Die Zeitbestie
ohne Gorons Blick zu erwidern. Goron verfolgte, wie die Verschiebungssphäre den Mann aus Sauros entfernte. Die Stützpfeiler hochzujagen hätte gewiss die Mündung des Wurmlochs geschlossen und verhindert, dass das Untier Neulondon erreichte; und ebenso gewiss hätte die Energierückkopplung, verbunden mit der aus der Sonnenzapfstelle projizierten Energie, die Stadt geröstet. Nachdem der Mann verschwunden war, wandte sich Goron dringlicheren Aufgaben zu.
»Hier spricht Techniker Goron«, verkündete er über die Lautsprecheranlage. »Das gesamte Personal hat den jeweils nächsten Verschiebungsgenerator aufzusuchen und die Stadt zu verlassen. Wir haben Sauros verloren.«
Er sah, dass viele nicht auf seinen Befehl reagierten. Einige Personen kämpften gegen Fressmäuler, die wie Eisenbahnzüge durch die zur Stützpfeilerhalle führenden Korridore rasten. Andere schienen gar nichts zu tun, zogen es womöglich vor, mit ihrer Stadt zu sterben.
»Hier spricht Techniker Goron. Ich verlasse jetzt die Stadt. Ihr alle müsst mit mir kommen.«
Das motivierte endlich viele, die Generatorpunkte aufzusuchen. Aber gerade in diesem Augenblick wurden die meisten von den Beinen gerissen, denn die Stadt ruckte.
»Was zum Teufel war das?«
»Ich kann sie nicht aufhalten!« Das war Silleck.
Ein Bild von draußen zeigte Goron eine weit offen stehende Inkursion, in der Atomfeuer brannten, aber von heranwälzenden Megatonnen aus Fleisch überschwemmt wurden. Aus diesem Fleisch ragte der Hals eines gigantischen Fressmauls auf und kaute jetzt an der Außenwand der Stadt. Laser brannten Rillen hinein, und Raketen rissen hausgroße Brocken heraus. Der Hals brach und löste sich schließlich ganz. Das an der Stadt hängende Maulende krachte herunter und kippte Sauros durch sein schieres Gewicht. In diesem Augenblick hämmerte jedoch schon ein weiterer dieser Giganten auf der anderen Seite in die Stadt hinein.
»Jagt einen taktischen Sprengkopf hinein«, schlug Goron vor, wusste dabei aber schon, wie Sillecks Antwort lauten würde.
»Das geht nicht – wir haben keinen mehr übrig.«
»Hier spricht Techniker Goron. Alle raus hier – sofort! Dieser Befehl gilt auch für alle Techniker an Vorpal-Schnittstellen. Ihr müsst die Stadt verlassen. Sie ist euer Leben nicht wert!«
»Silleck«, setzte er dann leiser hinzu, »das gilt auch für dich.«
Ein Display an der Steuersäule informierte ihn darüber, dass zumindest dieser jüngste Befehl allgemein befolgt wurde. Die übrigen Steuerungselemente hatten sich vor einigen Minuten bereits gelöst und somit einen Abschnitt der Säule freigelegt. Er löste diesen Abschnitt, wich zurück und hielt dabei eine Steuerungskugel und eine Sichtkugel in der Hand, komplett mit der ganzen Vorpaltechnik, die beide miteinander verband. Er klemmte sich dieses Gerät, das wie der abgetrennte, aus Glas bestehende Kopf einer riesigen Gottesanbeterin aussah, unter den Arm und wandte sich dem Verschiebungsgenerator zu. Dabei hörte er bereits das donnernde Zischen des näher kommenden Monsters aus dem Fahrstuhlschacht. Er sah die Personen an, die sich noch von ihren Vorpal-Schnittstellen zu befreien versuchten, und wusste, dass keine Zeit mehr war.
»Silleck …«, sagte er und konnte dann nicht weiterreden. Abrupt drehte er sich zum Generator um.
Die Sphäre umschloss ihn unverzüglich, beförderte ihn innerhalb eines Augenblicks zwischen Albtraum-Inkursionen hinaus und setzte ihn auf einer kahl gefressenen Bergflanke ab, gemeinsam mit vielen anderen Bürgern der Stadt, die er regiert hatte. Er sah Palleque auf sich zukommen, und die übrigen Flüchtlinge standen zu sehr unter Schock, um auch nur das Bedürfnis zu einem Angriff auf Palleque zu empfinden. Als dieser Goron erreichte, blickten beide zur Stadt zurück.
Inzwischen weiteten sich einige Inkursionen aus und verbanden sich miteinander, während sich andere schlossen. Weitere Bürger trafen unvermittelt rings um die beiden Männer ein, und sie sahen sich an, wie immer mehr Untiermasse auf die Stadt zufloss, dort Wände einriss und sich durch den Oberbau bohrte. Inzwischen trafen verschobene Bürger auch verletzt ein, manche tot, bis die Zahl nachließ und schließlich auf null sank. Jetzt wurde erkennbar, dass das Untier, ähnlich dem unaufhörlich abrollenden Rücken eines Meeresriesen, zwischen die Stützpfeiler des Wurmlochs strömte und dabei dünner wurde – und wegströmte wie Altöl, das von einem gewaltigen unsichtbaren Trichter
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