Die Zeitreisenden in Callahans Saloon
bemerke er die Flinte zum erstenmal. »Die hatte ich vollkommen vergessen.« Er legte sie wieder unter die Theke, und der Bandit mit dem schütteren Scheitel schluckte.
»Holen Sie sich einen Stuhl, Bruder, verraten Sie uns, wie Sie heißen, und wenn Sie in Schwierigkeiten stecken, von denen ich noch nie gehört habe, bekommen Sie eine Kiste nach Ihrer Wahl.«
»Nennen Sie mich I. W. Harper.«
»Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mr. Harpoooooh«, sagte Doc Webster, dessen Stimme bei der letzten Silbe immer höher geworden war, weil ihm Longdrink-McGonnigle seine Schuhgröße zweiundfünfzig kräftig auf den Rist gestellt hatte. Longdrink schaltet eben sehr schnell.
»Ich heiße Hauptman«, erklärte der Fremde und griff nach dem Drink. »Thomas Hauptman.
Ich bin ...« Er nahm einen kräftigen Schluck. »Das heißt, ich war Pfarrer.«
»Und dann ist Gott gestorben, und was, zum Teufel, sollen Sie jetzt anfangen, nicht wahr?« fragte Longdrink mitfühlend.
»Ungefähr so war es«, stimmte ihm Hauptman zu. »Er ist in einer stinkenden kleinen Zelle in einer stinkenden kleinen Stadt in einer stinkenden kleinen Bananenrepublik namens Pasala gestorben, und er hieß Mary.« Die Eiswürfel schlugen klirrend an seine Zähne.
»Ihre Frau?« fragte Callahan nach einer Weile.
»Ja. Meine Frau. Niemand stirbt mehr an Malaria, haben Sie das gewußt? Ich meine, die Krankheit haben sie vor Jahren in den Griff bekommen.«
»Wie ist es passiert?« fragte der Doc mitfühlend, und nachdem Callahan die Gläser nachgefüllt hatte, erzählte uns der Zeitreisende seine Geschichte.
Mary und ich (begann er), hatten ein besonderes Spiel erfunden, das wir miteinander spielten. Vermutlich spielen es alle Paare, aber wir wußten, daß wir es taten, und wir schwindelten dabei nie.
Viele von Ihnen wissen zweifellos, daß es einem Mann und einer Frau oft schwerfällt, einer Meinung zu sein (langanhaltender, zustimmender Beifall der Zuhörer) – sogar einem Priester und seiner Frau. Man kann alles von zwei Seiten sehen: sie will am Sonntag in der Gegend herumfahren, und er will zusehen, wenn es bei den Rugby-Spielen hart auf hart geht.
Wie löst man den Interessenkonflikt? Mit Hilfe der Schauspielkunst. Sie wird fieberhaft, ekstatisch die Freuden einer Fahrt durch das Land schildern und in Begeisterung ausbrechen, wenn sie die überwältigende Schönheit der Gegend an der Überlandstraße 25A zu dieser Jahreszeit beschreibt. Er wieder wird die Augen verdrehen und mit den Händen herumfuchteln, um mittels seines vollkommen unzulänglichen Vokabulars an Worten und Gesten deutlich zu machen, wie entscheidend dieses bestimmte Spiel für die Geschichte des Rugbysports und für die Aufrechterhaltung der Weltordnung ist.
Statt eines Oscars bekommt der Sieger das, worum er so heiß gekämpft hat.
Es ist ein ziemlich vernünftiges System, das auf der Theorie basiert, daß man um so besser schauspielert, je wichtiger einem das angestrebte Ziel ist. Wenn einer der beiden erkennt, daß der andere ihn an die Wand spielt, wird ihm klar, wie wichtig dem Ehepartner dieser Erfolg ist, und er gibt nach.
Genau an diesem Punkt darf man nicht schwindeln – man darf nicht immer dicker auftragen, nur um zu siegen (außer in den Ausnahmefällen, in denen es einem wirklich so wichtig ist), und man muß zugeben können, daß man besiegt ist.
Als Mary den lieben Gott ins Spiel brachte – für die Frau eines Pfarrers ein ausgesprochen unfaires Gambit –, gab ich daher nach und erklärte mich bereit, im Urlaub ihre Schwester Corinne zu besuchen.
Ich hatte eine Gemeinde in Sayville, nicht weit von hier, aufgegeben. Mary und mir hing Long Island zum Hals heraus. Wir hatten nicht einmal Pläne gemacht: wir wollten einen Monat Urlaub machen, zum ersten Mal seit Jahren, und dann beschließen, wo wir uns niederlassen würden. Ich hatte vorgehabt, den Monat bei Freunden in Boulder, Colorado, zu verbringen, und Mary wollte ihre Schwester in einer Bananenrepublik namens Pasala, kaum größer als ein Fliegenschiß, besuchen. Corinne arbeitete als Krankenschwester beim Friedenskorps, und Mary hatte sie seit sieben oder acht Jahren nicht mehr gesehen.
Wie gesagt, wenn die Frau eines Pfarrers diesen bei seiner Berufsehre packt, sollte er sich lieber geschlagen geben. Wir verabschiedeten uns von meinem Nachfolger Reverend Davis, versprachen unsere neue Adresse bekanntzugeben, sobald wir einen festen Wohnsitz hatten, und machten uns im Winter 1963 auf den
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