Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Schafen vermischten, aber darüber machte Ottfried sich keine größeren Gedanken. Es gab schließlich Gras genug in den Plains, und es kostete nichts. Für Wolle dagegen wurden gute Preise bezahlt.
Alles in allem hätte Ottfried zuversichtlich in die Zukunft gesehen, wenn er die Farm nur nicht mit Fenroy und Jensch hätte teilen müssen. Dieser miese Tagelöhner Karl, der ihn auf einmal kontrollieren wollte! Und dann war er auch noch Zeuge seiner Schande in Port Cooper geworden. Ottfried ballte die Fäuste, wenn er nur daran dachte. Eines Tages würde er Ida dafür bezahlen lassen!
Der Eklat in Jefferson’s Pub hing Ottfried immer noch nach, obwohl inzwischen ein paar Monate verstrichen waren. Dabei hatte er gehofft, dass Gras darüber wachsen würde, wenn er nur eine Zeit lang nicht in den Ort kam. Er hatte gute Miene zum bösen Spiel gemacht, als Karl und Chris ihn praktisch dazu gezwungen hatten, in den Plains zu bleiben. Leider hielten sie ihn auch mit Whiskey knapp, und Vorräte hatte er nicht anlegen können, dazu hatte er Port Cooper einfach zu schnell und zu überstürzt verlassen müssen. So saß er auf Fenroy Station ebenso auf dem Trockenen wie in der ersten Zeit in Sankt Paulidorf. Und Ida strengte sich auch nicht mehr richtig an mit ihrer Käserei! Natürlich behauptete sie, es liege an der Jahreszeit, die Schafe gäben einfach weniger Milch und müssten vor dem Ablammen ja auch trocken gestellt werden. Aber Ottfried hielt das für dumme Ausreden – und nutzte die Chance, nach Port Cooper zu fahren, als sie endlich wieder eine nennenswerte Anzahl an Käselaiben erstellt hatte. Diesmal fragte er Chris und Karl nicht um Erlaubnis und Ida erst recht nicht. Zum Teufel mit dem Gesamtertrag der Farm, der angeblich vorerst weiterinvestiert werden musste! Dieser Käse war sein Besitz, von seiner Frau aus der Milch seiner Schafe erstellt! Den konnte und würde er auf eigene Rechnung verkaufen!
Ida und Karl atmeten auf, als er den Wagen eines Morgens ohne größere Ankündigung belud und nach Port Cooper lenkte. Gut, den Erlös für den Käse würden sie abschreiben müssen, aber sie waren doch wenigstens ein paar Tage von Ottfrieds Anwesenheit befreit.
»Und wenn er wieder anfängt herumzuprahlen?«, gab Cat zu bedenken. Sie war vorbeigekommen, um über die bevorstehende Schafschur zu sprechen. »Machst du dir da gar keine Sorgen, Ida?«
Ida zuckte die Schultern, Karl konnte über die Bedenken der Frauen jedoch nur lachen. »Der gute Ottfried wird sein blaues Wunder erleben!«, sagte er voraus. »Port Cooper ist ein kleiner Ort, in dem nicht viel passiert. Da wird man sich noch in zehn Jahren an den Vorfall in Jefferson’s Pub erinnern! Ottfried kriegt da kein Bein mehr auf die Erde, denkt an meine Worte!«
Natürlich sollte er Recht behalten. Weder war Idas Auftritt im Pub in Vergessenheit geraten noch Chris’ Ärger darüber, dass Ottfried ohne sein Wissen Schulden gemacht hatte. Ottfried konnte seinen Käse also verkaufen, als offizieller zeichnungsberechtigter Vertreter von Fenroy Station wurde er allerdings nicht anerkannt. Und sogar seine Spiel- und Trinkkumpane enttäuschten ihn. Es standen noch Schulden aus, die er vom Erlös der neuen Käselaibe brav bezahlte, neuen Kredit wollten ihm jedoch weder der Betreiber des Pubs noch die Mitspieler geben.
»Was los mit euch? Ich hundert Schafe, ich reich! Ihr könnt nehmen, wenn ich nicht zahlen!« Ottfried konnte es kaum glauben, dass die Männer dennoch abwinkten.
»Deine Schafe magst du ja haben, aber wetten, dass wir erst an deiner Frau vorbeimüssten und dann an Jensch und Fenroy, wenn wir die pfänden wollten?«, höhnte Georgie. »Das tun wir uns doch nicht an. Mir dröhnt noch der Kopf vom letzten Mal, als ich dir zu Hilfe kommen wollte, damals bei der Sache mit Potter. Nee, Otie, der Shilling in der Hand ist besser als das Schaf auf dem Dach. Also Geld auf den Tisch, oder wir spielen allein!«
Ottfrieds Laune war noch schlechter als bei seiner Abfahrt, als er sein Gespann nach nur zwei Tagen in Port Cooper zurück in die Plains lenkte. Sehr lange würde er das nicht mehr mitmachen! Vielleicht reichte das Geld ja schon nach der Schur, um sich eine eigene Farm aufzubauen – ganz sicher wenn sich jemand fände, der das Land kaufte, das ihm Chris überschrieben hatte. Irgendwo anders – vielleicht in Otago. Und sobald er das hier hinter sich gelassen hatte, würde er Ida beibringen, wie er sich eine brave kleine Frau vorstellte!
Karl Jensch
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