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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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du eines Tages erkennen müssen, dass du dich zwar schadlos gehalten hast, aber du wirst auch merken, dass du einsam bist. Ganz allein für dich, wie du es ja willst. Du wirst jeden noch so guten Freund vergrault haben, weil es nämlich niemand auf Dauer mit dir und deiner verdammten Egomanie aushält … Meine Fresse, wieso bin ich dumme Henne nur nicht früher darauf gekommen. Ich könnt mich ohrfeigen.«
    »Und das ist dir alles in den letzten Tagen klar geworden.«
    »Ich hatte genug Zeit, um nachzudenken.«
    »Liegt es nicht eher daran, dass du schlicht eifersüchtig bist? Dass es einfach nicht in dein ach so intellektuelles Selbstverständnis passt, eine andere Frau an meiner Seite zu sehen? Das würde auch bedeuten, dass du einsehen müsstest, dass du’s nicht gebracht hast.«
    »Ich nicht gebracht? Vergiss es! Deine blonde Tussi von gestern kannst du ruhig weiter beglücken. Meinen Segen hast du. Wenn sie nur einen Funken Verstand hat, wird sie sehr schnell sehen, was auch ich erkennen musste.«
    »Und das wäre?«
    »Dass du ein hoffnungsloser und selbstverliebter Idiot bist.«
    »Danke.«
    »Bitte!«, schrie sie mich an.
    So weit war es also gekommen. Wir waren bereit für den nächsten Schlag, der den anderen nicht nur verletzen, sondern einen selbst von einer quälenden Last befreien sollte. Eigentlich war ich gekommen, um mich zu bedanken, stattdessen erhielt ich ungebeten eine Gratis-Psychoanalyse und ein paar Beschimpfungen obendrein.
    Trotz allem, wenn Pia wütend war und in Fahrt geriet, förderte sie eine Leidenschaft zutage, die mich ein ums andere Mal faszinierte. Das war sie, meine Pia, wie ich sie kennen und, ja, vielleicht auch lieben gelernt hatte. Ohne Umwege und emotional. Kein Vergleich zum Sauertopf Yasmina.
    »Gut«, sagte ich, »da wir uns jetzt endlich mal ausgesprochen haben, möchte ich mich nochmal bei dir be …« Klatsch. Und schon hatte ich eine sitzen.
    »Du verdammtes Arschloch, kannst du nicht einmal ein ehrliches Gefühl zeigen?!«, schrie sie mich an.
    »Jetzt drehst du langsam durch, oder?!«, schrie ich. »Was um Himmels willen habe ich nun schon wieder verbrochen?«
    »Du sollst dich nicht ständig für irgendeinen Mist bei mir bedanken. Das ist selbstverständlich, wenn man jemanden liebt. Geht das nicht in deinen Schädel hinein?«
    So lief also der Hase. Von »Liebe« sprach sie. Ich war mir unschlüssig, ob ich sie teilte. Was ich aber sicher wusste, war der Umstand, dass mich diese Frau immer wieder begeistern konnte, wenn sie mit aller Macht aus sich herausging. Diese Leidenschaft fehlte mir offensichtlich. Dagegen musste ich etwas unternehmen.
    Ich nahm sie in die Arme und küsste sie. Und sie mich.
    Karl, dem zweiten Obduzenten, war es zu verdanken, dass es dabei blieb. Unvermittelt stand er in voller Montur in der Tür.
    »Muss Liebe schön sein«, schmunzelte er. »Ich erneuere meine Anwärterschaft auf den Trauzeugen. Doch zuvor möchte ich gnä’ Frau in den weißen Salon bitten. Gast Nummer eins, ein ziemlich aufgeblasener und übel riechender Kerl aus dem Main, erwartet eine vollständige Aufklärung seines abrupten Ablebens. Gast Nummer zwei ist soeben aus Tauberbischofsheim eingetroffen. Leider muss ich Madame mitteilen, dass auch er sich vorzeitig in den Todesstand verabschiedet hat. Er starb offensichtlich an einem gebrochenen Herzen. Zu schade, dass ich nicht fechten gelernt habe.«
    »Fechten?«, fragte ich. »Was soll das heißen?«
    »War nur ein Witz. Das Opfer hat mehrere Stichwunden. Wahrscheinlich von einem eifersüchtigen Rivalen.«
    »Ich komm schon«, sagte Pia und befreite sich aus meiner Umarmung. Sie streifte sich eine grüne Gummischürze um und folgte Karl in den Obduktionsraum. In der Tür angekommen, drehte sie sich nochmals um und lächelte mir zu, bevor sie an ihre Arbeit ging.
    »Sag mal«, rief ich ihr zu, »wie hast du das eigentlich geschafft, das mit Oberhammer?«
    »Was meinst du?«
    »Ich meine deine Verbindungen ins Ministerium.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Na, dass Oberhammer klein beigeben musste.«
    »Schatz, ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
    Heinlein war mir seit Verlassen von Oberhammers Büro nicht mehr von der Seite gewichen. Nur bei Pia hatte er eine Ausnahme gemacht und am Eingang auf mich gewartet. Als ich zum Wagen zurückkehrte, sah ich ihn am Kotflügel lehnen und seltsam geistesabwesend und ziellos die Straße entlangblicken. Die Sonne stach vom Himmel auf seine Vaterstirn, und ein sanfter Wind

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