Die Zeitrausch-Trilogie, Band 1: Spiel der Vergangenheit (German Edition)
erhört. Die Spirale stoppt im unteren Drittel und Wum Randy sieht für einen Moment verärgert aus, hat sich aber im nächsten Augenblick schon wieder im Griff.
»Unsere Zuschauer mögen dich. Du hast viele Sympathien gewonnen, wie es aussieht. Deine Aufgabe ist dir klar?«
»Das Backen von Apfelkuchen gesetzlich verbieten lassen«, knurre ich.
Das Publikum lacht vergnügt auf, aber ich habe tatsächlich keinen Schimmer, wie ich Tante Roses Sturz verhindern soll.
»Wir sind gespannt, ob es Alison gelingt! Gleich nach der Werbeunterbrechung werden wir sehen, ob es ihr gelingt, unser kleines Eingreifen zu verhindern, und ob Jeremy wieder zu ihrem Leben gehört. Aber vorher, und ich weiß, dass sich vor allen Dingen die Ladys auf ihn freuen, vorher werden wir Kay bei uns auf der Showbühne begrüßen! Denn er wurde als Alisons Scout ausgewählt!«
Die Zuschauer im Publikum überschlagen sich vor Begeisterung. Aus allen Richtungen höre ich schrille Schreie, steile Pfiffe, Trampeln, Klatschen und dann immer lauter werdend: Kay, Kay, Kay! Kay, Kay, Kay!
Du meine Güte! Selbst auf der Bühne lese ich dieses Wort. Meterhoch steht es leuchtend da: K A Y. Was soll ein KAY sein? Herzen steigen plötzlich in die Luft, zerplatzen eine Armlänge von mir entfernt. Wieder kommt künstlicher Nebel auf und verhüllt die Bühne mit seinen undurchsichtigen Schwaden.
Wum Randy steht mit ausgebreiteten Armen am Rand der Plattform, als wolle er einen alten Bekannten begrüßen. Vor ihm erhebt sich etwas, nein, jemand. Eine Gestalt, dunkel und groß. Ich versuche sie durch den von Licht durchzuckten Schleier genauer zu betrachten. Auch dem Publikum ist der undeutliche Schatten nicht entgangen, denn die Rufe nach Kay steigern sich in wildes Gekreische.
Wer ist dieser Kay? Mein Scout … Was meinen sie damit? Soll er mich begleiten, auf mich aufpassen, ist er ihr Handlanger? Was auch immer seine Aufgabe sein wird, ich beschließe, es ihm so schwer wie möglich zu machen. Worauf er sich verlassen kann! Ich werde ihm, ich werde gottverdammt allen zeigen, dass ich sehr wohl in der Lage bin, selbst auf mich aufzupassen! Ich bin schnell. Vielleicht gelingt es mir, ihn abzuhängen. Soll er doch …
Ich vergesse zu atmen, kann ihn nur anstarren. Am liebsten möchte ich den herabsinkenden Nebel wegwischen, endlich sein Gesicht klar sehen. Denn er ist … er ist … absolut umwerfend! Seine Züge sind zwar angespannt, geradezu wütend, doch wirkt alles an ihm eben und gradlinig. Nur etwas Schwarzes in seinem Gesicht irritiert mich. Was auch immer es sein soll, es wird halb von seinem bronzefarbenem Haar verdeckt, welches ihm weich über die Stirn bis auf die Brauen fällt, die wie zwei Wächter über, wie ich meine, unendlich dunklen Augen stehen. Sein Blick ist ernst und wach zugleich. Mit verengten Augen fixiert er seine Umgebung, ohne sich zu bewegen. Klar und analytisch. Als sei er erhaben über all das. Selbst die immer noch anhaltenden Schreie im Publikum scheinen ihn nicht zu berühren. Unwillkürlich versuche ich sein Alter einzuschätzen. Er wirkt nicht, als würde er aufs College gehen, obwohl er neunzehn vielleicht zwanzig Jahre alt sein muss …
Aber nein. Nie könnte ich ihn mir zwischen anderen Studenten vorstellen. In einer Bibliothek oder gar bei einer Vorlesung. Kay ist weit von den Dingen entfernt, die einen College-Studenten beschäftigen würden, das merke ich. Als hätte er ein normales Leben lange hinter sich gelassen.
Der Nebel hat sich endgültig gelegt und erst jetzt erkenne ich, wie groß er ist. Als Wum Randy seinem Gast freundschaftlich auf die Schulter klopft, muss er den Arm heben, um Kays breites Kreuz zu erreichen. Ungerührt lässt der die joviale Geste über sich ergehen.
Es ist aberwitzig, aber ich versuche mich in meinem Stuhl möglichst klein zu machen, obwohl mich das abgeblendete Licht noch davor schützt von ihm entdeckt zu werden. Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll, sollte er mich direkt ansehen. Vielleicht kneife ich einfach die Augen zusammen oder lasse mich in die Tiefe fallen.
»Herzlich willkommen zurück, mein Lieber«, meint Wum im väterlichen Tonfall und versucht Kays Blick, der immer noch auf dem Publikum ruht, auf sich zu lenken, indem er ihm die Schulter tätschelt. »Wobei haben wir dich gerade gestört? Wolltest du etwas essen? Hast du geschlafen?«
Langsam dreht sich der Mann, der mein Scout sein soll, um. Seine Arme scheinen entspannt, aber ich kann trotz der Distanz
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