Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Chasseur versuchte es auch bei dieser Gastgeberin mit seinem bittenden Blick, aber Elizabeth Hempleman war anders als Nadine.
»Platz!«, sagte sie bestimmt und wies auf eine Matte vor dem Kamin.
Chasseur sah kurz zu ihr auf, ein Blick genügte jedoch, um ihn davon zu überzeugen, dass sie es ernst meinte. Mit einem Seufzen ließ er sich zu Cats Füßen nieder.
»Ich gehe dann mal und hole meinen Mann!«, sagte Elizabeth und entfernte sich leichtfüßig.
Cat ließ den Blick über die Einrichtung des Zimmers schweifen. Diese Möbel kannte sie nicht, vielleicht stammten sie ja aus Elizabeth ’ früherem Haushalt, und George musste hier mit der Erinnerung an ihren ersten Gatten leben. Cat fragte sich, wie er damit fertig wurde, dann hörte sie auch schon Schritte. George Hempleman musste auf dem Weg ins Haus gewesen sein, als Elizabeth sich aufgemacht hatte, ihn zu holen. Nun trat er ein, und seine Frau folgte ihm mit einem Leuchten im Gesicht, als hätte sie ihm eben ein Weihnachtswunder beschert.
»Da ist sie!«, rief sie glücklich. »Erkennst du sie wieder?«
George Hempleman musterte Cat. Er hatte sich in den Jahren wenig verändert, zumindest war er kaum gealtert. Im Gegenteil, er sah besser aus als damals in der Walfangstation. Jetzt war er schließlich nicht mehr täglich Wind und Wetter ausgesetzt, trank wahrscheinlich weniger Whiskey – und musste sich nicht um seine sterbende Frau sorgen. Elizabeth schien von blühender Gesundheit.
»Du bist es tatsächlich«, sagte er jetzt ungläubig. »Ich hatte nicht mehr damit gerechnet. Ich habe dich suchen lassen, weißt du. Sogar an der Westküste, in den Bordellen und auf der Nordinsel. Aber du warst verschwunden.«
»Ich war da, wo Carpenter mich zurückgelassen hat«, erklärte Cat. »Bei den Ngati Toa. Sie kannten doch Te Rauparaha.«
Hempleman lachte grimmig. »Den alten Haudegen? O ja, und schon deshalb habe ich nicht dran geglaubt, dass du da alt werden könntest.«
In den ersten Jahren auf der Walfangstation waren Hempleman und der Häuptling öfter aneinandergeraten, bis Te Rauparaha seine kriegerischen Aktivitäten zunächst in die Gegend von Purau und dann weiter nach Norden verlagert hatte.
»Aber wie auch immer, du hast es geschafft. Trotz meines Versagens. Ich habe mich damals nicht um dich gekümmert, Kitten.«
»Cat«, berichtigte Cat.
Er lächelte bedauernd. »Ich habe mir nicht mal die Mühe gemacht, jemanden nach deinem richtigen Namen zu fragen. Dabei bist du ja praktisch unter meinen Augen aufgewachsen. Unter fürchterlichen Bedingungen, wie ich jetzt weiß. Ich hätte das erkennen und dir irgendwie helfen müssen. Linda hätte dich sicher gern an Kindes statt angenommen. Doch bis in die Einzelheiten wusste sie wohl auch nicht Bescheid, oder?«
Cat schüttelte den Kopf. Sie fragte sich, wie viele Einzelheiten ihres Aufwachsens George Hempleman inzwischen kannte. Priscilla und Noni hatten ihm sicher vieles erzählt.
»Ich wollte Frau Hempelmann nicht aufregen«, sagte sie. »Sie haben das auch immer gesagt, dass ich sie auf keinen Fall aufregen soll. Also habe ich ihr auch am Ende nichts erzählt. Von dieser Versteigerung, die Barker plante.«
»Aber Linda muss etwas geahnt haben«, meinte Hempleman. »Jedenfalls wollte sie dir helfen. Sie hat noch ein paar Tage, bevor sie starb, ihr Testament geschrieben, und du solltest alles erben, was sie besaß. Also ihre Kleider – die hätten wir für dich verkaufen können – und vor allem ihren Schmuck.«
»Das hier!«, sagte Elizabeth Hempleman. Sie hatte eben, während George mit Cat gesprochen hatte, kurz den Raum verlassen und kehrte jetzt mit einer Schatulle in der Hand zurück. »Und das hier, nicht zu vergessen.« Sie löste die schlichte, sicher kostbare Perlenkette, die sie um den Hals getragen hatte, und öffnete die Schatulle. »Schauen Sie, Cat!«
Elizabeth Hempleman legte die Perlen zu den anderen Schmuckstücken, die auf dunkelblauem Samt ruhten. Cat blickte verwirrt auf die goldenen Ketten und Armreifen, einen glitzernden Ring, Ohrgehänge aus goldgefassten Perlen und Edelsteinen.
»Das gehört jetzt Ihnen!«, sagte Elizabeth Hempleman.
»Aber …« Cat dachte an die Perlen, die noch warm von Elizabeth ’ Halsbeuge in der Schatulle lagen. »Haben Sie den Schmuck denn bislang nicht getragen? Wollen Sie ihn einfach so abgeben?«
Elizabeth ’ Lächeln wurde wehmütig. »Das ist keine Frage des Wollens«, erklärte sie dann. »Es ist wahr, ich habe den Schmuck
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