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Die Zeitreisenden in Callahans Saloon

Titel: Die Zeitreisenden in Callahans Saloon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spider Robinson
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Shorty sanft. »Sie sind nicht daran schuld.«
    »Aber ihr versteht mich nicht! Wenn meine Daten nicht übermittelt werden, nehmen meine Herren an, daß ich zerstört wurde, und werden dieses Sonnensystem für immer meiden. Nur jemand, der meinen Herren gleich oder überlegen ist, könnte meine Verteidigungsmechanismen außer Gefecht setzen, aber ich kann sie steuern. Ich werde sie nicht benützen. Versteht ihr mich? Ich werde meine Verteidigungsmechanismen nicht einschalten – ihr könnt mich vernichten, euch und eure Rasse retten, und ich werde euch nicht daran hindern. Tötet mich!« kreischte er.
    Es folgte eine lange, lange Pause, vielleicht eine
    oder zwei Sekunden lang, dann zeigte Callahan auf den Drink, den Shorty dem Fremden immer noch hinhielt, und knurrte: »Trinken Sie lieber das da, Sportsfreund. Sie haben es verdammt nötig. In meinem Lokal jemanden umbringen! Spülen Sie sich den Mund mit dem Bourbon aus und kommen Sie aus dem Kamin raus. Ich will ihn benützen.«
    »Ja, ich auch«, kam es von allen Seiten, und der große Kerl sah aus, als würde er im nächsten Augenblick zu weinen beginnen. Die Gespräche kamen wieder in Gang, und der Schnelle Eddie begann »Ich will die Welt nicht in Brand stecken« zu klimpern – und das war wirklich sehr geschmacklos von ihm.
    Einige Jungs wanderten nachdenklich in die Nacht hinaus, um es ihren Familien mitzuteilen oder ihre Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Wir übrigen hatten keine solchen Sorgen und schlenderten zu dem Fremden hinüber, um ihm Trost zuzusprechen. Ich meine, wo soll ich mich sonst beim Jüngsten Gericht aufhalten?
    Er setzte sich, und auf dem Tisch vor ihm stand Alkohol in allen möglichen Varianten. Er sah wie ein verwundeter Riese zu uns herauf. Aber keiner von uns wußte, wie er anfangen sollte, deshalb ergriff Callahan als erster das Wort.
    »Sie haben uns noch nicht Ihren Namen gesagt, mein Freund.«
    Der Fremde sah ihn erschrocken an und blieb einen endlosen Augenblick lang vollkommen unbeweglich, steif wie ein Zaunpfahl sitzen. Sein Gesicht verzerrte sich entsetzlich, als tobe in ihm ein ungeheurer Kampf, und an seinem Hals traten Muskelstränge hervor, die gar nicht dorthin gehörten. Doc Webster begann ein leises Selbstgespräch.
    Plötzlich lief der Fremde blau an, zitterte wie ein gespanntes Stahlseil und entspannte sich dann unvermittelt mit einem lauten Atemzug. Er zuckte ein paarmal vorsichtig die Schultern, als wolle er sich vergewissern, daß sie noch an ihrem Platz waren, wandte sich Callahan zu und erklärte klar und deutlich: »Ich heiße Michael Finn.«
    Die Antwort hing lang in der Luft, während wir alle wie versteinert warteten.
    Dann verzog sich Callahans Gesicht zu einem breiten Grinsen, und er dröhnte: »Aber natürlich! Klar, natürlich, Mickey Finn.* Ich habe Sie einen Augenblick lang nicht erkannt, Mr. Finn«, und damit verschwand er hinter die Theke. Seine großen Hände werkten eifrig, und als er mit einem großen Glas auftauchte, das mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt war, begriff auch der letzte von uns. Wir machten ihm eifrig Platz, Callahan stellte das Glas vor den Fremden hin und trat ehrerbietig zurück.
    * Slangausdruck für Betäubungsmittel
    Der Fremde blickte uns einen Augenblick lang an, und dieser Blick machte uns stolz. Denn aus seinen Augen waren die Verzweiflung, das Schuldbewußtsein, die Angst, das Entsetzen und beinahe die ganze Hoffnungslosigkeit verschwunden; sie waren nur noch Augen. Augen wie deine und meine.
    Dann hob er sein Glas und wartete, und wir alle tranken mit ihm. Noch bevor das letzte Glas geleert war, fiel sein Kopf krachend auf die Tischplatte. Wir mußten den Fremden hochstemmen und ihn in das Hinterzimmer verfrachten, in dem Callahan ein Feldbett stehen hat; und ich kann euch sagen, er war voll.
    Außerdem schnarchte er über drei Tonleitern hinauf und herunter.
    Copyright © 1977 by Spider Robinson

Der Zeitreisende
    Natürlich war es zu erwarten gewesen. Die Gäste in Callahans Saloon lesen zwar genauso Zeitung wie alle anderen Menschen, und vor drei Tagen hatte es eine Diskothek drüben bei der Jericho-Mautstelle erwischt. Aber irgendwie war keiner darauf gefaßt, als es passierte.
    Woher sollten wir es auch wissen? Natürlich ist Callahans Lokal nicht so weltabgeschieden, daß nichts es berühren könnte. Weiß Gott, die meisten Unannehmlichkeiten der Welt, alte und neue, kommen früher oder später auch bei Callahan zur Tür herein – aber für gewöhnlich

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