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Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Titel: Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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tiefer in Agnes Rachen gezogen. Endlich schluckte sie krampfhaft, sie hustete und würgte, bekam das Tuch aber nicht aus dem Schlund. Der Bruder goss immer noch, und sie würgte erneut; jedes Schlucken zog das Tuch tiefer in ihre Kehle. Bald sah Geoffrey, dass sie drauf und dran war, in Panik zu geraten. Ihr übel zugerichteter Körper wehrte sich, überwältigt von der Furcht zu ertrinken, zu ersticken.
    Ferron beugte sich über sie. »Du brauchst mich nur anzusehen«, sagte er leise. »Schau mich nur an, dann sage ich ihnen, dass sie aufhören sollen.«
    Doch obwohl sie zuckte und zappelte und den Kopf gegen das Metallband schlug, hielt sie die Augen geschlossen.
Ferron gab den Brüdern mit einem Nicken zu verstehen, dass sie weitermachen sollten.
    Als die Brüder mehr Wasser in sie hineingossen, Eimer um Eimer, wurden immer größere Teile des Tuchs in ihre Kehle und ihren Bauch gezogen. Ihr Magen begann sich aufzublähen, eine groteske Schwellung unter ihren ausgezehrten Rippen.
    Geoffrey, der selbst Qualen litt, verstand die Logik. Als Mann Gottes durfte Ferron kein Blut vergießen. Und er durfte auch nicht zulassen, dass seine Opfer starben. Die keine Spuren hinterlassende Wassertortur war eine mit verblüffendem Einfallsreichtum ersonnene Methode, die dieser widersprüchlichen Logik perfekt gerecht wurde. Sie war sogar billig, denn das Tuch und der Metallrahmen konnten wiederverwendet werden.
    Eine volle Stunde, nachdem es begonnen hatte, wollte Agnes noch immer nicht reden. Also nickte Ferron den Brüdern zu, und sie hoben die Leiter mit dem daran festgebundenen, zerschundenen Körper des Mädchens hoch und drehten sie um, sodass ihre Füße nun höher lagen als der Kopf. Als ihr aufgeblähter Bauch auf ihr Herz und ihre Lungen drückte, stieß Agnes durch ihre verstopfte Kehle einen animalischen Schmerzens- und Entsetzensschrei aus.
    Geoffrey ertrug es nicht länger. Er stürzte sich auf Ferron. »Du Ungeheuer! Wie kannst du dir einbilden, dass dies den Zielen Jesu Christi dient? …« Aber ein Bruder packte ihn und hielt ihm die Arme fest.

XXII
    Am Morgen des Tages, an dem Agnes Wooler hingerichtet werden sollte, kam Geoffrey Cotesford früh zu der Verbrennungsstätte. Es war ein weiterer grimmiger Februartag.
    Acht Jahre nach dem ersten auto-da-fé kannte man den Verbrennungsplatz draußen vor den Mauern Sevillas unter dem Namen quemadero . Dort war eine Plattform mit dicken, starken und wieder verwendbaren Steinsäulen aufgebaut worden. An den vier Seiten der Plattform standen Statuen der Propheten, die streng auf jene blickten, die hierher gebracht wurden. An diesem Morgen hatte man um jede Säule Holz aufgeschichtet.
    Hier waren bereits Hunderte von Seelen in den Himmel oder die Hölle geschickt worden, wie der fettige Rauch, der von den verkohlenden Leibern ihrer Besitzer aufstieg.
    Im zunehmenden Tageslicht versammelten sich weitere Menschen – Männer, Frauen, sogar einige Kinder  –, um dem Schauspiel beizuwohnen. Damit hatte Geoffrey gerechnet. Aber unter diesen Zuschauern herrschte eine andere Stimmung, als er erwartet hatte. Sie wirkten benommen, beinahe betäubt. Vielleicht
hatte sich die Inquisition zu tief in die lebenswichtigen Teile der Nation gegraben. Man kam, um zuzuschauen, genoss es aber nicht, denn man konnte nicht sicher sein, dass man selbst dagegen gefeit war.
    Schließlich erreichte die Prozession den quemadero . In der Menge erhob sich ein Gemurmel, sie geriet in Bewegung, und einige bekreuzigten sich. Es waren vielleicht zwanzig Verurteilte, angeführt von Ferron und anderen Inquisitoren, flankiert von Soldaten der Heiligen Bruderschaft. Alle Verurteilten trugen brennende Kerzen. Die Männer gingen barfuß, und ihre Füße waren weiß von der Kälte. Die Frauen waren jedoch splitternackt, und obwohl ihre Körper in der Kerkerhaft verwelkt waren, mussten sie sich spöttische Bemerkungen aus der Menge anhören.
    Es waren solche Details wie diese widerwärtige Lüsternheit an einem Ort des Todes, die Geoffrey davon überzeugten, dass die wie auch immer gearteten Motive der Inquisition nichts mit Gott zu tun hatten. Wenn Christus hier wäre, wäre er gewiss vorgetreten, um diese Leidenden zu beschützen, selbst wenn es bedeutet hätte, dass er an ihrer Stelle sterben musste. Aber Christus war nicht hier. Nur Geoffrey Cotesford, schwach, frierend und voller Scham.
    In der dicht gedrängten Schar der Frauen sah er Agnes. Er war überrascht, dass sie überhaupt laufen konnte. Sie

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