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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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ansehe, mit Besitztümern und fetten Einkommen ausstaffiert, frage ich mich schon, ob dieser Jesus nun ein mittelloser Schreiner oder ein römischer König gewesen ist.«
    »Sie reden Unsinn! Eine Schar von damals zwölf Aposteln ist etwas anderes, als heute über eine Milliarde Katholiken zu führen. Die Menschen suchen den Glanz, das Heil, das ihnen bereits hier auf Erden augenscheinlich sein muss. Eine Kirche ohne das für alle sichtbare Versprechen auf Erlösung hat keine Chance. Schauen Sie dazu ruhig mal zu den Moslems oder Hindus. Da sehen Sie Tempel, da passen unsere Kirchen zweimal rein.«
    »Sie befinden sich im Wettstreit. Habe ich nicht Recht? Es geht Ihnen gar nicht so sehr darum, die Botschaft des Evangeliums unter die Leute zu bringen, als die Nummer eins zu bleiben.«
    »Was ist dagegen einzuwenden, wenn mir meine Religion als die einzig wahre erscheint? Nur in Jesus Christus erlangen wir die Erlösung. Und seine Kirche ist die des Petrus. Amen.«
    Ich gab es auf, und wir verließen die Wohnung.
    »Ihre Seele wird in der Hölle schmoren«, sagte ich.
    »Wieso?«, fragte sie.
    »Weil Sie wider besseren Wissens am Unrecht festhalten.«
    Sie grinste selbstzufrieden. »Eine Hölle gibt es nur außerhalb der Kirche. Das ist sicher, das ist Gesetz.«
    Die Worte »Ehre, Freiheit, Vaterland« umschlossen das Schild über der Tür, das in seiner Mitte ein verschnörkelt geschwungenes »F« und ein Ausrufezeichen führte.
    Das Verbindungshaus klebte wie eine Schnecke am Berg und gestattete seinen studentischen Bewohnern einen exklusiven Blick auf die Stadt zu ihren Füßen. Wie in allen anderen Häusern zuvor hörte ich auf die Frage nach Mayfarth und einem verschwundenen Schwert immer den gleichen Sermon: Ja, Mayfarth sei ihnen bekannt. Er wäre öfter Gast bei Feierlichkeiten in ihrem Hause. Aber nein, alle Schläger, wie sie die zweifellos mordtauglichen Instrumente nannten, seien in der Waffenkammer weggesperrt. Niemals würde ein Schläger unbeaufsichtigt entnommen werden können, da der jeweils Verantwortliche, der so genannte Waffenfux, den Schlüssel zur Waffenkammer der ehrenwerten Gemeinschaft zu hüten hatte. Auch würde niemand einen Schläger über Nacht »einfach so mitnehmen« können, da man ja um die Gefährlichkeit jener Waffen wusste.
    Diese Spurensuche brachte also nichts, und ich beschloss, sie mit diesem letzten Besuch eines Verbindungshauses einzustellen.
    »Sie wünschen?«, fragte die Gestalt, die uns die Tür öffnete. Der vermutlich junge Mann war mit Verbänden am Kopf einer Mumie gleich eingewickelt. An den wulstigen Lippen klebte vertrocknetes Blut und ein sprießender Haarschopf krönte seinHaupt, ähnlich dem Grün einer Ananas.
    »Was ist denn mit Ihnen passiert?«, fragte ich, ohne mich vorzustellen, so sehr hatte mich sein Anblick erschreckt.
    »Die letzte Partie lief nicht so gut für mich. Irgendwie hatte ich meinen Kopf woanders.«
    »Oder auch nicht«, sagte Yasmina, die eine gewisse Schadenfreude nicht verbergen konnte und sich ein Grinsen nur mühsam verkniff.
    »Haha, selten so gelacht. Also, was wollen Sie?«
    »Ich bin Kommissar Kilian«, log ich. »Das hier ist meine Kollegin. Wir sind auf der Suche nach einem Schwert, mit dem vorgestern ein Mann getötet wurde.«
    »Der Pfarrer aus Veitshöchheim? Ja, davon habe ich gehört. Schreckliche Sache.«
    »Wir führen eine Befragung unter allen schlagenden Verbindungen in der Stadt durch, ob ein Schläger, so nennen Sie doch Ihre Waffen, möglicherweise in den letzten Tagen abhanden gekommen ist. Können wir dazu Ihre Waffenkammer einsehen?«
    »Ja, klar. Wieso nicht. Wir haben nichts zu verbergen«, antwortete er spontan und bat uns herein. »Warten Sie hier einen Augenblick«, sagte er und verschwand hinter einer kunstvoll verzierten Holztür, die Einblick auf eine reich ausgestattete Bibliothek gestattete. Er nahm aus einer Schublade einen Schlüssel und kehrte zu uns zurück.
    »Kann jeder so einfach auf den Schlüssel zugreifen?«, fragte ich.
    »Grundsätzlich schon«, antwortete er und ging die Treppe hoch. »Kommen Sie.«
    »Ich dachte, der Waffenfux wäre als Einziger dazu berechtigt.«
    »Er ist für die Waffenkammer und die Instandhaltung der Schläger verantwortlich. Der Schlüssel ist frei verfügbar.«
    Im ersten Stock reihten sich Tür an Tür die Zimmer der Studenten, unterbrochen von Radierungen der glorreich und blutig umkämpften Jahre 1832 bis 1849. Hambacher Schloss, Sturm auf die Hauptund

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