Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman
über Geschichte und Prophezeiungen war bedeutungslos – und das galt auch für seinen Vater, dachte er zum ersten Mal in seinem Leben. Das Einzige, was für
ihn zählte, war der kalte Stahl der Frömmigkeit, die er während seiner Einsamkeit in sich entdeckt hatte.
»Was für eine rührende Szene.« Der Wesir betrat den Raum.
Sie erhoben sich alle.
Ibn Tufayl sah prächtig aus in seiner Djellaba aus feinster Seide und gesponnener Wolle und mit seiner von Ölen glänzenden Haut, aber dennoch schwankte er kaum merklich. »Drei heruntergekommene Christen. Wie erbärmlich ihr seid. Wie tierhaft. Und euer Gestank .«
»Wenn du uns töten willst«, knirschte Orm, »dann bring es hinter dich.«
»Oh, das werde ich ganz sicher tun. Aber es eilt ja nicht, Wikinger. Nach all dieser Zeit haben wir uns noch immer viel zu sagen. Setzt euch.«
Er durchquerte den Raum, allein bis auf eine einzige Dienerin, die ein Tablett mit Leckereien und Getränken trug. Er ging steifbeinig und hielt sich sehr aufrecht. Aber Robert sah die vorsichtigen Schritte eines Mannes, der sich darauf konzentrierte, seinen Körper unter Kontrolle zu behalten.
»Der Kerl ist betrunken wie ein Bretone«, sagte Orm leise.
»Dann sei Gott uns allen gnädig«, flüsterte Sihtric.
XXIII
Der Wesir setzte sich auf einen Haufen Kissen. Die Dienerin an seiner Seite kniete mit gesenktem Haupt nieder und hielt ihr Silbertablett hoch. Robert dachte geistesabwesend, dass sie in einer solchen Haltung sehr schnell müde werden würde; sie musste von einem Leben in Knechtschaft abgehärtet sein. Ibn Tufayl wusste natürlich ganz genau, dass sie Hunger hatten, und er aß seine Häppchen langsam, mit offensichtlichem Genuss, und kaute demonstrativ. Aber sein Gesicht war gerötet.
Er deutete auf die Türbogen, wo die Wachen warteten, die Augäpfel weiß in wüstendunklen Gesichtern. »Wir sind hier praktisch allein. Die Wachen sind allesamt Berber. Almoraviden, ein fanatischer Haufen. Und keiner von ihnen versteht auch nur ein einziges Wort Arabisch, geschweige denn Latein. Nicht einmal diese Kleine hier.« Er strich dem Mädchen, das neben ihm kniete, über den Kopf. »Ihr seht also, was wir hier drin besprechen, bleibt ganz unter uns – auch wenn ihr nicht mehr viel damit anfangen könnt.«
Sihtric machte eine unsichere Handbewegung zu dem Bücherhaufen in der Ecke. »Du hast meine Bücher an dich genommen.«
Der Wesir nickte. »Dein Kodex ist hier, die Skizzen, die du Aethelmaer gestohlen hast.« Er hielt eine Schriftrolle hoch. »Ebenso wie all deine Notizen und Anmerkungen und deine Entwürfe. Dein ganzes Werk ist hier.« Er lächelte boshaft. »Und wenn ich – vielleicht aus einer puren Laune heraus – den Befehl gäbe, es zu vernichten, wäre es für immer verloren. Der Sinn deines Lebens, Priester – fort, ehe man sich’s versieht.«
»Das würdest du nicht tun«, rief Sihtric. Sein Gesicht rötete sich.
»Ach, beruhige dich, Priester«, warf Orm ein. »Er versucht nur, dich zu reizen. Es ist doch klar, dass er dein Werk nicht vernichten wird. Dafür ist es ihm viel zu wertvoll.«
Der Wesir nickte. »Ich bin froh, dass einer von euch ein wenig Klugheit an den Tag legt.«
»Aber du hast zweifellos deine eigene Verwendung dafür«, sagte Robert.
Ibn Tufayl erhob sich halb. »Sprich nicht mit mir, Wölfling, sonst lasse ich dir vor den Augen deines Vaters die Gedärme herausreißen.«
Robert erschrak über die Wut in seiner Miene, das puterrote, finstere Gesicht, den verzerrten Mund, die hervortretenden Augen. Er wich zurück und fragte sich vergeblich, weshalb er im Brennpunkt eines solchen Zornes stand.
Orms Hand schloss sich um seinen Arm, so fest, dass es wehtat. »Bleib ruhig.«
»Aber er hat recht, nicht wahr? Du hast deine eigenen Pläne mit den Waffen«, schloss Sihtric.
Der Wesir ließ sich wieder in die Kissen sinken. »O ja. Und sie gehen weit über deine engstirnigen Vorstellungen hinaus. Man muss ein Mann mit Weitblick sein, um den wahren Weg zu sehen. Seltsamerweise habe ich meine Vision jedoch dir zu verdanken, Priester. Dir und deinem muskulösen Freund hier. Euer ganzes Gerede über al-Hafredi von Poitiers, dieses bizarre Hirngespinst von Menschen, die durch die Zeit geschossen werden, von einer verhinderten Geschichte. Unsinn! Belanglos! Kein Wunder, dass ihr Christen versagt, wenn euer Verstand durch solches Geschwafel vernebelt wird. Und doch … das Konzept von der Ausweitung des muslimischen Herrschaftsbereichs
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