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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Zeitschriften, Fernsehen und Werbung gerecht zu werden. Der arme Heinlein hatte all diese Wiedergeburten auszuhalten, obgleich er sich nur ein warmes, ruhiges Nest im Kreise seiner Ehefrau und Kinder wünschte. Abwechslung hatte er im Job genug.
    »Es gab natürlich auch Männer«, führte Yasmina fort, »die mit Frauen wenig am Hut hatten und überall nur die Sünde sahen. Dabei haben Frauen in der Christianisierung viel geleistet. Zum Beispiel wäre der heilige Bonifatius ohne Thekla oder Lioba bestimmt nicht so weit gekommen. Lioba leitete das Kloster in Tauberbischofsheim, und Thekla wurde bekannt als Äbtissin von Kitzingen und Ochsenfurt. Bonifaz schien es ihr damit zu danken, dass er verfügte, dass ihre Gebeine nach dem Tod zu den seinen gelegt werden sollten, damit sie zusammen den Tag der Auferstehung erwarten konnten.«
    »Das ist wahre Liebe«, entfuhr es Heinlein.
    »Schorsch!«, rief ich. »Deine Bigotterie stinkt bis hier hoch.«
    »Nehmen Sie sich besser ein Beispiel an Ihrem Kollegen, Herr Kilian, anstatt ihn zu beleidigen«, maßregelte mich Yasmina über den Altar und die Kirchenbänke hinweg.
    »Ich wünschte, bei der Kriminalpolizei gäbe es mehr von seinem Schlag.«
    »Stimmt, dann könnten wir endlich in euren Kutten Dienst schieben und ganz offiziell Spenden annehmen.«
    Ich verabschiedete mich aus diesem Streit und zwängte mich hinter die Orgelpfeifen. Das wäre ein wunderbares Versteck für den Zylinder gewesen, zumal er sich in Form, Material und Farbe kaum von seiner vieltönigen Umwelt unterschieden hätte. Doch außer Spinnweben und Staub war da nichts zu entdecken. Kaum hatte ich meinen Rückzug angetreten, durchfuhren mich die Hörner und Posaunen von Jericho. Ich hielt mir die Ohren zu und brüllte gegen den Lärm an, der über mich hereingebrochen war. Ich musste Gehör gefunden haben, da die Musik abrupt abbrach. Dafür fluchte jetzt eine mir unbekannte Stimme, und jemand packte mich bei den Schultern und zog mich aus der Falle heraus.
    »Was machen Sie hinter meiner Orgel?!«, fragte ein junger Mann.
    Ich konnte nur Bruchstücke davon verstehen, was er mir zu sagen versuchte. »Verdammter Idiot!«, brüllte ich ihn stattdessen an, während ich meine Ohrmuschel massierte.
    »Sind Sie völlig verrückt geworden?!«
    Den Klang meiner eigenen Stimme vernahm ich jedoch nur sphärisch und verzerrt. Heinlein und Yasmina tauchten auf der Empore auf und redeten auf den Mann ein, der alsbald nickte und sich bei mir entschuldigte.
    »Geht’s wieder?«, fragte er mich besorgt.
    »Was machen Sie hier oben?«, antwortete ich ihm.
    »Ich bin der Organist dieser Gemeinde, und nachdem die Kirche durch die Polizei erst heute wieder freigegeben worden ist, wollte ich für das Begräbnis von Pater Nikola üben.«
    Pater Nikola, fiel es mir wieder ein. Die Leiche war inzwischen von Pia zur Bestattung freigegeben worden und würde nun unter Anteilnahme der ganzen Gemeinde zu Grabe getragen werden. Es stand mir noch einiges bevor, würde ich meine Mutter an diesem Tage hierher begleiten müssen.
    »Wann ist das Begräbnis?«, fragte ich.
    »Morgen um 14 Uhr«, antwortete er. »Es ist höchste Zeit, dass ich die Stücke, die ich morgen vortragen soll, einstudiere.«
    »Dann lassen Sie sich durch uns nicht länger aufhalten«, bestimmte Heinlein. »Wenn es Sie nicht stört, werden wir unten im Kirchenschiff weitermachen.«
    »Überhaupt nicht«, erwiderte er und setzte sich an die Orgel. Wir verließen die Empore und begaben uns in Begleitung der Toccata von Bach hinunter ins Schiff. Ein Schwall von einnehmend schöner, barocker Kirchenmusik erfüllte den Raum, und ich konnte mir gut vorstellen, wie Nikola diese Musik in seiner Kirche genossen hätte, wäre sie nicht zu seinem eigenen Begräbnis gespielt worden. Doch der Orgelspieler hatte noch einen weiten Weg vor sich. Zwischen die fliegenden hohen Töne drängte sich ein missgestimmter Bass, der alles andere als vom Meister selbst komponiert zu sein schien.
    »Ich glaube, die Sache ist sinnlos«, sagte ich zu Yasmina.
    »Wir sollten unsere Zeit nicht auf etwas verschwenden, das keine Ergebnisse bringt. Wenn Nikola den Zylinder versteckt hat, dann bestimmt nicht hier. Zudem, wer sagt uns, dass der Mörder …«
    Ein überraschend lauter Protest von oben schnitt mir das Wort ab. Der junge Mann hatte offensichtlich ein Einsehen und brach ab. Er malträtierte die Basspfeifen in absteigender Folge, und bis auf eine klangen alle richtig gestimmt.
    »Keine

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