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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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kümmerlichen Grasflecken hinter dem Dorf.
    Die Bewohner sahen nicht besonders anziehend aus. Erwachsene
wie Kinder hatten langes verfilztes, schmutziges Haar, und den
Männern hingen ungepflegte Bärte vom Kinn. Ihre
Hauptnahrungsquelle war offenbar Fisch, den sie fingen, indem sie
ins Wasser wateten und Netze aus Palmfasern auslegten. In
primitiven Kleidungsstücken, die, wie es schien, aus der
bearbeiteten Haut von Fischen oder sogar Walen bestanden, gingen
sie ihren Tätigkeiten nach.
    »Es sind zweifellos Menschenwesen«, erklärte
Ruddy. »Jedoch aus der Steinzeit.«
    »Aber sie könnten auch aus einer Zeit
stammen«, warf de Morgan ein, »die nicht weit vor
dieser liegt – ich meine damit Alexanders Zeit. Einer der
Mazedonier sagt, er hätte schon zuvor Menschen wie diese zu
Gesicht bekommen. ›Fischfresser‹ nennt er
sie.«
    Abdikadir nickte. »Wir vergessen gerne, wie leer
Alexanders Welt war. Zweitausend Kilometer entfernt haben wir das
Griechenland des Aristoteles – doch hier haben wir
neusteinzeitliche Menschen, die so leben wie wahrscheinlich immer
schon seit dem Ende der letzten Eiszeit.«
    »Dann erscheint diese neue Welt den Mazedoniern
vielleicht nicht gar so fremdartig wie uns«, sagte
Bisesa.
    Die Mazedonier machten kurzen Prozess mit den Fischfressern,
indem sie sie mit einem Pfeilhagel vertrieben. Dann marschierte
der Voraustrupp in das menschenleere Dorf ein. Der Fischgestank
war überwältigend.
    Bisesa sah sich interessiert um. Sie fand eine Art Messer auf
dem Boden – aus einem Knochen gemacht, wie es schien,
vielleicht aus dem Schulterblatt eines Wales oder Delfins. Es war
mit hübschen Schnitzereien verziert, und Delfine tanzten
über seine Klinge.
    Josh inspizierte die Hütten. »Seht euch das an! Die
Hütten bestehen aus nichts als Häuten, die über
ein Gerippe aus Walknochen oder, wie hier, Wände aus
aufgeschichteten Muschelschalen gespannt sind! Fast alles, was
sie haben, stammt aus dem Meer, selbst ihre Kleider und Werkzeuge
und sogar die Hütten – beeindruckend!«
    Als Musterbeispiel lebendiger Archäologie, fand Bisesa,
war dies hier ein unvorstellbar ergiebiger Ort, und ungeachtet
der Proteste des Telefons nahm sie so viele Fotos davon auf wie
möglich. Aber das Bewusstsein, wie viel von der
Vergangenheit verloren war und für alle Zeit unbekannt
bleiben musste, deprimierte sie; diese Scherbe einer spurlos
verschwundenen Lebensweise, herausgerissen aus ihren
Zusammenhängen, war nur ein weiteres Blatt aus einem Buch
ohne Titel, gerettet aus einer versunkenen Bibliothek.
    Aber die Soldaten waren hier auf der Suche nach Proviant und
nicht nach archäologischen Erkenntnissen. Doch davon fanden
sie nicht viel vor: Ein Vorratsbehälter mit Fischmehl wurde
ausgegraben und weggebracht; die wenigen jämmerlichen Schafe
waren bald eingefangen und geschlachtet, doch selbst ihr Fleisch
sollte scheußlich nach Fisch und Salz schmecken.
    Bisesa war entsetzt über diese beiläufige
Vernichtung eines ganzen Dorfes, aber es gab nichts, was sie
dagegen hätte tun können.
    Ein einzelnes Auge schwebte über dem Dorf der
Fischfresser; genau so, wie es das Kommen der Mazedonier
beobachtet hatte, sah es nun zu, wie sie es verließen: ohne
die geringste Reaktion.
     
    Nicht weit vom Dorf, an einem Bach, verbrachten sie die Nacht.
Mit gewohnter Zügigkeit schlugen die Mazedonier das Lager
auf und spannten einige ihrer Lederzelte über Stangen aus,
um einen besseren Regenschutz zu gewährleisten. Die
britischen Soldaten halfen ihnen bei der Arbeit.
    Bisesa sagte sich, dass es höchste Zeit für etwas
Körperpflege war; die entsprechenden Einrichtungen auf
Alexanders Schiffen waren nicht unbedingt auf dem letzten Stand.
Die Erleichterung, die es bedeutete, endlich aus den Stiefeln zu
kommen, war enorm, und sie fing umgehend mit der Behandlung ihrer
Füße an. Die Socken waren steif von Staub und
Schweiß, und die Zwischenräume zwischen den Zehen
waren verklebt vom Schmutz und von etwas, das aussah wie die
Anfänge von Fußpilz. Dennoch ging Bisesa sparsam mit
dem um, was von ihren Medikamenten übrig war;
schließlich handelte es sich nur um einen kleinen
Notfallkoffer. Ungeachtet dessen fuhr sie fort, im Feld die
Tabletten zur Wasserreinigung zu verwenden.
    Sie schlüpfte aus den Kleidern und streckte sich im
kalten Wasser des Baches aus. Die Aufmerksamkeit, die ihr dadurch
seitens ihrer männlichen Gefährten zuteil wurde,

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