Die Zeitensegler
blickte sie verständnislos an. »Aus welcher Zeit? «
»Ich meine: Aus welcher Epoche bist du zu uns gekommen?«
Noch immer verstand Simon kein einziges Wort. »Ich komme aus dem Heute«, gab er zur Antwort und merkte selbst, wie dämlich das klang.
Auch das Mädchen gab sich damit nicht zufrieden, sondern forschte weiter nach: »Aus welchem Jahrhundert stammst du?«
Endlich glaubte Simon zu verstehen, was sie meinte. »Ich – ich komme aus dem dritten Jahrtausend«, gab er zur Antwort und war überrascht, was er mit dieser Aussage auslöste. Alle fünf rückten auf einmal ein Stück von ihm ab. Und ihren Blicken haftete urplötzlich etwas Beängstigendes, beinahe Bedrohliches an.
Simon bemühte sich vergeblich, die ganze Situation zu begreifen.
Wo war er hier nur hineingeraten?
»Ich komme aus dem Beginn des dritten Jahrtausends«, fügte er hastig hinzu. »Genauer gesagt aus dem Jahr Zweitausendund…« Simon verstummte.
Das Mädchen mit den kunstvoll hochgesteckten Haaren löste sich aus der Gruppe und kam langsam auf ihn zu. Sie berührte mit ihren Fingerspitzen erst sein Gesicht, dann sein T-Shirt.
»Drittes Jahrtausend«, flüsterte sie. »Drittes. Jahrtausend. Drittes …« Murmelnd ging sie um Simon herum.
Unbehaglich sah der zu Boden. Es war ihm äußerst unangenehm, so betrachtet zu werden, und er hätte sich gern dagegen gewehrt. Doch er wollte seine Gegenüber keinesfalls mit einer unbedachten Äußerung verärgern. Diese fünf, so eigenartig sie ihm auch vorkamen, waren vermutlich der Schlüssel zum Geheimnis dieses Schiffes. Nur sie konnten ihm erklären, was hiervor sich ging. Und so wartete er ungeduldig ab, bis die Orientalin ihre Runden beendet und sich wieder zu der Gruppe gesellt hatte.
Wieder musterten sie sich gegenseitig und nur das Krächzen der Krähen und dieses merkwürdige Vibrieren des Schiffes unterbrachen von Zeit zu Zeit die angespannte Stille.
»Wir sollten es ihm sagen«, murmelte auf einmal der Junge mit dem weißen Hemd. Die anderen nickten und der Junge ging einen Schritt auf Simon zu. »Du wirst noch nicht von uns gehört haben«, sagte er, dann musterte er Simon noch eingehender: »Oder doch? Kennt man uns im dritten Jahrtausend?« Er deutete auf seine Leute hinter sich. »Wir sind die Zeitenkrieger. Zumindest werden wir so genannt.«
»Zeitenkrieger?«
»Du hast also noch nichts von uns gehört?«
»Ich … nein!«
Der Junge trat näher an Simon heran. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich auf einmal, bevor er mit ruhiger Stimme erklärte: »Wir reisen durch die Zeit für die Zeit. Wir lassen das Alte hinter uns, um Neues zu schaffen.« Er schwieg einen kurzen Moment und fügte dann hinzu: »So wurde es uns gesagt und daran glauben wir.«
Simon schüttelte den Kopf. Alles schien nur noch verwirrender zu werden. »Ihr reist durch die Zeit? «
Der Junge nickte. »Ich stamme aus einer Epoche, die lange vor der deinen liegt. Sehr lange.«
Vorsichtig wagte Simon noch einmal einen Vorstoß: »Bist du Römer?«, fragte er leise.
»Was?« Der Junge zuckte zusammen und lief vor Wut rot an: »Römer? Ich?«, brüllte er, so laut, dass nun auch die anderenzusammenzuckten: »Du nennst mich einen Römer? Willst du mich beleidigen?«
Hastig trat die Ägypterin zwischen die beiden. »Lass ihn. Er hat es sicher nicht böse gemeint.«
»Natürlich nicht«, fügte Simon eilig hinzu. »Entschuldige! Ich wollte doch nicht … Ich dachte nur, dass du … deine Kleidung …«
Der andere blickte erst an sich herunter, dann wandte er sich erneut Simon zu. »Ich bin kein verfluchter Römer. Ganz gewiss nicht. Ich stamme aus Karthago!«
»Karthago?« Simon horchte auf. »Das kann nicht sein. Karthago existiert nicht mehr. Es wurde …«
»Halt ein!«, unterbrach ihn der Junge barsch. »Willst du in offenen Wunden bohren? Musst du mich an das Unglück meines Volkes erinnern?«
Wieder bat Simon rasch um Entschuldigung. »Ich wollte dich nicht … ich hatte nicht die Absicht …« Was für ein seltsames Gespräch führte er hier eigentlich? »Ich dachte einfach nur an … an … na ja, eben an das, was ich aus dem Unterricht von Karthago weiß und …«
»Du denkst zu laut«, wurde er von dem Karthager abermals unterbrochen. »Du sprichst ohnehin zu viel«, fügte er mürrisch hinzu und wandte sich mit gereizter Miene von Simon ab.
»Lass es gut sein, Basrar!« Die Ägypterin kam auf den Karthager zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Er hat dich gewiss nicht
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