Die Zeit-Odyssee
erledigen, als
sie zusammenarbeiteten, um die noch aktiven Systeme des
Raumschiffs stillzulegen. Kolja schaltete den Ventilator aus,
nahm den Helm ab und zog die Handschuhe aus. Einige Minuten vor
der Landung hatte sich bereits ein Ventil geöffnet, durch
das Luft von draußen hereinströmte, und Kolja konnte
endlich etwas einatmen, das frei von dem Staub war, der die Sojus
heimgesucht hatte.
Musa grinste Kolja an. »Ich rieche polin!«
»Ja, richtig!« Es war ein süßer,
rauchiger Duft. Polin, eine Art Wermut, wuchs überall
in der Steppe. Der vertraute Geruch schien Kolja neue Kraft zu
verleihen. »Vielleicht ist deine Mir gar nicht so
fremdartig wie gedacht!«
Musa brummte. »Es gibt nur einen Weg, das
rauszufinden.« Er drückte auf einen Knopf, und
Verriegelungen klickten. Die Luke über ihrem Kopf sprang
auf, und Koljas erster Blick fiel auf ein kreisrundes Stück
dichtbewölkten grauen Himmel. Ein weiterer Schwall frische
Luft rauschte in die Kapsel.
Musa öffnete seine Gurte und stemmte sich vom Sitz hoch.
»Jetzt kommt der Moment, den ich am meisten
fürchte.« In Anbetracht seiner Position in der Mitte
war er der Erste, der sich bewegen musste. Langsam, wie ein alter
Mann, kämpfte er sich hoch und kam auf die Füße.
Normalerweise hätten an dieser Stelle Rettungsmannschaften
und Sanitäter bereit gestanden, um die Besatzung aus der
Kapsel zu holen wie Porzellanpuppen aus einem Karton; heute
hingegen wartete niemand darauf, ihnen beizustehen.
Kolja und Sable beugten sich zu Musa, um ihm Hinterteil und
Beine hochzuschieben, aber Kolja fühlte sich selbst so
schwach wie ein neugeborenes Kätzchen. Musa sagte:
»Dieser verdammte Anzug ist so steif, der arbeitet gegen
mich!«
Schließlich stand er aufrecht und steckte den Kopf aus
der Luke. Kolja sah, wie er ins Licht blinzelte und sein dichter
Haarschopf im Wind flatterte. Dann wurden seine Augen immer
größer. Er schob die Hände hinaus auf die
Hülle der Kapsel – sie war immer noch heiß vom
Wiedereintritt in die Atmosphäre, und er musste vorsichtig
sein – und stemmte sich mit geradezu übermenschlicher
Anstrengung hoch, bis er auf dem Lukenrand zu sitzen kam.
»Jetzt ich«, sagte Sable. Auch sie war sichtlich
geschwächt, aber verglichen mit Musa schien sie agil und
ungeduldig. Sie kletterte aus ihrem Sitz hoch und erlaubte Musa,
ihr beim Hochziehen zu helfen, bis sie neben ihm zu sitzen kam.
»Du meine Güte«, sagte sie.
Kolja, allein in der Kapsel zurückgeblieben, konnte
außer ihren herabhängenden Beinen nichts sehen.
»Was ist los? Was ist da draußen?«
Musa sagte zu Sable: »Hilf mir.« Er hob die Beine
aus der Luke, drehte sich schwerfällig auf den Bauch und
hielt Sable die Hände entgegen. Sie packte sie, und Musa
glitt an der Kapsel entlang hinab und aus Koljas
Gesichtsfeld.
Sable sah hinab auf Kolja und grinste. »Komm, sieh dir
diese Schau an!«
Als er sich auf die Füße zwang, hatte er den
Eindruck, alles Blut würde ihm aus dem Kopf fließen.
Er blieb ruhig stehen, bis das Gefühl, kurz vor der
Bewusstlosigkeit zu stehen, ein wenig nachließ. Dann
streckte er die Arme aus und ließ sich von Sable dabei
helfen, nach oben zu kommen, bis er neben ihr auf dem Rand der
Luke saß.
Die Landekapsel hockte wie eine metallene Käseglocke im
Gras, und Kolja befand sich etwa zwei Meter über dem Boden.
Von dieser Höhe aus überblickte er eine flache Steppe,
die sich weit unter einer dicken Wolkendecke bis zum Horizont
erstreckte. Die Landung hatte ihre Spuren hinterlassen: Eine
Reihe unregelmäßiger Furchen und Krater führte
zur endgültigen Position der Sojus, und ein Stück
weiter entfernt lag der abgeworfene Hauptfallschirm auf dem Boden
und wölbte sich verloren im Wind, sein helles Orange ein
greller Farbfleck auf dem Grün-Braun, das ihn umgab.
Direkt vor Koljas Augen befand sich eine Art Dorf –
nicht mehr als eine Ansammlung schmieriger, kuppelförmiger
Zelte.
Davor standen Menschen – Männer, Frauen und Kinder
–, dick eingehüllt in Pelze, und starrten mit offenem
Mund herüber. Auf der anderen Seite der Siedlung waren
Pferde angepflockt, fraßen Gras und ließen sich nicht
dabei stören.
Ein Mann aus dem Zeltdorf kam auf die drei Kosmonauten zu; er
hatte ein breites Gesicht und kleine schwarze Augen, die eng
beieinander lagen. Er trug einen schweren, bodenlangen Mantel und
einen konischen Hut, beides aus Tierfell. In den Händen
hielt er ein
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