Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
ihnen herübergeschaut, daran erinnerte er sich genau. Und nach dem Treffer hatte der Burgvogt bewusstlos im Gras gelegen. Nein, er konnte sie wirklich nicht gesehen haben!
Herlinde stand auf und trat dem Eindringling entgegen. Neben dem großen, muskulösen Mann wirkte sie klein und zierlich und doch strahlte sie eine Stärke aus, die in einem seltsamen Gegensatz zu ihrer Körpergröße stand.
„Was wollt Ihr in meinem Haus? Hat man Euch nicht gelehrt, anzuklopfen, wenn Ihr Einlass begehrt?“
„Anzuklopfen?“, wiederholte Wilfried von der Gaag sichtlich amüsiert und schlug die Seite seines Umhangs zurück, sodass man den breiten Griff seines Schwertes sehen konnte. „Anzuklopfen?“
Er lachte dröhnend, schlug den Männern, die ihm in die Hütte gefolgt waren, auf die Schultern und alle grölten, als ob sie noch nie einen besseren Witz gehört hatten. Mit der flachen Hand versetzte er Hannas Mutter einen Stoß, dass sie zurückstolperte.
„Pass auf deine Worte auf, Weib. Diese verdammte Hütte und der Grund, auf dem sie steht, gehören dem Grafen von Sonningen. Ich bin sein Vogt und Berater und ich tue hier, was ich will und was mir gefällt. Du wirst mich nicht daran hindern!“
Sein Blick fiel auf die Feuerstelle und ein tückisches Lächeln umspielte seine Lippen. „Vielleicht gefällt es mir ja, diese armselige Hütte anzuzünden? Nur um einmal zu sehen, wie gut so ein trauriger Haufen Gerümpel brennt?“
Wieder lachten die Männer, doch mit einer Handbewegung befahl ihnen Wilfried von der Gaag zu schweigen. Er deutete auf Arne, der laut vor sich hin schluchzte. „Sorgt gefälligst dafür, dass er mit diesem Geheule aufhört. Sonst schneide ich ihm seinen kleinen Hals durch.“
Hanna nahm ihren Bruder in den Arm und flüsterte etwas in sein Ohr. Das Weinen wurde leiser.
„Weißt du, warum wir hier sind, Weib?“, wandte sich der Burgvogt wieder an Hannas Mutter.
„Ich habe keine Ahnung, was Ihr von uns wollt.“
Herlinde wirkte immer noch stark, aber das Zittern in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
„Das solltest du aber. So lang ist es ja noch nicht her. Sogar so ein Abschaum wie du sollte sich daran noch erinnern können.“
Zacharias sah, wie sich die Männer hinter dem Rücken des Burgvogtes zugrinsten.
„Sucht Ihr ... sucht Ihr vielleicht jemanden?“ Herlindes Stimme zitterte noch stärker.
„Ob wir jemanden suchen?“
Wieder lachte Wilfried von der Gaag sein dröhnendes Lachen. „Allerdings suchen wir jemanden! Und das Beste ist: Wir haben ihn auch schon gefunden!“
Zacharias Magen zog sich zusammen. Das konnte doch nicht sein! Woher wusste der Burgvogt, dass der Professor hier war? Jemand musste sie verraten haben! Es würde nicht lange dauern, bis die Kerle herausgefunden hatten, dass sie sich in dem Hühnerstall versteckt hatten. Sie mussten hier weg, so schnell wie möglich!
Drinnen in der Hütte lachten die Männer ein weiteres Mal, als hätten sie gerade etwas sehr Lustiges gehört. Zacharias schob sein Gesicht wieder näher an das Loch in der Wand.
„Na komm schon, sag uns doch mal, wo du dich rumgetrieben hast!“, feixte der Burgvogt und zog einen langen Strohhalm aus Hannas schwarzen Haaren.
Zacharias Herz schlug zum Zerspringen, und er sah, dass jede Farbe aus Hannas Gesicht gewichen war. Gleich würde der Burgvogt erfahren, dass sie im Stall gewesen war, dass sie den Professor und ihn unter dem Stroh versteckt hatte und dann würden die Reiter kommen und ...
„Ach nein, halt lieber dein Maul“, winkte der Burgvogt ab, bevor Hanna etwas sagen konnte. „Warst sicher im Stall. Da gehörst du auch hin!“
Er befahl seinen Begleitern, mit dem Lachen aufzuhören. „Schluss jetzt. Der Spaß ist vorbei! Und du ...“, er zeigte auf Hannas Mutter, „Du bist festgenommen. Der Kerker von Burg Sonningen wartet auf dich.“
„Auf mich? Aber ich … wieso ... was habe ich … was habe ich getan?“ stotterte Herlinde fassungslos.
„Eigentlich gibt es keinen Grund, dir diese Frage zu beantworten.“
Selbstgefällig betrachtete der Burgvogt seine Fingernägel. „Aber sei's drum. Wir haben herausgefunden, dass du eine Hexe bist. Es ist an der Zeit, dich für deine Untaten zu bestrafen. Der Marktvorsteher von Sonningen hat dich bei unserem Herrn, dem Grafen, angezeigt. Du hast seine Frau verhext. Erst hast du so getan, als wolltest du bei der Geburt ihres Kindes helfen. Und dann hast du ihr mit einem deiner bösartigen Tränke einen Schadzauber
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