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Die Zeit-Odyssee

Die Zeit-Odyssee

Titel: Die Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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schwärzten sich die Fenster, und das
Engelslicht erlosch, als ionisierte Luft die
Außenhülle der Kapsel versengte.
    Und immer noch wurden die drei Menschen in ihrem Innern
durchgerüttelt und geschüttelt und trotz der engen
Gurte von einer Seite zur anderen geworfen und aneinander
gepresst. Der Flug war jetzt noch unruhiger als damals beim
Start, und nach drei Monaten im Weltall fühlte sich Kolja
diesen Belastungen nur beschränkt gewachsen. Er empfand
sogar das Atmen als beschwerlich, und er wusste, er hätte
keinen Finger heben können, auch wenn es um Leben und Tod
gegangen wäre.
    Endlich wurde der Flug ruhiger. Plötzlich kam von
draußen ein weiterer harter Knall und erschreckte Kolja:
Ein Fensterschild war weggerissen worden. Doch er hatte auch den
Ruß mitgenommen, um ein Stück überraschend klaren
blauen Himmel zu enthüllen – nicht den Himmel der
Erde, sondern den Himmel einer neuen Welt, den Himmel von
Mir.
    Der erste Fallschirm öffnete sich – ein Anker, der
sich in die Luft krallte. Die Landekapsel schwang heftig hin und
her, zwei-, drei-, viermal, und dann riss der Hauptfallschirm an
der Kapsel und brachte sie erneut zum Torkeln. Draußen
konnte Kolja gerade noch den Rand des großen
hellorangefarbenen Baldachins, des Hauptschirms erkennen.
    Schwer zu glauben, dass seit dem Abwurf der anderen beiden
Teile der Sojus erst zehn Minuten vergangen waren – und
erst fünf seit dem Eintritt in die oberste Schicht der
Atmosphäre. Kolja spürte, wie die unsichtbaren Finger
der Schwerkraft an seinen inneren Organen zerrten; selbst der
Kopf wurde ihm schwer wie Beton, viel zu schwer für seinen
Hals. Aber er fühlte nur Erleichterung: Der
gefährlichste Teil des Abstiegs war bereits vorbei.
    Als die Landung unmittelbar bevorstand, war das Zischen
komprimierten Gases zu hören; Koljas Sitz hob sich ein
wenig, als sich die Basis mit Druckluft füllte, um als
Stoßdämpfer zu fungieren. Doch dadurch wurde Kolja
gegen das Instrumentenbrett gedrückt, was das
körperliche Unbehagen noch steigerte.
    »Verdammt«, knirschte Sable, die sich ähnlich
zusammengequetscht fühlte, »werde ich froh sein, aus
diesem Traktor rauszukommen!«
    »Bisher hat er dir gute Dienste geleistet«, sagte
Musa gleichmütig. »Nur noch ein paar
Minuten.«
    Aber Kolja genoss diese Minuten, so unbequem seine Position
auch war: Die letzten Minuten, in dem die automatischen Systeme
der Kapsel ihn beschützten – vielleicht die letzten
Minuten seines alten Lebens.
    »Warnlicht für Bodenannäherung!«, rief
Musa.
    Kolja wappnete sich gegen den Aufprall. Ein kurzes
Dröhnen, als die Raketen feuerten, nicht viel mehr als zwei
Meter über dem Boden. Und dann folgte ein Krachen, als sie
aufschlugen – und wieder hochhüpften. Nach einer
atemlosen Sekunde schlug die Kapsel erneut auf, gab ein
kratzendes Geräusch von sich und sprang, ihre Insassen
durchrüttelnd, wiederum in die Luft. Kolja wusste, was das
bedeutete: Die Sojus wurde vom Fallschirm über den Boden
gezogen.
    »Scheiße!«, schrie Sable. »Wir haben
Wind…!«
    »Wenn wir umkippen«, rief Musa, seine Stimme fast
übertönt von dem Knirschen und Kreischen draußen,
»könnten wir Probleme beim Ausstieg haben!«
    »Vielleicht hättest du früher daran denken
sollen!«, schrie Sable.
    Wieder ein Aufschlag, ein Scharren über den Untergrund,
ein Luftsprung. Die Polsterung des Raumanzuges schützte zwar
seinen Körper, aber Kolja spürte, wie sein Kopf gegen
die Innenseite des Helmes schlug und seine Stirn an das Visier
knallte. Doch die Besatzung der Kapsel konnte nichts tun,
außer den wilden Ritt geduldig ertragen und hoffen, dass
die Kapsel nicht in einer falschen Position zum Stillstand
kam.
    Doch plötzlich ein letzter Aufprall, und alles war ruhig
– die Kapsel stand aufrecht! Alle drei blieben einen
Augenblick lang reglos sitzen, bis Musa mit einem Knopfdruck den
Fallschirm von der Kapsel löste.
    Es war unerträglich heiß; Kolja spürte, wie
ihm der Schweiß über den Rücken lief und sich am
unteren Ende sammelte. Er streckte den Arm aus – der sich
unendlich schwer anfühlte – und suchte nach Musas
Hand. Einen Moment lang umfassten die beiden behandschuhten
Hände einander, als wollten die Männer sich ihrer
fortbestehenden Existenz versichern.
    »Alles in Ordnung«, keuchte Musa. »Wir sind
unten.«
    »Unten schon«, japste Sable. »Aber wo?«
     
    Selbst jetzt gab es noch Routinehandgriffe zu

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