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Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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eine Art Wergeld und konnte Kriege zwischen zwei Stämmen verhindern.
    »Aber was die Scheidung angeht«, sprach der Häuptling gelassen weiter. »Das ist beschlossene Sache. Jane hat die tohunga bereits gebeten. Makutu wird es machen. Die Zeremonie findet bei Sonnenuntergang statt, am Schilfufer am Fluss. Bei den Felsen vor dem Wäldchen. Du kannst kommen oder wegbleiben, unser Land nehmen oder weiter Pacht bezahlen. An der Sache ändert es nichts. Jane wird heute frei.«
    Natürlich ging Chris zu der Scheidungszeremonie, und Karl schloss sich ihm an. Ida wäre auch gern mitgekommen, sie war gleichermaßen schockiert wie fasziniert von der Möglichkeit, eine unglückliche Ehe einfach so beenden zu können. Es interessierte sie längst nicht mehr, ob ihr Tun oder das der anderen gottgefällig war oder nicht. Sie war zu dem Schluss gelangt, dass Gott, wenn er seinen Geschöpfen gegenüber nicht gänzlich gleichgültig oder gar schlecht gesinnt war, sehr viel eher ihre Verbindung mit Karl segnen würde als die mit Ottfried.
    Der belegte sie an diesem Abend jedoch mit Beschlag. Mehrere Schafe standen vor dem Ablammen, und Ottfried verlangte Idas Anwesenheit, falls dabei irgendetwas schiefging. Das Argument, sie sei doch nur am Fluss und innerhalb von einer halben Stunde zurückzuholen, ließ er nicht gelten. Und er lamentierte mit seiner alten Raben Steinfelder Predigerstimme gegen die gottlose Zeremonie, an der er Ida auf keinen Fall teilnehmen lassen wollte.
    »Er will mich diese Nacht«, vertraute Ida sich Karl an, bevor er ging, und senkte den Blick.
    Karl tat es fast körperlich weh, sie leiden sehen zu müssen. Er empfand keine Eifersucht mehr, wusste er doch längst, dass Ottfried nur Idas Körper haben konnte, während ihre Seele längst ihm gehörte. Aber der Gedanke an den Schmerz und die ständigen Demütigungen, denen sie immer noch duldsam entgegensah, machte ihn krank. Er verbrachte fast jeden Abend ruhelos patrouillierend zwischen den Ställen und Idas Haus.
    Nun lenkte die Scheidungszeremonie ihn jedoch ab. Der gesamte Stamm der Ngai Tahu war bereits versammelt, als Chris und Karl nun das Flussufer erreichten. Die tohunga Makutu stand zwischen den Steinen vor dem Schilfdickicht, bei ihr waren Jane und Te Haitara. Der ariki trug wieder die formelle Tracht des Kriegers und die Insignien seiner Häuptlingswürde. Chris hatte eigentlich damit gerechnet, dass auch Jane traditionell gewandet sein würde, allerdings war es kühl an diesem Abend, weshalb die junge Frau ein pakeha -Wollkleid vorgezogen hatte, ein dunkelgrünes, weit geschnittenes Nachmittagskleid, das ihr gut stand. Der Häuptling hatte ihr seinen Federmantel über die Schultern gelegt, was sehr festlich wirkte. Aber vor allem war es ihr Gesichtsausdruck, der Jane Fenroy-Beit an diesem Abend beinahe schön aussehen ließ. Aus Janes grünen Augen strahlte das Glück. Sie sah geradezu anbetend zu Te Haitara auf und respektvoll und gläubig auf die kleine, alte Medizinfrau hinunter, die mit kraftvoller Stimme sang und verschiedene Götter und Geister zu Zeugen der Zeremonie anrief.
    »Bist du bereit?«, fragte sie Jane dann. »Wenn du es wirklich willst, dann spreche ich jetzt den karakia toko .«
    Jane sah Hilfe suchend zu Te Haitara hinüber und erblickte dann Chris am Rand der Versammlung. Sie schien unsicher, ob sie die Augen schamvoll senken oder seinen spöttischen Blick fest erwidern sollte. Jane entschloss sich für Letzteres, während Chris sich aufraffte, es ihr etwas leichter zu machen. Er hob die Hand und machte eine einladende Geste, als wollte er ihr den Weg weisen. Te Haitara bemerkte dies und nickte Chris erfreut und dann Jane aufmunternd zu.
    Die junge Frau straffte sich. »Ich will«, sagte sie laut.
    Die tohunga hob die Arme und verharrte kurz, um ihren Geist mit dem Himmel und den eben aufgehenden Sternen zu verbinden. Dann intonierte sie den karakia – so schnell, dass Chris kaum folgen konnte. Die wichtigsten Gebete der Maori bestanden oft aus einem eilig vorgetragenen Sprechgesang. In diesem Fall war es zudem ein äußerst kurzer.
    »Ka tokona atu nei korua. Tu ke Rangi, tau ke Papa. «
    »Ihr beide werdet auseinandergezwungen, als wärt ihr Rangi und Papa«, übersetzte Chris für Karl. »Du kennst die Geschichte. Tane, der Waldgott, und die anderen Kinder der Erde und des Himmels trennten das Paar, um Licht und Luft für die Schöpfung zu schaffen. Sozusagen die erste Scheidung …«
    »Doch nicht im Sinne der Ehegatten«,

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