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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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mächtiges Schwert aus gehämmertem
Eisen.
    »Ein Mongolenkrieger«, flüsterte Sable.
    Kolja warf ihr einen Seitenblick zu. »Du hast das
erwartet, stimmt’s?«
    »Ich hielt es für ziemlich wahrscheinlich, nach
allem, was wir vom Orbit aus sahen…«
    Die Brise drehte sich, und der Gestank von verbranntem
Fleisch, ungewaschener Haut und Pferdeschweiß überfiel
Kolja, und mit einem Mal war ihm, als hätte man ihm einen
Schleier vom Gesicht gerissen und ihn plötzlich mit der
Realität konfrontiert: Dies war wirklich die Vergangenheit
– ein Teil davon –, und er war darin gestrandet.
    Musa schaffte es, auf eigenen Beinen zu stehen, und
stützte sich nur mit einer Hand auf die
Außenhülle der Raumkapsel. »Wir sind aus dem
Weltall herabgefallen«, sagte er lächelnd zu dem Mann
mit dem Schwert. »Ist das nicht etwas ganz Wunderbares?
Bitte…« Er streckte ihm die geöffnete Hand
entgegen. »Könnt ihr uns helfen?«
    Der Krieger reagierte so blitzschnell, dass Kolja der Bewegung
kaum folgen konnte. Das Schwert blitzte durch die Luft,
verschwamm vor den Augen wie die Rotorblätter eines
Hubschraubers, und Musas Kopf flog davon und rollte über die
Erde wie ein Fußball – so mühelos abgeschnitten
wie die Blüte eines Gänseblümchens. Musas
Körper stand immer noch aufrecht und mit ausgestrecktem Arm
da, als das Blut in einer Fontäne aus dem Stumpf schoss, wo
einst der Hals gesessen hatte, und über das abgeschabte
Orange seines Raumanzuges floss. Und erst dann fiel der
Körper um, steif wie ein Stock.
    Kolja starrte hinab auf Musas abgetrennten Kopf, unfähig
zu begreifen, was er gerade miterlebt hatte.
    Der Krieger hob erneut das Schwert. Aber mit seiner freien
Hand bedeutete er den beiden Kosmonauten, von der Kapsel
herabzukommen.
    »Willkommen auf Mir!«, murmelte Sable. Entsetzt
glaubte Kolja, so etwas wie einen triumphalen Unterton aus ihrer
Stimme herauszuhören.

 
{ 17 }
EIN HEFTIGER REGEN
     
     
    Dem Klammerchen machte die Gefangenschaft nichts aus. Die
Tochter der Sucherin war noch sehr jung, und so vergaß sie
bald, dass es einst ein anderes Leben gegeben hatte. Sie lief auf
dem Boden des Käfigs herum oder kletterte am Netz hoch.
Manchmal schaukelte sie auch an dem glänzenden Ding, das
alles hochhielt, oder inspizierte ihre eigenen Ohren und
Nasenlöcher mit rücksichtsloser Gründlichkeit.
    Doch mit jedem Tag, der verging, schienen die Männer
draußen unruhiger und aufgeregter zu werden, obwohl sie nie
vergaßen, den Affenmenschen ihr Essen und Wasser zu
bringen. Das Klammerchen lief dann an den Netzwänden hoch
und versuchte, nach den Männern zu langen, die es mit
Leckerbissen belohnten.
    Die Sucherin hingegen zog sich immer mehr in sich zurück;
sie hasste dieses Gefängnis und die sonderbaren Wesen, die
sie darin eingeschlossen hatten. Niemand beschäftigte sich
mit ihr oder gab ihr Extrastückchen Obst; die dumpfe
Feindseligkeit der Sucherin hatte eben nichts Niedliches an
sich.
    Das wurde noch schlimmer, als der Regen begann.
    Der Regen war manchmal so stark, dass die schweren Tropfen wie
hunderte kleine Fäuste gegen die Haut der Affenmenschen
trommelten. Immerzu waren sie nass und froren, und selbst der
lebhaften Neugier des Klammerchens war ein Dämpfer
aufgesetzt. Gelegentlich schmerzte es, wenn der Regen gegen die
nackte Haut peitschte – die Hände, die Füße
oder die Lippen. Und es stach schmerzhaft, wenn die Wassertropfen
in den Augen landeten.
    Der Regen war voll Säure – bedingt durch
Vorgänge, die eine halbe Welt entfernt stattfanden.
    Die neue Welt war aus Fragmenten der alten zusammengeflickt,
doch diese Fragmente stammten aus vielen verschiedenen Zeitaltern
der letzten zwei Millionen Jahre. Das Vermischen von Luftmassen
hatte das instabile Wetter zur Folge, von dem jene ersten Tage
nach der Diskontinuität heimgesucht wurden, und auch in den
Ozeanen suchten die unsichtbaren Amazonen, die auf den
großen Strömungen ritten, ein neues Gleichgewicht.
    Doch auch das Land darunter war auseinander gerissen worden.
Der Gürtel von Vulkangebirgen, der sich mitten im Atlantik
von Island nach Süden erstreckt und wo durch das
Nachströmen geschmolzenen Materials aus dem Innern des
Planeten immer neuer Meeresboden geboren wird – diese
kreißende Zone war von der Diskontinuität aufgerissen
worden. Der Golfstrom, der seit Jahrtausenden warmes Meerwasser
aus dem Süden nach Europa geliefert hatte, fand nun ein

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