Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
zu verstehen. In Hanna stieg eine unheimliche Ahnung auf. Ihre Mutter erhob sich, führte Hans zu einem der Schemel und brachte ihn mit einem sanften Druck auf die Schultern dazu, sich zu setzen.
„Wen meinst du, Hans? Wer ist auf dem Weg zu uns? Was hast du gesehen?“
Hans starrte sie an und seine schwarzen Augen stachen unwirklich aus dem totenbleichen Gesicht hervor. „Es wird nicht mehr lange dauern. Er wird bald hier sein!“
Hanna verlor die Geduld. Sollte Hans doch endlich sagen, was er mitzuteilen hatte.
„Wer wird bald hier sein, Hans? Sprich gefälligst!“
Hans hob den Kopf. Immer noch zitterten seine Lippen „Wilfried von der Gaag. Er wird mit seinen Reitern kommen. Jeden Augenblick kann es soweit sein!“
Mit beiden Händen fuhr er sich durch die wirren, schweißnassen Haare. „Ihr müsst euch verstecken, bevor es zu spät ist!“
Für einen Moment sprach keiner ein Wort. Dann sagte Hannas Mutter in strengem Ton: „Was soll das bedeuten, Hans? Wo sind die Re iter jetzt? Und woher willst du das alles wissen?“
„Sie waren bei uns in der Gerberei! Mein Vater konnte die letzte Steuer nicht zahlen. Sie haben ihn bis aufs Blut gepeitscht!“
Ein Weinkrampf schüttelte den schmalen Körper. „Ich hätte ihm helfen sollen. Aber ich hatte solche Angst. Ich war gerade draußen, als sie kamen und habe mich im Wald versteckt.“
Tröstend strich ihm Herlinde mit der Hand über den Kopf. „Gräme dich nicht. Was hättest du schon tun können? Allein gegen den Burgvogt und seine Wölfe kannst du nichts ausrichten. Doch jetzt wird dich dein Vater wirklich brauchen. Du musst zurückgehen und seine Wunden versorgen, so gut du kannst. Ich werde bald kommen und nach ihm sehen.“
Sie setzte sich neben den schluchzenden Jungen. „Woher weißt du, dass die Reiter zu uns wollen?“
„Ich habe gehört, wie sie sich zuriefen, dass sie hier noch etwas zu erledigen hätten. Da habe ich gedacht, dass ich euch warnen muss. Ich hab mich an ihnen vorbeigeschlichen und bin quer durch den Wald hierher gerannt.“
„Hab Dank, Hans. Das war sehr mutig. Geh jetzt und tue, was ich dir gesagt habe. Sei vorsichtig, damit sie dich nicht sehen!“
Hans nickte und stand auf. Er wischte sich die letzten Tränen aus den Augenwinkeln. „Ich hoffe so sehr, dass euch kein Leid zustößt.“
„Mach dir keine Sorgen. Uns wird schon nichts geschehen. Und jetzt beeile dich, zu deinem Vater zu kommen.“
Hans verließ die Hütte und Herlinde wandte sich an die anderen, die regungslos am Tisch sitzen geblieben waren. Sie sprach schnell, aber mit ruhiger Stimme, und die Ruhe, die sie ausstrahlte, machte Hanna Mut.
„Ich weiß nicht, was Wilfried von der Gaag hier will. Vielleicht hat ihm jemand verraten, dass wir Gäste haben, und nun will er sich anschauen, ob derjenige darunter ist, der ihm auf der Lichtung entkam.“
Hanna nickte und deutete auf Zacharias und Meister Freisius. Sie sah die aufsteigende Angst in den Augen der beiden. Zacharias wirkte angespannt, als wollte er jeden Moment aufspringen und losrennen.
„Wir müssen sie verstecken, Mutter. Aber wo? Wir haben keine Zeit mehr, sie wegzubringen. Die Reiter können jeden Moment hier sein.“
Nachdenklich trommelte Herlinde mit den Fingern auf der Tischplatte.
„Es gibt eine Möglichkeit. Der Hühnerstall. Es liegt genug Stroh darin.“
Hanna verstand sofort, was ihre Mutter meinte, sprang auf und zog Zacharias von seinem Schemel hoch. „Los, kommt mit!“
Zacharias half Meister Freisius beim Aufstehen.
„Schneller!“, trieb Hanna die beiden zur Eile an.
Es war dunkel geworden. Durch die Ritzen der Türen und Luken einiger Hütten drang schwach der Schein der Herdfeuer. Hanna rannte zu dem Verschlag an der Rückwand der Hütte und stieß die Stalltür auf. Energisch fasste sie Zacharias bei den Schultern und schob ihn mit dem Kopf voran in das dunkle Rechteck.
Jetzt Meister Freisius! Sie wusste, dass es ihm wegen seiner Verletzung nicht leicht fallen würde, sich durch die niedrige Öffnung zu bewegen, doch darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen.
„Beeilt euch!“, zischte sie und sah sich um. Noch war alles ruhig.
Stöhnend kroch auch Meister Freisius in den Verschlag. Hanna folgte ihm. In dem engen Stall war es stockdunkel, und fast wäre sie über seine Beine gestolpert. Aufgeschreckt flatterten die Hennen herum und protestierten krächzend.
„Legt euch hier an der Hüttenwand flach auf den Boden und haltet still!“
„Aber sie
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