Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
genüsslich ihre Körper.
Für Cat löschte diese Nacht mit Chris alles aus, was ihr bislang schon den Gedanken an die körperliche Liebe vergällt hatte: die zotigen Bemerkungen der Männer auf der Walfangstation, das Stöhnen und Grunzen der Freier im Zelt ihrer Mutter und schließlich die schreckliche Erfahrung mit Ottfried. Was sie hier erlebte, war Liebe, rein, beglückend und zweifellos von allen Göttern gesegnet. Alles andere bedeutete nichts.
Schließlich lagen die beiden schweißnass nebeneinander, und Chris deckte Cat vorsichtig zu, damit sie nicht fror.
»Musst du nicht ins Haus?«, fragte sie schlaftrunken, als sie sich an seine Schulter schmiegte. »Wird sich Jane nicht wundern?«
Chris schüttelte den Kopf. »Jane und ich schlafen in getrennten Zimmern«, sagte er, »und das Wort › Wunder ‹ gehört gar nicht zu ihrem Sprachschatz.«
»Aber zu deinem schon«, murmelte Cat.
Chris küsste sie. »Nicht wirklich bis heute«, flüsterte er. »Jetzt hast du es hinzugefügt.«
Cat schlief selig in Chris’ Armen, doch beide wurden rechtzeitig wach, um sich weder von Karl noch von Ida entdecken zu lassen. Vor allem Ida hätte auf den Gedanken kommen können, schon früh nach der kurz vor dem Kalben stehenden Kuh zu sehen. Sie war da eigentlich sehr gewissenhaft. An diesem Morgen erschien sie aber nicht. Nach der Nacht mit Ottfried war sie erneut wund und erschöpft. Sie brauchte außerdem lange, die Kinder zu beruhigen, die sich erst gegen Morgen in einen unruhigen Schlaf geschrien hatten. Carol wurde früh wieder wach und quengelte.
»Das ist das Wurm, das von dir ist, ja?«, fragte Ottfried bösartig, als Ida Carol wiegte. »Das andere ist friedlicher. Erstaunlich, bei den Müttern ist’s ja eher umgekehrt. Vielleicht sollte ich meinen Stammhalter lieber mit der Kratzbürste zeugen.«
»Vielleicht sollte ich auch mit einem Messer unter dem Kopfkissen schlafen!«, gab Ida zurück und erschrak über ihren eigenen Mut. Sie erwartete eine Züchtigung, aber Ottfried lachte nur.
»Du Seelchen weißt doch gar nicht, wie man so was benutzt!«, höhnte er, nicht ahnend, welche Gedanken Ida dabei hegte …
Als Ida sich endlich so weit aufgerafft hatte, in den Stall zu gehen, um die Schafe zu melken und nach Jennifer zu sehen, standen Chris, Cat und Karl schon vergnügt um den Verschlag herum und bewunderten den kleinen Bullen.
»Wie heißt er? Hat er schon einen Namen?«, fragte Ida verzückt und hielt dem Kälbchen einen Finger hin, an dem es sogleich saugte.
Chris lachte. Er sah glücklich aus, Ida bemerkte mit einem Blick die Aura der Seligkeit, die ihn und Cat umgab.
»Ja, Cat hat ihn getauft!«, erklärte Chris und seine Hand fuhr wie selbstverständlich über Cats Rücken. »Sag’s, Cat, mal sehen, ob Ida weiß, was es bedeutet.«
Cat hatte eben noch ausgelassen gewirkt, jetzt entzog sie sich der Berührung. Beiläufig, als hätte Chris ’ Streicheln nichts zu bedeuten gehabt, aber Ida sah den Schatten, der über ihr Gesicht huschte.
»Ach, es ist albern«, sagte sie. »Ich hab ihn kihi getauft – Kuss. Weil der weiße Fleck auf seiner Stirn wie ein Kussmund aussieht.«
Um das zu erkennen, brauchte man etwas Fantasie.
»Er ist niedlich«, meinte Ida, nur um etwas zu sagen.
In dieser Nacht war ganz sicher etwas geschehen zwischen ihrer Freundin und Chris, und sie wusste nicht, ob sie es gutheißen konnte. Konnte? Oder durfte? Ida beschloss, dass es ihr egal war, wie die Gemeinde von Raben Steinfeld darüber gedacht hätte. Sie war entschlossen, sich für Cat zu freuen, wenn es denn etwas zum Freuen gab. Cats Glück darüber, dass sie und Chris sich gefunden hatten, schien sich schon wieder etwas zu trüben. Als Chris versuchte, seine Hand auf die ihre zu legen, wehrte sie ihn ab und gesellte sich dann Ida zu, die in den Schafstall ging.
»Soll ich dir beim Melken helfen?«, fragte Cat.
Es war wieder mal kaum zu übersehen, dass ihre Freundin sich nach der Nacht mit ihrem Mann kaum rühren konnte. Und um die Schafe zu melken, musste man recht beweglich sein.
Ida nickte beklommen. »Ja, das wäre nett. Aber komm erst mit, die Kinder holen. Ich will nicht, dass sie aufwachen und keine von uns da ist. Sie sind völlig erschöpft und quengelig. Wir hatten eine unruhige Nacht.«
Während Ottfried vor dem desinteressierten Chris und dem dabei fast körperlich leidenden Karl mit seiner Nacht mit Ida prahlte, stellte Ida ihrer Freundin vorsichtige Fragen – und wunderte sich, dass Cat sie
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