Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
lang sind, wie das Bein deines Anführers. Schnell!“
Eifrig drückte sich der Junge durch die eng beieinander stehenden Erwachsenen. Der feindselige Ausdruck auf ihren Mienen hatte einer zögerlichen Bewunderung Platz gemacht. Hanna achtete nicht darauf. Es war noch nicht zu Ende. Das Bein musste geschient und die Wunde versorgt werden. Nach der groben Behandlung blutete sie wieder stärker.
Der Junge erschien mit den Stöcken, die tatsächlich fast vollkommen gerade waren und auch die richtige Länge besaßen. Hanna lächelte ihm anerkennend zu und legte die Stöcke auf beiden Seiten des Beines bereit. Anschließend wusch sie in dem restlichen Wasser das Blut von ihren Händen. Sie warf einen Blick auf Gerald. Er rührte sich immer noch nicht, schien aber bei Bewusstsein zu sein. Doch darauf konnte sie keine Rücksicht nehmen, auch wenn sie ihm eine barmherzige Ohnmacht gegönnt hätte.
„Habt Ihr etwas Rotwein?“ wandte sie sich an den Alten.
„Das dürfte jetzt wohl kaum die Zeit für einen lustigen Trunk sein, hä?“, meckerte der und hustete ausgiebig. „Zum Feiern scheint es noch etwas zu früh, hä?“
Hanna zuckte verächtlich mit den Schultern. „Ihr scheint von Wundbehandlung nicht viel zu wissen. Roter Wein wirkt gegen Entzü ndungen und besonders gut wirkt er zusammen mit dem Johanniskrautöl, das ich bei mir habe.“
Den erstaunten Gesichtern der Umstehenden sah sie an, dass hier ganz sicher noch niemand auf die Idee gekommen war, Wein zu etwas anderem zu gebrauchen, als ihn durch die durstige Kehle fließen zu lassen.
„Also gut“, sagte der Alte verdrossen und wedelte mit der dürren Hand der Frau zu, die ihm am nächsten stand. „Du hast gehört, was sie gesagt hat. Geh zur Vorratshöhle und hol einen von den Weinkrügen.“
Er schnitt eine Grimasse, die ihm das Aussehen eines verrückt gewordenen Totenschädels verlieh und schnarrte mit übertriebener Höflichkeit: „Darf es sonst noch etwas sein, hä? Es ist uns ein Vergnügen, unserer großen Heilerin all ihre Wünsche zu erfüllen.“
Hanna beschloss, sich nicht reizen zu lassen.
„Nein, sonst brauche ich nichts. Alles andere habe ich bei mir.“
Sie zog den schwarzen Sack zu sich heran und schnürte ihn auf. Um die klaffenden Wundränder so zusammen zu bringen, dass sie miteinander verwachsen konnten, würde sie Nadel und Faden brauchen. Mutter hatte sie schon die eine oder andere kleinere Wunde nähen lassen und eigentlich war es nicht besonders schwer. Man durfte nur nicht so sehr daran denken, dass es lebendiges Fleisch war, in das man das spitze Metall gleiten ließ.
Kurz überlegte sie, ob sie zuvor etwas von dem ungelöschten Kalk in die Wunde streuen sollte, um die Blutgerinnung zu fördern, entschied sich dann aber dagegen. Mutter benutzte den Kalk nur im Notfall, weil er sich tief in das Fleisch fraß und schwere Narben hinterließ. Die Blutung war nicht zu stark, vielleicht reichte es, die Wunde mit einigen Stichen zu nähen und anschließend gut zu verbinden. Sie nahm das Ledersäckchen mit dem Nähzeug zur Hand.
Ihr Publikum sah ihr gebannt dabei zu, wie sie das Garn in das Öhr der dicken Eisennadel einfädelte. Dann wies sie Willem an, sich die schmutzstarrenden Hände zu reinigen.
„Du musst gleich die Ränder der Wunde zusammenhalten, wenn ich den Faden durch das Fleisch ziehe. Wirst du das schaffen?“
Der Riese neben Willem atmete erleichtert auf. Er war sichtlich froh, dass Hanna nicht ihn um Hilfe gebeten hatte. Willem selbst schien alles andere als erfreut, tauchte aber ohne Widerspruch seine Hände in den Kessel mit dem trübroten Wasser.
„Es wird nicht so schlimm werden wie eben, aber ihr solltet ihn trotzdem festhalten“, sagte Hanna zu dem Riesen und dem Mann, dessen Nase so lächerlich quer im Gesicht stand. Die beiden begaben sich wieder in ihre Position. Dann nahm Hanna Willems grobgliedrige Pranken und platzierte sie an den richtigen Stellen auf Geralds Oberschenkel.
„Du musst von beiden Seiten mit der flachen Hand pressen, aber mir gleichzeitig genug Platz lassen, damit ich den Faden durch die Wundränder ziehen kann.“
Willem brummte zustimmend und beugte sich über das Bein. Mit einem der Stofflappen wischte Hanna Gerald den Schweiß ab, der ihm in kleinen Rinnsalen an den Schläfen hinab lief.
„Wann ist es endlich vorbei?“, flüsterte er, als er die Berührung spürte. „Mein Bein brennt schlimmer als alle Feuer der Hölle. Es hämmert und pocht darin, als ob der Teufel
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