Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Zeitreisenden in Callahans Saloon

Titel: Die Zeitreisenden in Callahans Saloon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spider Robinson
Vom Netzwerk:
halten sie eine Dollarnote in der Hand, nicht eine 45er Automatik. Außerdem war er ein so verhutzelter kleiner Kerl.
    Und zu allem Überfluß war Punday-Abend.*
    Punday-Abend ist einmal in der Woche die Attraktion in Callahans Bar – wenn man es so ausdrücken kann. Leute, die das Lokal an einem Dienstagabend zum erstenmal besucht haben, sind laut schreiend in die Nacht hinausgestürzt und hatten es so eilig, von hier wegzukommen, daß sie ihre vollen Biergläser stehen ließen. Da wäre zunächst der Sonntag, nicht wahr, und dann kommt für ge
    * Wortspiel-Abend
    wöhnlich der Montag, und dann Punday. An diesem Tag trudeln die Jungs gegen halb acht ein, und bald darauf hören sie auf herumzuflachsen, schieben statt dessen die Bierkrüge in Reih und Glied, der Schnelle Eddie steht von seinem ramponierten Klimperkasten auf und beginnt, die Tische zusammenzuschieben. Jeder sucht sich unauffällig einen günstigen Platz, weil das am Punday-Abend unglaublich wichtig ist. Einige von den Neulingen beginnen sich gegenseitig aufzuwärmen, und die ersten Seufzer werden laut.
    »Sag mal, Fogerty, kennst du den Unterschied zwischen Jungfrau und junger Frau?«
    »Nein, schieß los!«
    »Ein ›er‹ dazwischen.«
    Und schon wieder fliegen drei oder vier Gläser in den Kamin.
    Natürlich trinken die Stammgäste, die Oldtimer, friedlich ihr Bier und sparen sich ihre Munition auf. Sie tragen nur wenig zu den Glasscherben bei, die sich im Kamin häufen – obwohl ihre Trinksprüche, wenn sie sich zu einem entschließen, nicht von schlechten Eltern sind.
    Gegen elf watschelt Doc Webster nach seinen Krankenbesuchen herein, und im Lokal wird es still. Der Doc gestattet, daß man ihm Mantel und Arzttasche abnimmt, holt sich bei Callahan ein Bierglas voll Whisky ab und nimmt seinen Platz am oberen Ende der vereinigten Tische ein wie ein Dampfer, der in den Hafen einläuft. Dann faltet er die Hände über dem gewaltigen Bauch und wen
    det sich an die Gruppe:
    »Welches Thema ist heute dran?«
    In diesem Augenblick entscheidet es sich, wie der Abend verläuft. Vielleicht bekommst du ein gutes Thema, vielleicht auch nicht – ich kann es nur an einem Beispiel erklären:
    »Wie wäre es mit ein bißchen anregender Musik, Schneller Eddie?« fragt Callahan.
    »Damit hätten wir das Problem angestimmt«, erklärt Doc Webster, und der Kampf hat begonnen.
    »Ich habe schon sowas läuten hören«, antwortet Shorty Steinitz schlagfertig, und rechts von ihm schnaubt Longdrink-McGonnigle.
    »Sie bringen mich ganz aus dem Takt«, meint er anklagend, worauf ihm Tommy Janssen rät, mal Pause zu machen, und wenn Callahan endlich darauf hinweisen kann, daß »das kein Konzertsaal, sondern eine Bar ist«, sind sie schon mitten drin im Spiel. Wenn das Thema einmal festgelegt ist, geht es im Uhrzeigersinn von Doc Webster im Kreis herum, und wenn du an der Reihe bist und keinen Kalauer anbringen kannst, bist du draußen. Gegen ein Uhr früh hat es sich für gewöhnlich zu einem erbitterten Kampf zwischen den wirklichen Profis zugespitzt, denen vollkommen klar ist, daß jedem, der zur Sperrstunde noch nicht ausgeschieden ist, die Zeche erlassen wird. Es ist Ehrensache, am Punday-Abend viel zu trinken, um zu beweisen, wie sicher man seiner Sache ist. Als mir das zum ersten Mal auffiel und ich Callahan fragte, wer eigentlich die Idee mit Punday gehabt hatte, behauptete er, daß er sich nicht daran erinnern könne. Ein schlauer Fuchs, dieser Callahan.
    An dem besagten Abend hatten wir eine Menge Alkohol und noch mehr Gehirnschmalz verbraucht. Das Thema war so ergiebig, daß man es stundenlang ausschlachten konnte: »Elektrizität«. Gegen Viertel nach eins ging der Wirbel los.
    Der Abend war mörderisch gewesen, und im Rennen lagen nur noch der Doc, Noah Gonzalez und ich. Ich war entschieden aufgeladen.
    »Ich glaube, die Zähler in dieser Runde gehen an mich«, meinte der Doc und verleibte sich engelhaft lächelnd ein halbes Glas Scotch ein.
    »Wir sind alle von unerträglicher Spannung erfüllt«, erklärte Noah sofort.
    »Ich verliere gleich die Fassung«, stimmte ich begeistert zu.
    Der Doc verzog das Gesicht, was ihm bei der zur Verfügung stehenden Fläche nicht schwer fiel, und funkelte mich an. »Schalten Sie vielleicht auf hochnäsig?« fragte er.
    »Ach, ich weiß nicht«, unterbrach ihn Noah. »Der Junge ist eben auf Draht.«
    »Sehen Sie, Doc?« Ich lachte verzweifelt, denn ich begann Wirkung zu zeigen. »Noah findet eben, daß ich nicht auf der

Weitere Kostenlose Bücher