Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
Bader feierlich. „Jedes Fläschchen nur 10 Heller!“
Zacharias staunte. 10 Heller! Nach dem, was er eben gehört hatte, war das der Gegenwert von vierzig Hühnern! Die Arznei musste also ziemlich teuer sein! Ein entrüstetes Gemurmel zeigte, dass das Publikum der gleichen Meinung war.
„Ihr scherzt wohl!“, protestierte ein alter Mann und drohte mit seinem Stock. „Dort drüben bekomme ich für 20 Heller ein hübsches Kälbchen, gut im Futter und gesund, und Ihr verlangt für zwei von diesen winzigen Fläschchen genauso viel?“
Er schüttelte den Kopf. „Das kann doch nicht recht sein!“
„Ihr dürft nicht vergessen, es hilft gegen sämtliche Krankheiten, die es gibt!“ Der Bader hob noch ein Fläschchen in die Höhe. „Gesundheit und Wohlbefinden haben eben ihren Preis!“
„Hilft Eure Medizin auch gegen Zahnschmerzen?“ rief eine Frau mit einer dick geschwollenen Wange, um die sie ein Tuch gebunden hatte.
„Nicht nur das, verehrte Frau“, erwiderte der Bader von seiner Kiste herunter. „Sie lässt auch die Löcher in den Zähnen wieder zuwachsen!“
Zacharias konnte sich nicht vorstellen, dass diesem Scharlatan irgendjemand etwas abkaufen würde. Dann aber sah er, wie einige der Umstehenden bereits in kleinen Ledersäckchen nach Geldstücken kramten. Es schien tatsächlich, als ob sich der Mann auf ein gutes Geschäft freuen konnte. Plötzlich hörte er neben sich Hannas Stimme.
„Was habt Ihr denn für Zutaten in Eurem Trank?“, fragte sie mit unschuldiger Miene.
„Wie ich schon sagte, junge Dame, ein berühmter arabischer Medicus gab mir das Rezept. Leider musste ich ihm versprechen, es für immer geheim zu halten.“ Der Bader hob bedauernd die Schultern. „Sonst verliert der Trank nämlich seine Wirkung.“
Er wandte sich wieder an das Publikum, doch bevor er etwas sagen konnte, meldete sich Hanna erneut. „Aber Ihr werdet mir doch wenigstens sagen können, ob Eure Medizin Anis oder vielleicht auch Kiefernöl enthält?“
Der Bader betrachtete Hanna wie eine lästige Schmeißfliege. „Ich verstehe wirklich nicht, warum du das unbedingt wissen willst.“
„Na los“, rief ein Zuschauer. „Sag es ihr! Davon wird deine Medizin schon nicht schlechter werden!“
„Genau, sag es ihr! Wir wollen wissen, was da drin ist!“, ließ sich ein anderer vernehmen.
Missmutig verzog der Bader das Gesicht. „Nun gut, hartnäckig wie dieses neugierige kleine Ding hier ist, will ich eine Ausnahme machen und das große Geheimnis ein wenig lüften!“
Er machte eine kunstvolle Pause. „Nein, mein Trank enthält weder Anis noch Kiefernöl.“
„Das erstaunt mich aber.“ Hanna sprach so laut, dass alle sie hören konnten. „Zufällig weiß ich nämlich, dass nur Anis und Kiefernöl gegen Zahnschmerzen helfen.“
„Hört, hört“, kam es aus der Menge. „Was der berühmte Bader von Bernau dazu wohl sagt?“
Der Bader bekam einen roten Kopf und starrte Hanna aufgebracht an. „Ich komm gleich runter von meiner Kiste und dann werde ich dir mal zeigen, wer von uns beiden der Schlauere ist!“
„Komm, Hanna. Wir wollen keinen Ärger.“ Professor Freising zog Hanna am Ärmel weiter. „Hört nicht auf sie, sie ist noch jung und ein wenig vorlaut für ihr Alter“, rief er über die Schulter. Schnell gingen sie weiter.
„Es ist nicht gut, wenn wir auffallen. Wir sollten vorsichtig sein, damit wir nicht auch noch im Kerker landen!“
Hanna nickte schuldbewusst. „Es tut mir leid. Aber als ich diesen Unsinn hörte, konnte ich einfach nicht meinen Mund halten. Ich werde ganz bestimmt nichts mehr sagen.“
Als Zacharias noch einmal zurückschaute, hatte sich das Publikum verlaufen. Der Bader stand allein auf seiner Kiste und starrte verdrossen auf das kleine Fläschchen mit der roten Flüssigkeit in seiner Hand. Heute würde der gute Mann so leicht keinen Dummen mehr finden, dem er seine Wundermedizin andrehen konnte.
Eine Schenke mit Hut
Nachdem sie den Marktplatz überquert hatten, bogen sie in eine Straße ein, aus der ihnen geschäftiges Hämmern und Klopfen entgegenschlugen. Der Lärm kam aus den Werkstätten, die im Erdgeschoss der meisten Häuser untergebracht waren.
Ohne Rücksicht auf die Kälte waren fast überall Fensterläden und Türen weit geöffnet. Viele Fensterläden waren quer angebracht, sodass sie heruntergeklappt eine ebene Fläche bildeten, auf denen die hergestellten Waren wie auf einer Tischplatte feilgeboten wurden. Zacharias sah sich nach Hanna um, die
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