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Die Zeitreisenden in Callahans Saloon

Titel: Die Zeitreisenden in Callahans Saloon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spider Robinson
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obwohl wir uns beide in unseren schauspielerischen Leistungen überboten, gab sich keiner geschlagen.
    Es war gegen drei Uhr nachmittag des nächsten Tages, als ich den Schrei hörte. Ich überließ es einem von Villegas rurales, seine Armwunde selbst zuzunähen, und sprintete durch einen überfüllten Korridor zum Operationssaal, in dem Mary und Corinne seit dreizehn Stunden ununterbrochen arbeiteten. Ich hatte den Eindruck, daß der Schrei von dort gekommen war ...
    Das stimmte auch. Als ich in den Raum platzte, erblickte ich zuerst Mary, die der größte Mann, den ich je gesehen hatte, mit ausdruckslosem Gesicht festhielt. Dann sah ich Corinne, die auf einen breitschultrigen Revolutionär einschlug, der einen uniformierten Patienten auf dem Operationstisch erwürgte. Die gekreuzten Patronengurte auf seinen Schultern hoben und senkten sich, als wolle er damit betonen, wie wichtig seine Tätigkeit war. Corinnes hämmernde Fäuste bemerkte er überhaupt nicht.
    Sie war zweifellos stärker als ich – ich verlor keine Zeit damit, den Verrückten an der Schulter zu packen. Ich ergriff den nächstbesten schweren Gegenstand – soviel ich weiß, handelte es sich um einen Wasserkrug – und schmetterte ihn dem Würger mit voller Kraft auf den Schädel. Er seufzte, brach zusammen, und ich wendete mich dem Riesen zu, der meine Mary festhielt.
    »Das hätten Sie nicht tun sollen, señor «, sagte er mit tiefer, sanfter Stimme. »Der Mann auf dem Bett, er hat einmal Pedros Frau gegenüber eine Unhöflichkeit begangen. Eine schwere Unhöflichkeit.«
    »Verlassen Sie sofort diesen Raum!« fuhr ihn Corinne zitternd vor Wut mit einer Stimme an, um die sie jeder Schleifer beneidet hätte.
    Der große Mann schüttelte traurig den Kopf. »Das kann ich leider nicht, señorita«, brummte er. Seine schaufelgroßen Hände schlossen sich fester um Marys Oberarme, und sie hatte noch keinen Ton von sich gegeben, seit ich im Zimmer war. » Señor «, erklärte mir der Riese, »Sie müssen bitte den Krug wegstellen, sonst bin ich gezwungen, Ihrer Frau gegenüber eine kleine Unhöflichkeit zu begehen.« Ich zuckte zusammen. »Sehen Sie? Ich weiß, wer Sie sind, und ich möchte der Ehefrau eines Pfarrers gegenüber nicht unhöflich sein.«
    Der Gorilla auf dem Boden begann, sich zu bewegen, und der Riese seufzte. »Ich fürchte, mit Ihnen ist es aus, padre. Pedro ist sehr unvernünftig, wenn seine Ehre auf dem Spiel steht. Sie haben ihn von hinten angegriffen.«
    Corinne knurrte und sprang ihn an, und ich folgte ihrem Beispiel. Nicht einmal gemeinsam konnten wir ihn wegreißen oder seinen eisernen Griff lockern, aber er war so mit uns beschäftigt, daß er Mary nichts antun konnte, und vielleicht hätten wir es sogar geschafft. Aber plötzlich knallte etwas Großes, Schweres gegen meine linke Niere, und ich fiel keuchend vor Schmerzen auf den Boden. Benommen sah ich, wie Pedro, dessen Haare an einer Seite blutgetränkt waren, über mich hinwegstieg und nach Mary griff, und mein Herz stockte.
    Dann dröhnte ein Schuß durchs Zimmer, ich rollte mich herum und sah einen großen, schnurrbärtigen Mann, der eine rauchende Automatik in der Hand hielt, im Türrahmen stehen. Er trug die Khakiuniform der Rebellen und das Lächeln, mit dem er uns betrachtete, war unbekümmert und arrogant.
    Hinter mir schlug ein Körper dröhnend auf dem Boden auf. Halbblind vor Schmerzen rollte ich mich zurück und sah, daß der Pistolenschuß Pedro den halben Kopf weggerissen hatte.
    »Das ist das Dumme am Standrecht«, meinte der Mann in der Tür zynisch, »man wird süchtig darauf.«
    Ich schaffte es endlich, mich aufzusetzen, und lehnte mich an eine große Sauerstoffflasche. »Wer sind Sie?« stieß ich heraus.
    Der schlanke Schnurrbärtige verbeugte sich. »Gestatten Sie, daß ich mich vorstelle, padre. Ich bin El Supremo e Illustrissimo Señor Mañuel Conception de Miranda, derzeit Herrscher über diese Republik. Sie hingegen sind Reverend Hauptman, und ich nehme an, daß die bezaubernde Dame dort drüben – laß sie sofort los, Diego! – Ihre Frau Mary ist.«
    Sein ausgezeichnetes Englisch zeugte von überraschender Bildung, und er benahm sich bewußt wie ein Adeliger. Zum erstenmal, seit ich ins Zimmer gestürzt war – ich hatte das Gefühl, daß es Stunden her war –, begann ich zu glauben, daß wir drei den Nachmittag vielleicht doch überleben würden.
    »Woher wissen Sie so genau, wer wir sind?« fragte ich. »Wir sind erst gestern angekommen und haben

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