Die Zeitdetektive 01 Verschworung in der Totenstadt
seinem Ohrläppchen. „Aber warum hat der Vorkoster auf das Lokal hingewiesen, wenn dort alles mit rechten Dingen zugeht?“
„Vielleicht hat er irgendwo etwas aufgeschnappt“, meinte Kim. „Ihr wisst schon: Palastklatsch …“
„Kommt, Kinder kommt, kommt!“, ertönte Rechmires Stimme. „Ihr müsst schneller werden, Kinder! Mein Gazellenbraten mit zarten Gemüsesorten muss der Pharaonin auf der Zunge zergehen!“ Schon war er wieder verschwunden. Aus einer anderen Ecke der Küche hörten ihn die Freunde rufen: „Ah, Mentmose, der neue Vorkoster!“
Die Freunde wandten sich um … und erschraken. Da stand der dünne Mann, den sie gestern in der Schenke gesehen hatten! Die drei warfen sich bedeutungsvolle Blicke zu. Dann wandten sie sich mit klopfenden Herzen wieder ihrer Arbeit zu. Leon und Julian schnappten sich ihre Körbe und verließen die Küche, um Ani weiter beim Heranschaffen der Zutaten zu helfen. Kim schnitt immer noch Zwiebeln. Ihre Gedanken überschlugen sich. Der neue Vorkoster war der Mann, der gestern vermutlich Gift gekauft hatte! Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter.
„Sieh mich an!“, befahl eine Stimme.
Kim gehorchte und blickte in Mentmoses schmales Gesicht. Er musterte sie eindringlich und kühl.
„Ich glaube, wir sind uns schon einmal begegnet“, sagte er gefährlich ruhig.
Kims Lippen bebten, als sie antwortete: „Nein, das kann nicht sein. Ich, ich bin noch nicht lange hier in Theben.“ Und das war nicht einmal gelogen.
Langsam nickte Mentmose. „Vielleicht habe ich mich geirrt … aber ich irre mich selten. Ich werde dich im Auge behalten.“ Damit ließ er Kim stehen. Dem Mädchen lief ein Schauer über den Rücken.
Kurz darauf konnte sich Kim aus der Küche davonstehlen. Im Hof traf sie auf ihre Freunde.
„Wir müssen Hatschepsut warnen!“, flüsterte Kim den Jungen zu.
„Natürlich“, erwiderte Julian. „Ich mache das schon. Nachher, wenn wir die Pharaonin und ihre Gäste bedienen.“
Die Pharaonin Hatschepsut hatte zu ihrem heutigen Bankett nur eine handverlesene Schar Auserwählter gebeten. Rund zwanzig Adlige weilten im silbernen Saal. Der war zum königlichen Garten hin offen und gab den Blick auf einen Zierteich mit Seerosen frei. Im Saal waren Tische und Kissen über und über mit Lotusblüten geschmückt. Es wurden Erfrischungsgetränke gereicht, doch die Herrscherin fehlte noch.
Als die Kinder begannen, Speisen aufzutragen und weitere Getränke anzubieten, klatschte der oberste Herold zweimal in die Hände, holte tief Luft und verkündete die Ankunft der Herrscherin.
„Horus, geliebt von Maat, der erscheint als königliche Schlange, groß an Macht, jung an Jahren, Geliebte des Amun, Tochter des Amun: Hatschepsut!“
Sofort warfen sich alle auf den Boden und berührten mit der Stirn die kühlen Fliesen.
Als Hatschepsut den Silbersaal betrat, war es, als ginge eine Sonne auf. Die goldene Uräusschlange auf ihrem Kopf blitzte mit den Diamanten, die in ihr Haar geflochten waren, um die Wette. An Armen und Händen, sogar an den Riemen ihrer Sandalen glitzerten edle Steine. Mit einer huldvollen Bewegung erlaubte die Herrscherin ihren Gästen und der Dienerschar, sich wieder zu erheben. Dann nahm sie Platz. Wie üblich war Kija an ihrer Seite. Neu war allerdings der junge Windhund, der sich mit eingezogenem Schwanz neben die Pharaonin hockte.
Nun gab Hatschepsut den Musikanten ein Zeichen. Verträumte Melodien plätscherten durch den Silbersaal und die Gäste begannen zu speisen. Das war der Moment, in dem sich Mentmose – sich ständig verbeugend – der Pharaonin näherte.
„Los, Julian, jetzt musst du sie warnen!“, zischte Leon und gab ihm einen Schubs.
Unfreiwillig machte Julian einen Schritt auf die Pharaonin zu. Er spürte kalten Schweiß auf der Stirn. Vorhin war er sich noch ganz sicher gewesen, dass er diese Aufgabe bewältigen könnte, aber jetzt … Nur für einen Moment streiften Hatschepsuts große, dunkle Augen den unbedeutenden Küchengehilfen. Die Herrscherin vom Nil nahm Julian gar nicht richtig wahr. Also machte Julian noch einen Schritt auf die stolze Frau zu und dann noch einen.
„Großer Horus“, begann er leise, während er sich tief verneigte. „Bitte …“
„Was bildest du Sklave dir ein, die göttliche Königin anzusprechen? Verschwinde! Geh auf deinen Platz in der Küche!“, herrschte Mentmose ihn an. Er funkelte Julian zornig an und kam drohend auf ihn zu. Doch so schnell gab sich Julian nicht
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