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Die Zeit des Schweigens ist vorbei (German Edition)

Die Zeit des Schweigens ist vorbei (German Edition)

Titel: Die Zeit des Schweigens ist vorbei (German Edition)
Autoren: Mandy Kopp
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gefragt, ob ihn etwas an mir stören würde. Wolfgang grinste und sagte, außer der Tatsache, dass er jeden Morgen nach der Zuckerdose auf dem Frühstückstisch suchen müsse, würde ihm nichts fehlen, er sei glücklich mit mir. Während des Klinikaufenthalts töpferte ich ihm eine Zuckerdose mit seinem Namen drauf. Als könnte ich damit unsere Probleme lösen …
    In den ersten Wochen kämpfte ich vor allem damit, mein Gewicht zu halten. Es war noch einmal um drei Kilo abgesackt, wenn ich es nicht stabilisieren könnte, würde man abbrechen und mich in ein Krankenhaus einweisen lassen. Das wollte ich auf keinen Fall. Meine Mitpatienten, zu denen ich langsam Vertrauen fasste, unterstützten mich, jeder half dem anderen. Mit der Zeit fühlte ich mich angenommen, nicht länger allein. Und ich fand die Kraft, über mein Leben nachzudenken, über das, was ich wollte, was mir guttat.
    Am Ende meines Klinikaufenthalts hatte ich eine Entscheidung getroffen. Ich wollte meine Teilzeitstelle im Labor in einen Vollzeitjob umwandeln – und mich von meinem Mann trennen.

Verlorene Blüte
Wie eine zarte Blüte wuchst du
geschützt in meinem Bauch heran
Doch riss man dich mir von der Wiese des Lebens
Noch bevor du zu blühen begannst
    Wolfgang war geschockt, als ich ihn mit meinen Plänen konfrontierte. Er verstand nicht, dass ich die gemeinsamen Jahre »einfach so« wegwerfen wollte. Trotzdem versuchte er, mich bei der Suche nach einer Wohnung zu unterstützen. Vielleicht, weil er gehofft hat, dass das nur eine vorübergehende Phase sei, ich schon wieder zur Besinnung und zu ihm zurückkommen würde. Unsere vorübergehende Trennung löste in mir widersprüchliche Gefühle aus. Schwarz und weiß, richtig oder falsch, ich wusste es nicht. Vielleicht brauchte ich einfach nur Zeit? Wenn ich ihn sah, war mir alles zu viel. Wenn ich ihn nicht sah, vermisste ich ihn. Ich wusste überhaupt nichts mehr.
    Die Entscheidung, wie es weitergehen würde, wurde mir abgenommen. An einem Abend hatten wir ungeschützten Sex, ich wurde schwanger und verlor damit meinen Job im Labor. Als werdende Mutter darf man dort nicht arbeiten. War das so vorbestimmt? Ich redete mir ein, dass nichts ohne Grund geschieht. Die Schwangerschaft war die Antwort auf die Frage, ob ich mich scheiden lassen sollte. Ich zog mit Raphael zurück zu Wolfgang. In der achten Woche erlitt ich eine Fehlgeburt, die uns sehr mitnahm.
    In unserer Vorfreude hatten wir nur allzu bereitwillig die Uhren auf Anfang gestellt, immer wieder darüber geredet, dass wir uns seit jeher ein zweites Kind gewünscht hatten. Diesen Wunsch hatten wir zurückgestellt, nachdem Raphael die Diagnose ADHS bekommen hatte. Er brauchte all unsere Aufmerksamkeit, ein weiteres Kind hatte warten müssen.
    War nun die Zeit dafür gekommen? Ich wusste es nicht. Begingen wir einen Fehler, den so viele Ehepaare machten? Die Beziehung kitten durch ein Kind? Eine Sache, die meistens schief geht. Aber wir schoben die Bedenken beiseite und waren selig, als ich kurz darauf erneut schwanger wurde. Die ersten Monate verliefen gut, gesundheitlich war ich in allerbester Verfassung. Auf dem Ultraschallbild war zu sehen, dass wir ein Mädchen bekommen sollten. Wir konnten unser Glück kaum fassen. Ich schonte mich, aß fleißig, nahm zu, legte nachts die Hände auf meinen dicker werdenden Bauch und sprach mit meiner Tochter.
    In einer Nacht im August 2005 wurde ich von starken Schmerzen geweckt. Waren das schon die Wehen? Das konnte eigentlich nicht sein. Gegen drei Uhr packte mich Wolfgang ins Auto und fuhr mit mir in die Klinik. Es dauerte eine ganze Weile, bis die diensthabende Ärztin auftauchte. Sie wirkte etwas genervt von unserer Anwesenheit. Ich erzählte ihr, dass ich Wehen bekommen habe, und legte ihr meinen Mutterpass vor. Sie untersuchte mich kurz, tastete mich ab und sagte dann lapidar: »Sie haben sicher nur etwas gegessen, das Ihnen nicht bekommen ist. Für Wehen ist es viel zu früh.« Ich warf zaghaft ein, dass ich wisse, wie sich Wehen anfühlten, es sei nicht mein erstes Kind. Aber sie ließ sich nicht beirren, gab mir ein Mittel gegen Blähungen und setzte uns vor die Tür. Sie sehe keine Veranlassung, mich stationär aufzunehmen.
    Wolfgang und ich fuhren nach Hause, ratlos und etwas verwirrt. Gegen Morgen ließen die Schmerzen nach, ich schlief ein, am nächsten Morgen schien alles normal.
    Tags darauf hatte ich geplant, eine Freundin zu besuchen, die Geburtstag hatte. Es ging mir nicht schlecht, also
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