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Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Fruchtwasserlache zu ihren Füßen weg. Was es damit auf sich hatte, wusste sie nicht – um ihre Mutter hatten sich damals andere Frauen aus Raben Steinfeld gekümmert. Die dreizehnjährige Ida hatte nur die Schreie gehört, war ab und zu herumgeschickt worden, um Wasser und Tücher zu holen, und schließlich hatte man sie ins Zimmer gelassen, um sich von ihrer Mutter zu verabschieden. Die Erinnerung war das nackte Grauen, und sie erfasste Ida jetzt mit voller Wucht.
    »Ich will nicht!«, war dann auch das Erste, was sie stammelte, als Cat von draußen hereinkam und ihr totenbleiches, schweißüberströmtes Gesicht sah.
    Die junge Frau erfasste sofort, dass etwas nicht stimmte, und dann sah sie Idas feuchtes Kleid. Gleich darauf krümmte sie sich unter einer Wehe.
    »Da ist jetzt nichts mehr zu wollen«, sagte Cat sanft. »Das Kind kommt, und du hilfst besser dabei mit. Sonst dauert es noch länger und wird noch schmerzhafter. Steh jetzt erst mal auf, wir ziehen dich aus, in einem Nachthemd hast du es bequemer. Oder gleich nackt, so gebären die Maori-Frauen.« Sie gab diesen Gedanken auf, als ihre Freundin errötete.
    »Ich muss ins Bett«, flüsterte Ida. »Vielleicht hört es auf, wenn ich mich hinlege.«
    Cat schüttelte den Kopf. »Es hört auf keinen Fall wieder auf. Und Hinlegen ist auch ganz falsch. Schau mal, Ida, das Kind will da herauskommen, wo es hineingekommen ist, verstehst du? Also unten. Und das fällt leichter, wenn du stehst oder kniest, jedenfalls dich aufrecht hältst. Und es geht schneller, wenn du dich bewegst. Also lass uns ein bisschen herumgehen.«
    Cat führte ihre widerstrebende Freundin die nächsten zwei Stunden durch das Haus und über den Vorplatz, immer wieder dadurch unterbrochen, dass sich Ida unter einer Wehe krümmte und zu Boden sinken ließ. Sie wimmerte, hielt ihren Bauch umklammert und versuchte, die Wehe zu unterdrücken. Ida kämpfte gegen das Kind, und Cat kämpfte gegen Idas Verzweiflung. Dabei wäre es eigentlich eine leichte Geburt gewesen. Das Kleine lag richtig und wollte zur Welt kommen, das konnte Cat ertasten. Cat massierte Idas Bauch, wie sie es von Te Ronga gelernt hatte. Sie kochte ihr Tee, um sie zu beruhigen und die Schmerzen zu lindern, aber Ida schluchzte nur in ihre Tasse oder stieß sie gar weg.
    »Ich will das nicht. Ich will nicht!«, jammerte sie.
    Irgendwann verlor Cat die Geduld. »Du verhältst dich nicht gottgefällig!«, brüllte sie.
    Doch nicht einmal das half. Im Gegenteil: Ida, inzwischen vor Schmerzen und Angst kaum noch bei sich, tat das, was sie als Mädchen beim Tod ihrer Mutter nicht gewagt hatte: Sie verfluchte ihren Gott. Anschließend war sie völlig am Ende und lag von Schmerzen geschüttelt in Cats Armen.
    »Gott straft mich!«, weinte sie. »Er wird mich strafen!«
    Als das Kind nach endlosen sechs Stunden in die Welt glitt, war Cat so erschöpft, als hätte sie es selbst geboren. Zuletzt hatte sie Ida auf dem Küchenboden in eine kniende Position gezwungen und festgehalten, erst dann hatte diese eingesehen, dass sie durch Pressen dem Kind helfen musste. Das kleine Mädchen landete jedenfalls eher unsanft auf der festgestampften Erde – und schrie seinen Protest darüber sofort lauthals heraus.
    Cat schwankte zwischen Lachen und Weinen, als sie es aufhob und erst mal besorgt auf Verletzungen untersuchte. Abgesehen von der verständlichen Empörung, die Cat in ihrem verschrumpelten knallroten Gesichtchen zu erkennen meinte, fehlte der Kleinen jedoch nichts.
    »Willkommen auf der Welt!«, flüsterte Cat sanft, durchtrennte die Nabelschnur und wischte das Baby mit Tüchern ab. Es war nicht allzu groß, aber vollkommen entwickelt und – zumindest in Cats Augen – ganz entzückend. »Ida, schau, du hast eine Tochter! Hineingeboren in die Arme von Papatuanuku. Es bringt Glück, Ida, wenn ein Kind direkt auf die Erde gelegt wird!«
    Ida hatte sich auf dem Boden zusammengerollt, als der Geburtsschmerz endlich nachließ, und rührte sich nicht.
    »Ida!« Cat schüttelte sie. »Nun schau sie dir doch wenigstens an. Sie ist eine Schönheit. Und kräftig! Hör einmal auf zu schreien, Kleines, und begrüß deine Mutter!«
    Als Ida sich endlich umwandte, tat sie es langsam und eher mit einer Geste der Pflichterfüllung denn aus Neugier oder gar Liebe. Natürlich musste sie ihr Kind ansehen und in die Arme nehmen. Aber sollte das nicht in einem sauberen Bett geschehen, nachdem man sie gewaschen und in ein anderes Nachthemd gewandet hatte? Sie

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