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Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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anerkennen und sich dem 
Gesetz
 nicht unterwerfen wollten. Darunter Raffard der Weiße. Doch davon schweigen die historischen Abhandlungen, um der schönen Legende keinen Abbruch zu tun.«
    »Und hier  ... Hmmm  ... Ja, das hat wohl eine Adeptin gemalt. Und zwar eine sehr junge  ...«
    »Zweifellos. Das ist überhaupt eine Allegorie. Ich würde es die Allegorie der triumphierenden Weiblichkeit nennen. Luft, Wasser, Erde und Feuer. Und vier berühmte Zauberinnen, Meisterinnen in der Beherrschung der Kräfte jener Elemente. Agnes von Glanville, Aurora Henson, Nina Fioravanti und Klara Larissa de Winter. Schau dir das nächste, besser gelungene Bild an. Hier sehen wir ebenfalls Klara Larissa, wie sie die Akademie für Mädchen eröffnet. In dem Gebäude, in dem wir uns gerade befinden. Und diese Porträts zeigen berühmte Absolventinnen von Aretusa. Da haben wir die lange Geschichte der triumphierenden Weiblichkeit und der fortschreitenden Feminisierung des Berufs: Yanna von Murivel, Nora Wagner, ihre Schwester Augusta, Jade Glevissig, Leticia Charbonneau, Ilona Laux-Antille, Carla Demetia Crest, Violenta Suarez, April Wenhaver  ... Und die Einzige, die noch am Leben ist: Tissaia de Vries  ...«
    Sie gingen weiter. Lydia van Bredevoorts Kleid raschelte seidig, und in diesem Rascheln lag ein bedrohliches Geheimnis.
    »Und das?« Geralt blieb stehen. »Was ist das für eine grässliche Szene?«
    »Das Martyrium des Magiers Radmir, dem während des Aufstandes von Falka bei lebendigem Leibe die Haut abgezogen wurde. Im Hintergrund brennt die Stadt Mirthe, die Falka anzuzünden befohlen hatte.«
    »Wofür wenig später Falka selbst brannte. Auf dem Scheiterhaufen.«
    »Diese Tatsache ist weithin bekannt, die Kinder in Temerien und Redanien spielen noch heute am Vorabend von Saovine Falka-Brennen. Kehren wir um, damit du dir die andere Seite der Galerie ansehen kannst  ... Ich sehe, dass du etwas fragen willst. Ich höre.«
    »Mich wundert die Chronologie. Ich weiß natürlich, wie Verjüngungselixiere wirken, aber wie auf den Bildern lebende Personen gleichzeitig mit längst verstorbenen abgebildet sind  ...«
    »Mit anderen Worten, dich wundert, dass du auf dem Bankett Hen Gedymdeith und Tissaia de Vries begegnet bist, dass aber Bekker, Agnes von Glanville, Stammelford oder Nina Fioravanti nicht dabei waren?«
    »Nein. Ich weiß, dass ihr nicht unsterblich seid  ...«
    »Was ist der Tod?«, unterbrach ihn Vilgefortz. »Was meinst du?«
    »Das Ende.«
    »Das Ende wovon?«
    »Der Existenz. Mir scheint, wir haben zu philosophieren begonnen.«
    »Die Natur kennt den Begriff der Philosophie nicht, Geralt von Riva. Als Philosophie bezeichnet man gemeinhin die armseligen und lächerlichen Versuche, die Natur zu verstehen, die die Menschen unternehmen. Als Philosophie gelten auch die Ergebnisse solcher Versuche. Das ist, als ob irgendeine Runkelrübe die Ursachen und Folgen ihrer Existenz erforschte und das Ergebnis der Überlegungen als den ewigen und geheimnisvollen Konflikt von Knolle und Blattwerk bezeichnete und den Regen für die Unerforschte Wirkende Kraft hielte. Wir Zauberer vergeuden keine Zeit mit der Enträtselung der Natur. Wir wissen, was sie ist, weil wir selbst Natur sind. Verstehst du mich?«
    »Ich bemühe mich, aber sprich bitte langsamer. Vergiss nicht, du redest mit einer Runkelrübe.«
    »Hast du dich jemals gefragt, was damals geschehen ist, als Bekker das Wasser zwang, aus dem Fels zu sprudeln? Es ist leicht gesagt: Bekker hat die 
Kraft
 bezwungen. Er hat das Element gezwungen, zu gehorchen. Er hat sich die Natur unterworfen, sich zu ihrem Herrscher aufgeschwungen  ... Wie ist deine Beziehung zu Frauen?«
    »Wie bitte?«
    Lydia van Bredevoort wandte sich mit seidigem Rascheln ab, erstarrte in Erwartung. Geralt bemerkte, dass sie unter dem Arm ein verpacktes Bild trug. Er hatte keine Ahnung, wo es herkam, eben noch hatte Lydia nichts getragen. Das Amulett an seinem Hals ruckte sacht.
    Vilgefortz lächelte. »Ich habe«, erinnerte er den Hexer, »nach deinen Ansichten in Bezug auf das Verhältnis zwischen Mann und Frau gefragt.«
    »In Bezug auf welchen Aspekt dieses Verhältnisses?«
    »Kann man deiner Meinung nach eine Frau zum Gehorsam zwingen? Ich rede natürlich von richtigen Frauen, nicht von Weibchen. Kann man eine richtige Frau beherrschen? Sich ihrer bemächtigen? Bewirken, dass sie sich deinem Willen unterwirft? Und wenn ja, auf welche Weise? Antworte.«
     
    Die

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