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Die Zeitbestie

Titel: Die Zeitbestie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Asher Neal
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Delirium zurückgehen.« Die Trollfrau trat vor und griff neben Polly in den Rücken des Roboters. Sie holte eine eckige Handflächenkonsole hervor und hielt sie in der dreifingrigen Hand, während die geschickteren Finger der anderen Hand über das Display des Geräts liefen. Einen Augenblick später blickte sie auf, streckte die Hand aus und zog den schmutzigen Kragen von Pollys Bluse hoch. Sie fasste kurz an die Muse, ehe sie Pollys Ohrring anschnippte.
    Zu Polly sagte sie dann: »Sprich mit deinem verborgenen Gefährten.«
    Uh-uh, sieht so aus, als wäre ich aufgeflogen!
    »Das reicht schon«, sagte Aconite, ehe Polly etwas zu Nandru sagen konnte. »Bist du nun eine KI?«
    Polly bemühte sich, ihrer Verwirrung Herr zu werden, aber ihr Gehirn schwappte im Schädel herum wie Schmutzwasser.
    Nandrus Stimme drang aus der Handflächenkonsole. »Na ja, das ist eine akademische Frage«, sagte er. »Ich schätze, inzwischen bin ich es, aber das war nicht immer so. Du hast mich gerade an einem schlechten Tag erwischt.«
    »Du bist ein zerebraler Download«, sagte Aconite mit missbilligendem Unterton. »Ja, ich verstehe. Ein militärischer Logik-Taktik-Rechner mit abhörsicherer Comverbindung und der Möglichkeit, taktische Informationen im Fall des Todes teilweise herunterzuladen. Wie es scheint, war eine exzessive Redundanz eingestellt, und du hast das zu deinem Vorteil genutzt. Also, toter Soldat, wie heißt du?«
    »Nandru. Und ich mag es nicht, wenn man mich ›toter Soldat‹ nennt. Es klingt so … nach Tod.«
    Aconite schnaubte, schaltete die Konsole aus und legte sie in das Fach neben Polly zurück. Sie wandte sich ab und schnippte mit den Fingern, und der Roboter folgte ihr wieder.
    Ich denke, sie mag mich.
    Beim Ersteigen des Hangs legte sich der Roboter überhaupt nicht schief. Er dehnte die Hinterbeine auf volle Länge und knickte die Vorderbeine wie die einer Spinne ein, sodass Polly in vollkommen ebener Position blieb, während er das Gefälle überwand. Wenig später erreichten sie die Basaltplatte, und als Polly sich erneut umdrehte, sah sie, dass es auf den Torbogen des Eingangs zuging. Aus der Nähe stellte Polly fest, dass das Bauwerk riesig war.
    Dann ging es durch die Tür und durch einen weitläufigen Raum, ringsum gesäumt von Bogenfenstern, die das chaotische Glitzern von Metall und Glas eindämmten – insektenhafte Kunstwerke oder auch geheimnisvolle Maschinen, das konnte Polly nicht erkennen. Ein dumpfes Rauschen ertönte, als die Eingangstür hinter ihnen zuging, und eine Brise bewegte Pollys Haare. Mit schnalzendem Laut löste sich die Maske von ihrem Gesicht. Die inzwischen auch von der Maske befreite Aconite hob Polly aus dem Abteil des Roboters, und kurz erblickte Polly goldene Augen zwischen schiefen, aber nicht unattraktiven Gesichtszügen. Dann umgab sie steriles Licht, und sie spürte einen weichen Tisch unter sich; ihre Kleider wurden weggeschnitten, etwas Kaltes berührte ihre Brust – dann ein stechender Schmerz und ein Gefühl, als bewegte sich etwas in der Brust. Unvermittelt verlor sie das Bewusstsein.
    Als sie nach langem Vergessen wieder wach wurde und feststellte, dass sich auf wundersame Weise wieder Fleisch auf den Knochen gebildet hatte, erklärte ihr Nandru: Er ist ihr Bruder.
    Und erst später erfuhr sie, dass sie selbst die erste Probe Cowls war, die überlebt hatte.
    Das kalte und grellscharfe Licht des Vollmonds hinderte ihn am Schlafen, wie auch der Juckreiz unter dem toten Torus. Tack saß im Zelt und kratzte an den Kanten des Dings wie an einem riesigen Stück Schorf, und wie Schorf schälte es sich allmählich vom Fleisch ab, war dabei jedoch spröde und brach wie Kohle. Darunter kam rosa Narbengewebe zum Vorschein – und dessen schnelles Wachstum hatte Tack der Aufbesserung des Körpers durch die Heliothan zu verdanken. Er fuhr damit fort, Brocken von dem Torus abzubrechen, und Stück für Stück löste sich das Ding. Der Arm sah grotesk aus und fühlte sich wie verbrannt an, also bedeckte Tack ihn schnell mit einem Verband aus dem Rucksack. Der Arm schmerzte jetzt ebenso, wie er juckte, und Tack war klar, dass er nur noch geringe Chancen hatte, schlafen zu können.
    Sobald er erneut die Maske aufgesetzt hatte und nach draußen gegangen war, brach er das Zelt ab und verstaute es. Er hob den Rucksack auf, ging um den Felsen herum und setzte seinen Weg fort. Cowls Zitadelle erstrahlte jetzt im Glanz sowohl der Innenbeleuchtung als auch des reflektierten

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