Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Dienerschaft!«
Der Matrose zuckte die Schultern. »Dann hätten Sie auch erste Klasse buchen müssen, mein Herr«, erklärte er höflich. »Aber das ist teuer – da kostet eine Passage mehr als die Überfahrt auf dem Zwischendeck für eine ganze Familie. Wenn Sie das aufbringen können, sprechen Sie mit dem Kapitän.« Damit wandte er sich ab, um weitere, nicht minder entsetzte Passagiere einzuweisen.
»Ich schlaf nicht mit Franz in einem Bett!«, erklärte Elsbeth entschlossen. Sie hatte über den Anblick der Quartiere endlich aufgehört zu weinen, stattdessen schien sie entschlossen zu kämpfen.
Ida seufzte. Wie es aussah, würde es also an ihr hängen bleiben, das Bett während der Überfahrt mit dem kleinen Bruder zu teilen. Jedenfalls wenn sie halbwegs ihre Ruhe haben wollte. Elsbeth war zwölf, ein schwieriges Alter – und sie war starrköpfig, sie wusste sich durchzusetzen. Zudem war sie der Liebling des Vaters, er sah oft lächelnd über Ausbrüche und Eskapaden hinweg, die Ida in Elsbeths Alter die Rute eingebracht hätten.
»Das geht doch auch nicht, dass ein Mädchen und ein Junge in einem Bett schlafen!«, lamentierte Elsbeth.
Mit diesem Argument würde sie es wahrscheinlich beim Vater versuchen und womöglich damit durchkommen. Der würde Franz dann zu Anton beordern und damit neuen Ärger heraufbeschwören.
»Aber ich brauch ein Bett!« Franz war den Tränen nahe. Er schien zu befürchten, man würde ihn womöglich nicht mitnehmen.
»Du kommst einfach zu mir!«, beruhigte ihn Ida. »Wir kuscheln uns eng zusammen und haben es ganz warm, wenn die anderen frieren müssen.«
Franz war sofort getröstet. »Die Elsbeth muss frieren, die Elsbeth muss frieren!«, sang er vor sich hin, während Ida die Pritschen herrichtete. Man hatte Strohsäcke ausgeteilt, außerdem gab es grobe Decken.
Im Vorraum der Verschläge gab es jetzt ein Wortgefecht zwischen Jakob Lange, Peter Brandmann und John Nicholas Beit, in das sich auch Ottfried mischte. Idas Verlobter beschwerte sich über seine Unterkunft, was sie nicht überraschte. Dann jedoch horchte sie auf – der Name Karl Jensch fiel.
»Ja, wenn ich’s euch doch sage!«, trumpfte Ottfried auf, wobei er sich an Jakob Lange und seinen Vater wandte. »Ich teile mein Quartier mit diesem Jensch – einem Tagelöhner, einem Tunichtgut und Gauner, der keinen Pfennig für diese Passage bezahlt hat. Und er belegt eine Koje wie alle anderen zahlenden Passagiere …«
»Sie vergeben Schlafplätze an Habenichtse, Beit?«, erregte sich Brandmann. »Und sechsköpfige Familien bringen Sie in einem dunklen Verschlag mit vier Bettstellen unter?«
Offensichtlich hatte man also auch den Brandmanns nur eine Unterkunft wie die der Langes angewiesen. Die vier jüngeren Kinder, die zum Teil auch schon mehr als dreizehn Jahre zählten, sollten sich zwei der Betten teilen.
»Nicht in diesem Ton!« John Nicholas Beits Stimme klang schneidend und so entschlossen, dass sie das Stimmengewirr der einziehenden Siedler in allen umliegenden Verschlägen zum Schweigen brachte. »Sie wussten, dass Sie eine Zwischendeckpassage gebucht haben. Was erwarten Sie da? Himmelbetten? Und selbstverständlich haben wir auch den freien Emigranten, deren Passage die New Zealand Company finanziert, Schlafplätze gestellt. Jedem einen eigenen zwangsläufig, es sind ja erwachsene Männer. Oder hätte ich sie zu Ihren Töchtern ins Bett legen sollen?« Jakob Lange und Peter Brandmann schnappten nach Luft. »Und jetzt belegen Sie Ihre Kojen und halten hier nicht weiter den Betrieb auf. Der Kapitän will ablegen …«
»Ich will den Kapitän sprechen!«, verlangte Brandmann.
»Peter, was soll das denn …«, versuchte Frau Brandmann, die Wogen zu glätten. »Der Kapitän weiß, wie wir untergebracht sind. Das ist wohl immer so …«
»Es geht nicht an, dass ein Tagelöhner besser wegkommt als meine Kinder!«, beharrte Lange. »Geben Sie die Koje meinem Sohn hier, und lassen Sie den Kerl auf dem Boden schlafen!«
Ida empfand Mitleid mit Karl. Wie gut, dass er sich das wenigstens nicht mit anhören musste! Aber Beit ergriff ja wenigstens für ihn Partei.
»Der Mann kann nicht auf dem Boden schlafen!«, schnauzte er, »es gibt da Bestimmungen. Sie werden selbst sehen, warum das nicht geht, wenn der Seegang erst mal höher wird und das Wasser reinläuft.«
»Hier läuft Wasser rein? Wir müssen auch noch mit Überschwemmungen rechnen?«
Brandmann vergaß den Tagelöhner umgehend und begann, über
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