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Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition)

Titel: Die Zeitmaschine Karls des Großen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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Bingium fand er die traurigen Überreste kunstvoll gearbeiteter Marmorplatten eingefügt in die groben Mauern eines Klosters. Die Straßen waren schmutzig und holperig, die Wasserleitungen und Brunnen zerfallen, und alle Städte hatten viel weniger Bewohner als zu Zeiten des Imperiums. Die bebaute Fläche füllte stets nur einen Teil des von den alten Mauern umgebenen Gebiets aus, der Rest war bedeckt mit geplünderten Ruinen und überwucherten Trümmern. Andreas schienen diese Orte wie eine bedrückende Mahnung, dass menschliche Werke und irdische Pracht der Vergänglichkeit ausgeliefert sind.
    Auf das Schlimmste vorbereitet, überraschte ihn Trevera einigermaßen positiv. Die Stadt mochte nicht mit Rom vergleichbar sein – welche Stadt westlich von Konstantinopel war das schon –, aber sie unterschied sich doch spürbar von den anderen Ortschaften, die Andreas im Frankenreich bislang kennengelernt hatte. Das zeigte sich schon, als er sich der Stadt von Norden her näherte. Die römische Stadtmauer war noch vollständig erhalten, wenn auch mit deutlich erkennbaren späteren Reparaturen, und das massige Stadttor mit seinen flankierenden Türmen und den zwei Torbögen war in ausgezeichnetem Zustand, wenn man davon absah, dass sich der Sandstein mittlerweile dunkel verfärbt hatte und den Bau beinahe schwarz wirken ließ. Die ersten Häuser zu beiden Seiten der Hauptstraße beeindruckten Andreas nicht besonders, es handelte sich vorwiegend um niedrige, schiefergedeckte Gebäude mit Wänden aus Fachwerk, dessen Zwischenräume mit einer Mischung aus Stroh und Lehm gefüllt waren. Dann allerdings passierte er die Zwillingskathedrale, deren Anblick ihm weitaus mehr zusagte. Diese Kirche war so römisch, wie das überhaupt nur möglich war, eine prächtige Doppelbasilika mit großem Vorplatz. Die Kreuze auf beiden Giebeln wiesen sie eindeutig als nicaeisch aus, und das erinnerte Andreas unvermittelt daran, dass er aufpassen musste, nicht leichtfertig über seinen arianischen Glauben zu plaudern; immerhin hatte König Karl einen Abscheu gegen den Arianismus entwickelt, und wer konnte schon wissen, wie viele seiner Untertanen diese Haltung möglicherweise teilten? Die Gefahr, von einem aufgehetzten Mob nicaeischer Franken erschlagen zu werden, war vielleicht gering, aber Andreas wollte dem Risiko trotzdem nach Möglichkeit aus dem Weg gehen. Da seine Mutter Lateinerin war, wusste er glücklicherweise genug über den nicaeischen Glauben, um sich zu tarnen.
    Je näher Andreas dem Stadtzentrum kam, desto ansehnlicher wurden die Häuser, die nun fast durchgehend aus verputzten Steinmauern bestanden, einige waren zweistöckig, die Dächer waren ausschließlich mit Ziegeln gedeckt. Manche der Wohnhäuser hätten auch einer römischen Stadt gut zu Gesicht gestanden, und Andreas vermutete, dass sie Würdenträgern des Frankenreichs gehörten. Die Hauptstraße war sehr belebt, hoch beladene Fuhrwerke bahnten sich ihren Weg durch einen lärmenden Menschenstrom. Handwerker und Händler boten in ihren zur Straße hin geöffneten Läden ihre Waren an und versuchten, mit lautstarken Anpreisungen ihres Angebots Kunden anzulocken.
    Andreas war bewusst, dass er auffiel, denn die langärmlige Tunika machte ihn sofort als Römer kenntlich, und er war sich noch nicht sicher, ob das gut oder schlecht war. Mit seiner Körpergröße und den blonden Haaren hätte ihn ein grobes wollenes Wams äußerlich leicht als Franken erscheinen lassen, aber der Schwindel wäre schnell ruchbar geworden, sobald er den Mund geöffnet hätte. Doch über diese Frage wollte er sich später den Kopf zerbrechen, zunächst einmal galt es, eine Unterkunft zu finden.
      
    Der »Rote Drache« befand sich am Rande dessen, was vor einer Ewigkeit das Forum gewesen sein musste und nun den Markt bildete. Hier, ungefähr im Mittelpunkt Treveras, trafen sich die drei Hauptstraßen aus dem Norden, Süden und Westen, die die Hauptstadt mit den anderen Teilen des großen Reiches verbanden. Seine exakt rechteckige Form hatte der Platz allerdings längst verloren; ein Schicksal, das er mit fast allen Straßen der Stadt teilte, von denen nur noch die wenigsten dem rechtwinkligen Raster der imperialen Zeit folgten, an dessen Stelle ein chaotisch gewuchertes Gewirr unregelmäßiger Gassen getreten war.
    Andreas Sigurdius hatte sich nach kurzer Suche entschlossen, in dieser Herberge Quartier zu nehmen. Es war im Grunde eine spontane Entscheidung, aber sie erwies sich als äußerst

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