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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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bereiten.«
    »Sie haben mir gerade noch gefehlt«, murrte ich zornig.
    »Ist es an der Zeit für die letzte Ölung?«
    »Glauben Sie mir, Kilian, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie Leid mir das alles tut.«
    »Sparen Sie sich die Heuchelei.«
    Ich stand auf, pochte gegen die Zellentür und rief nach dem Wachmann. Die Durchreiche öffnete sich.
    »Nehmen Sie den Mann hier fest«, befahl ich. »Nein, rufen Sie Heinlein an. Er soll hierher kommen. Sofort. Vorher öffnen Sie die Tür auf gar keinen Fall.«
    Der Wachmann grinste. Dann wandte er sich an Mayfarth. »Ist alles okay, Herr Dr. Mayfarth? Macht der Häftling Schwierigkeiten?«
    Mayfarth war ruhig, hatte die Beine übereinander geschlagen und antwortete im Selbstverständnis der absoluten Pastoralmacht. »Keine Sorge, Herr Kilian ist nur noch etwas verstört. Gleich vorbei.«
    Ich ging dazwischen. »Ein Scheiß ist gleich vorbei, verdammt. Holen Sie Heinlein, schnell.«
    Noch bevor der Wachmann sich äußerte, sah ich Mayfarth, wie er ihm beruhigend bedeutete, er müsse sich wegen mir keine Sorgen machen. Er habe alles im Griff.
    »Wenn er Probleme macht, dann rufen Sie, ich warte vor der Tür. Sicherheitshalber«, sagte der Wachmann und schloss den Deckel.
    Ich konnte es nicht glauben. Der Pfaffe hatte hier das Sagen. Nicht ich, ein Bulle, ein ehemaliger. Heinlein hatte Recht. Wofür wir Jahre gebraucht hätten, erledigte dieser Typ mit einem einzigen Fingerzeig. Die Macht in dieser Stadt war eindeutig festgelegt, und sie war nicht auf unserer Seite.
    »Nun setzen Sie sich wieder«, sagte er, »wir haben nicht viel Zeit.«
    Ich setzte mich notgedrungen. »Reden Sie, was führt meinen Henker hierher?«
    »Keiner von uns beiden wird zu Schaden kommen, das kann ich Ihnen versichern«, begann er. »Weder Sie noch ich haben mit dem Mord an Pater Nikola etwas zu tun.«
    Ich lachte auf.
    »Ja, es stimmt, dass ich in der betreffenden Nacht dort war«, fuhr er fort, »aber ich habe ihn nicht getötet. Nachdem Sie uns verlassen hatten, schlich jemand um das Haus. Er suchte ein offenes Fenster oder eine unverschlossene Tür. Wir wussten, was er suchte und was er bereit war, dafür zu tun. Wir löschten das Licht. Nikola verbarg den Papyrus im Zylinder. Ich befahl ihm, sich und das Schriftstück in Sicherheit zu bringen, während ich mich dem Einbrecher stellen wollte. Nikola verschwand durch den Keller nach draußen. Ich nahm ein Küchenmesser zur Hand, wartete, aber niemand kam. Nach ein paar Minuten ging ich vor die Tür. Alles war ruhig. Nirgends eine Spur. Ich geriet in Panik, da ich spürte, dass ich zu lange gewartet hatte. Er hatte Nikola verfolgt. Verdammt, wie konnte ich nur so dumm sein, ihn unbewaffnet gehen zu lassen …«
    Mayfarth hielt ein, verbarg sein Gesicht hinter den Händen und massierte seine Stirn.
    »Und dann?«, fragte ich.
    »Ich lief los. Rief nach ihm, suchte ihn, überall … Die Nacht war bleiern still, schluckte alles in sich hinein. Ich wollte bereits zum Pfarrhaus zurückgehen, um zu sehen, ob Nikola wieder eingetroffen war, als ich doch noch etwas vernahm. Ich stand vor St. Vitus. Hinter der Mauer zum Rokokogarten tat sich etwas. Ich hörte Nikola, wie er auf Befehl etwas rezitieren musste. Es war das Glaubensbekenntnis. ›Ich glaube an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, der alles geschaffen hat, Himmel und Erde, die sichtbare und unsichtbare Welt …‹
    Die andere Stimme kannte ich nicht. Sie klang hell, besaß aber diesen kommandierenden Unterton, befehlend, wie ich ihn bei bestimmten Orden kennen gelernt habe, die … sagen wir, mittelalterliche Exerzitien durchführen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Geißelungen, Selbstanklagen … so was in der Art.«
    Der Gedanke gefiel mir. Mönche üben Selbstkritik. »Könnte das auf einen bestimmten Orden zutreffen?«
    »Schwierig zu sagen. Ich habe nicht alles gehört, sondern nur Wortfetzen. Seltsam war, dass das Glaubensbekenntnis, das Nikola gesprochen hat, nicht das in der katholischen Kirche heute allgemein übliche war.«
    »Sondern?«
    »Es war das alte von Nizäa-Konstantinopel. Auf dieses Konzil ist die Kirchentrennung zwischen Ost und West zurückzuführen. An dem lateinischen filioque, dass der Heilige Geist nicht nur aus dem ›Vater‹, sondern auch ›aus dem Sohn‹, also aus Jesus Christus, hervorgeht, hat sich die damalige Kirchengemeinde gestoßen, wie an der darauf folgenden Zeile: ›Ich glaube an die heilige, katholische Kirche.‹ Der Begriff

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