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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Velen«, fiel ihr Yennefer ins Wort. »Eine Stadt, die ihren Wohlstand in erheblichem Maße den Zauberern verdankt. Genauer gesagt, den Zauberinnen. Und ich hatte keine Lust, mich vorzustellen und zu beweisen, wer ich bin. Es war mir lieber, dass das auf den ersten Blick offensichtlich war. Hinter diesem roten Haus biegen wir links ab. Im Schritt, Ciri, zügle das Pferd, sonst reitest du noch irgendein Kind über den Haufen.«
    »Und wozu sind wir hierhergekommen?«
    »Das habe ich dir schon gesagt.«
    Ciri knurrte, presste die Lippen zusammen, stieß dem Pferd heftig eine Ferse in die Flanke. Die Stute tänzelte, wäre beinahe auf ein Gespann geprallt, das an ihnen vorbeifuhr. Der Kutscher stand auf dem Bock auf und holte aus, um ihr eins mit der Fuhrmannspeitsche zu geben, doch beim Anblick von Yennefer setzte er sich rasch wieder und widmete sich einer eingehenden Analyse des Zustandes seiner Treter.
    »Noch so eine Eskapade«, presste Yennefer hervor, »und wir zanken uns. Du benimmst dich wie eine minderjährige Ziege. Machst mir Schande.«
    »Du willst mich in irgendeine Schule geben, nicht wahr? Ich will nicht!«
    »Leiser. Die Leute gaffen.«
    »Dich gaffen sie an, nicht mich! Ich will in keine Schule gehen! Du hast mir versprochen, dass du immer bei mir sein wirst, und jetzt willst du mich alleinlassen! Allein! Ich will nicht allein sein!«
    »Du wirst nicht allein sein. In der Schule gibt es viele Mädchen in deinem Alter. Du wirst eine Menge Schulfreundinnen haben.«
    »Ich will keine Schulfreundinnen. Ich will bei dir sein und bei  ... Ich dachte, dass  ...«
    Yennefer wandte sich heftig um. »Was dachtest du?«
    »Ich dachte, wir reiten zu Geralt.« Ciri hob herausfordernd den Kopf. »Ich weiß genau, worüber du den ganzen Weg über nachgedacht hast. Und warum du nachts geseufzt hast  ...«
    »Genug«, zischte die Zauberin, und der Anblick ihrer flammenden Augen bewirkte, dass Ciri das Gesicht in die Pferdemähne vergrub. »Du bist gar zu frech geworden. Ich erinnere dich daran, dass die Zeit, da du dich mir widersetzen konntest, ein für allemal vorbei ist. Du hast es selbst so gewollt. Jetzt musst du gehorsam sein. Du wirst tun, was ich anordne. Hast du verstanden?«
    Ciri nickte.
    »Was ich anordne, wird für dich am besten sein. Immer. Und darum wirst du mir gehorchen und meine Empfehlungen ausführen. Ist das klar? Halte das Pferd an. Wir sind da.«
    »Das ist diese Schule?«, murrte Ciri und ließ den Blick über die ansehnliche Fassade des Gebäudes schweifen. »Das ist  ...«
    »Kein Wort mehr. Steig ab. Und benimm dich, wie es sich gehört. Das ist keine Schule, die Schule befindet sich in Aretusa, nicht in Gors Velen. Das ist eine Bank.«
    »Und wozu brauchen wir eine Bank?«
    »Denk nach. Absteigen, habe ich gesagt. Nicht in die Pfütze! Lass das Pferd stehen, dafür gibt es Dienerschaft. Zieh die Handschuhe aus. Man betritt eine Bank nicht mit Reithandschuhen. Schau mich an. Rück die Mütze zurecht. Und das Wams. Steh gerade. Du weißt nicht, was du mit den Händen machen sollst? Dann mach nichts mit ihnen!«
    Ciri seufzte.
    Die Bediensteten, die aus dem Tor des Gebäudes strömten und unter Verbeugungen ihres Amtes walteten, waren Zwerge. Ciri betrachtete sie neugierig. Obwohl sie ebenso kleinwüchsig, stämmig und bärtig waren, ähnelten sie überhaupt nicht ihrem Freund Yarpen Zigrin, ebenso wenig seinen »Jungs«. Die Diener waren Chargen, einheitlich uniformiert, gesichtslos. Und unterwürfig, was man von Yarpen und seinen Jungs partout nicht sagen konnte.
    Sie gingen hinein. Das magische Elixier wirkte noch immer, so dass Yennefers Auftritt augenblicklich große Bewegung, Hin-und-her-Laufen, Verbeugungen, weitere unterwürfige Begrüßungen und Bekundungen von Dienstbereitschaft auslöste, die erst aufhörten, als ein unglaublich dicker, würdevoll gekleideter und weißbärtiger Zwerg erschien.
    »Verehrte Yennefer!«, dröhnte der Zwerg und klimperte mit der goldenen Kette, die von dem mächtigen Hals bis weit unter den weißen Bart herabhing. »Was für eine Überraschung! Und was für eine Ehre! Bitte, bitte, komm ins Kontor! Und ihr, steht nicht herum, glotzt nicht! An die Arbeit, an die Rechenbretter! Wilfli, sofort eine Flasche Castel de Neuf ins Kontor, Jahrgang  ... Du weißt schon, welcher Jahrgang. Hurtig, Beine in die Hand! Erlaube, erlaube, Yennefer. Es ist eine wahre Freude, dich zu sehen. Du siehst aus  ... Ach, verdammt, mir bleibt die Luft weg!«
    Die

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