Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Jetzt hätte sie wirklich Hilfe gebraucht, es wäre gut gewesen, hätte sich jemand um das Kind gekümmert. So musste sie aufpassen, dass sie die Kleine nicht zerdrückte, als sie sich beim Herauspressen der Nachgeburt erneut zwischen den Pfosten wand. Schließlich lag sie zitternd, verschwitzt und erschöpft im Stroh und schaffte es gerade noch, eine Pferdedecke über sich und das Kind zu ziehen, bevor sie völlig ermattet einschlief, das Baby an die Brust gedrückt.
Cat erwachte gegen Morgen, das Kind lag warm und geschützt in ihren Armen. Es wollte gleich wieder schreien, aber sie schob ihm eine Brustwarze in den Mund, bevor es dazu noch richtig Luft holen konnte. Es schien vorsichtig die neue Lage zu erkunden, dann begann es zaghaft und bald schon kräftig zu saugen. Cat fühlte sich schwindelig vor Erleichterung. Viel Kuhmilch enthielt die Speisekammer nicht mehr, und keine der beiden Frauen war in der Verfassung, zehn Meilen weit zu laufen, um bei den Redwoods um frische zu bitten. Sie würde beide Kinder nähren, wenn Ida dazu nicht in der Lage war.
Sie zog die Decke fest um sich und das Baby, bevor sie sich aufrichtete und zurück ins Haus ging. Ihr ganzer Körper schmerzte und protestierte dagegen, sich jetzt schon wieder bewegen zu müssen, doch mit jedem Schritt ging es besser. Cat stopfte sich Lumpen zwischen die Beine, um die leichte Blutung nach der Geburt aufzufangen, und setzte Wasser auf, um Tee zu bereiten und das Kind zu baden. Als draußen die Sonne aufging, lag ihre Tochter sauber, satt und frisch gewickelt in ihrem Arm – und Cat machte sich auf den Weg, sie Ida vorzustellen.
Leise öffnete sie die Tür zum Schlafzimmer, wo die Freundin noch schlief – ebenso Carol: die eine in ihrem Bett, die andere in ihrem Körbchen. Carol regte sich jetzt allerdings, und Cat hob sie schnell auf, bevor sie schreien konnte. Sie bettete ihr eigenes Baby behutsam neben Ida aufs Kissen, während sie Carol an die Brust nahm. Idas Tochter saugte sofort gierig. Die nahrhafte Vormilch schien der Kleinen deutlich besser zu munden als die mit Wasser versetzte Kuhmilch. Cat wiegte sie beim Stillen ebenso zärtlich wie ihr eigenes Kind. Carol war sicher noch nicht ganz satt, aber erst mal zufrieden, als Cat auch sie in frische Leintücher wickelte und neben Ida legte. Erst jetzt weckte sie die Freundin.
»Schau, Ida! Unsere Zwillinge!«
Ida schaute verwirrt zunächst auf Cat, dann auf die Mädchen, die rechts und links von ihr auf dem Kissen lagen.
»Du hast dein Kind bekommen? Aber wie … wie hast du das gemacht? Du hast gar nichts gesagt! Hast du es ganz allein geboren?«
Cat nickte lächelnd. »Es war gar nicht so schlimm«, behauptete sie und fand das nicht einmal mehr gelogen. Je länger sie ihr vollkommenes Baby ansah, desto mehr verblassten die Schrecken der Nacht.
»Es ist übrigens auch ein Mädchen«, sagte Cat. »Aber ich habe noch keinen Namen für sie.«
Ida wusste, dass sie ihr Kind gern nach Te Ronga genannt hätte, doch das würde Ottfried niemals zulassen. Andererseits hätte sich Cat wahrscheinlich wie eine Furie dagegen gewehrt, ihre Tochter nach einem von Ottfrieds Verwandten zu nennen.
Ida zog das Tuch, in das die Kleine gewickelt war, vorsichtig von ihrem zarten Gesichtchen. Cats Tochter wirkte nicht so zerknautscht und rotgesichtig wie Carol nach ihrer Geburt. Der kurze Schlaf in den Armen ihrer Mutter hatte ihre Züge geglättet, und sie hatte sich auch nicht in Rage geschrien. Für Ida wirkte sie wie ein Wunder, ein entzückendes Baby, das ihr anscheinend von Engeln gebracht worden war. Genau so hatte sie sich das Mutterwerden als Kind vorgestellt, bevor sie die grausame Wirklichkeit mit der Geburt ihrer Schwester eingeholt hatte. Sie lächelte fassungslos, als das Baby sein Gesichtchen so verzog, dass es wirkte, als würde es ihr Lächeln erwidern.
Ein Traum! Dieses Kind war ein Traum! Und plötzlich formten sich Worte in Idas Kopf. Worte, die Karl einmal gesagt hatte, in einem Land, das ebenfalls ein Traum gewesen war, in einer Stunde, die so unwirklich gewesen war wie ein Wunder …
»Você é linda« , flüsterte sie. »Das heißt: Du bist schön.«
Cat schaute sie an und runzelte die Stirn. »Hm? Wie kommst du denn jetzt darauf? Und was ist das für eine Sprache?«
»Eine schöne …«, meinte Ida versonnen, und sie lächelte wieder so wie drei Tage zuvor, als sie ihrem eigenen Kind Karls Namen gegeben hatte. »Dein Kind ist schön.«
Cat sah Ida nachdenklich an. Was
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