und schlüpfte unter die Plane. Es war fast gemütlich hier, wenngleich der Geruch etwas seltsam war … Kitten ertastete ein kleines Fass Sauerkraut. Davon ging er also aus! Der in Streifen geschnittene, gestampfte und vergorene Weißkohl war beliebt bei Seeleuten, weil sein regelmäßiger Genuss auf langen Reisen Skorbut vorbeugte – und er war die Leibspeise Linda Hempelmanns gewesen. Es musste sich wohl um ein deutsches Nationalgericht

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