Die Zeitdetektive 03 - Das Grab des Dschingis Khan
Tross hat angehalten!“
Die Freunde beobachteten, wie Qutulas Männer ihre Jurten aufbauten.
„Was gäbe ich jetzt für ein Zelt“, sagte Tscha leise. Sie suchte eine windgeschützte Mulde und setzte sich hinein.
„Kommt“, rief sie ihren Freunden zu. „Hier können wir es die Nacht über aushalten.“
Kim, Julian, Leon und Kija gesellten sich zu dem Mädchen. Tscha teilte die wenigen Nahrungsmittel, die sie noch hatte. Misstrauisch beäugte Kija das karge Mahl. Dann verschwand sie in weiten Sätzen zwischen den Felsen. Kurz darauf drang ein schrilles Fiepen an die Ohren der Freunde. Offenbar hatte die Katze eine Maus erwischt.
„Kija hat es gut“, sagte Kim und rang sich ein müdes Lächeln ab. „Sie findet überall etwas zu fressen.“
„Wenn das so weitergeht, begebe ich mich bald auch auf die Mäusejagd“, antwortete Leon, dessen Magen laut knurrte.
„Bestimmt wird der Khan morgen beerdigt“, vermutete Tscha. „Und wenn alles mit rechten Dingen zugegangen ist und sich niemand an den Schätzen vergriffen hat, ist unsere Aufgabe erfüllt. Dann brauchen wir uns nicht mehr zu verstecken. Aber niemand darf jemals erfahren, dass wir wissen, wo das Grab liegt. Sonst sind wir so gut wie tot.“ Plötzlich wurde Tscha sehr nachdenklich.
„Vielleicht finden wir ja sogar eine Yasun, der wir uns anschließen dürfen“, sagte sie bedrückt. Sie sah in den Himmel, an dem sich die ersten Sterne zeigten.
Kim musterte ihre mongolische Freundin aufmerksam. Tschas Augen glänzten feucht.
„Du denkst an deine Familie, nicht wahr?“, sagte Kim vorsichtig. Sie rückte näher an Tscha heran und legte einen Arm um ihre schmalen Schultern.
„Bestimmt sind sie alle tot“, wisperte Tscha. „Sie sind da oben beim großen Himmlischen, beim Köke Tngri. Er passt auf sie auf. Vielleicht sind sie jetzt glücklich.“ Sie faltete die Hände und begann, ein Gebet zu murmeln.
Kim ließ den Kopf auf Tschas Schulter sinken und hielt das zierliche Mädchen fest in ihren Armen.
Die unheimliche Stille
Die unheimliche Stille
Am Morgen kletterte die Sonne über die Berge und übergoss das Grau ihrer Felsen mit einem zarten Rosa. Über dem Bergland lag eine tiefe Stille.
Es ist schon fast zu ruhig, dachte Julian, der als Erster der Freunde erwacht war. Eigentlich müsste man Geräusche vom nahe gelegenen Lager hören: Qutulas Kommandos oder wenigstens das Wiehern eines Pferdes. Getrieben von einer merkwürdigen Unruhe, rappelte sich Julian auf. Rasch verließ er die Mulde und warf einen Blick auf den Lagerplatz.
Seine böse Vorahnung wurde bestätigt: Der Platz war leer! Julian fuhr herum und suchte die Gegend mit den Augen ab. Nichts, der ganze Tross war verschwunden. Kein Qutula, keine Diener oder Soldaten, keine Karren und Tiere, kein Wagen mit dem toten Khan. Wie war das möglich? Leise fluchend flitzte Julian zu seinen Freunden und weckte sie.
„Aber wo sind sie hin?“, fragte Kim schlaftrunken.
„Vermutlich sind sie in der Nacht weitergezogen, während wir gepennt haben“, ärgerte sich Leon. „Unglaublich, dass wir das nicht gehört haben! Wir müssen geschlafen haben wie Tote. Aber vielleicht können wir ihre Spuren verfolgen.“
Sofort rannten die Freunde zu der Stelle, wo Qutula gestern das Lager hatte aufschlagen lassen.
„Hier!“, rief Leon. „Hier sind Spuren von Rädern. Und Abdrücke von Pferdehufen!“
Die Freunde folgten den Spuren etwa einen Kilometer.
„Hier riecht es nach Feuer“, sagte Tscha.
Der Geruch wurde stärker. Als sie um eine Felsnase bogen, standen sie vor den verkohlten Resten zahlreicher Karren.
„Sie haben die Wagen verbrannt … was soll das?“, fragte Kim unsicher.
„Ich habe einen Verdacht“, bemerkte Tscha jetzt. „Qutula hat den Khan in der vergangenen Nacht bestatten lassen.“
Ihre Freunde sahen sie entgeistert an. „Was? Hier?“
Tscha lächelte nachsichtig. „Wohl kaum. So unvorsichtig wäre Qutula niemals. Jeder würde das Grab sofort finden. Sie haben hier nur die Packwagen entsorgt, weil sie die nicht mehr brauchten …“
„Was willst du damit sagen?“, fragte Julian, der sehr wohl ahnte, was jetzt kommen würde.
„Sie sind tot“, sagte Tscha tonlos. „Die Diener, die Soldaten, Qutula … sie alle!“
„Nein, das glaube ich nicht“, rief Julian. Er wollte es einfach nicht wahrhaben. „Qutula und seine Leute sind bestimmt weitergezogen.“
„Aber warum haben sie dann all ihre Wagen verbrannt?“
„Weil, weil …“ Julian rieb
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