Die Zeitreisenden in Callahans Saloon
hat er das Zeug immer noch genommen, aber die Polizisten haben ihn nie damit erwischt, obwohl sie sich ehrliche Mühe gegeben haben. Ich fragte mich, was er, zum Teufel, in Callahans Saloon suchte.
Inzwischen weiß ich es. Er legte einen zerknüllten Geldschein auf die Bar, nahm das Glas Bourbon, das ihm Callahan schweigend hinhielt, und ging zum Kreidestrich. Er zitterte vor unterdrückter Spannung, und seine Schuhe knarrten auf dem Sägemehl. Im Lokal wurde es eine Spur leiser, und sein Trinkspruch »Auf den Trip!« war überall zu hören. Dann stürzte er den Whisky hinunter, während es noch stiller wurde, und schleuderte das Glas so heftig, daß wir seine Schultergelenke knacken hörten, bevor es an den harten Ziegeln zersplitterte.
Er hatte die Stille geschaffen, und er brach sie auch. Er schluchzte auf. Im gleichen Augenblick blickte er sich jedoch um, um unsere Reaktion zu beobachten.
Callahan sagte sofort »Amen!«, was wie ein Echo des zersplitterten Glases klang. Der Junge schaute uns der Reihe nach an, als wäre er wider Willen befriedigt. Schließlich fixierte er Doc Webster, und der Doktor ging zu ihm hinüber und begann vorsichtig, die Ärmel des Jungen aufzurollen. Der Junge versuchte weder, ihm zu helfen noch ihn daran zu hindern. Als beide Ärmel bis zu den Schultern aufgerollt waren – sie waren leuchtend rot, wenn ich mich richtig erinnere –, streckte er schweigend die Arme aus.
Sie wiesen überhaupt keine Einstiche auf. Sie waren spindeldürr und kreideweiß, aber nicht zerstochen. Der Junge war sauber.
Wir alle wandten dem Jungen höflich schweigend unsere Aufmerksamkeit zu. Für ihn war es eine neue Erfahrung, und er wußte nicht recht, was er damit anfangen sollte. Schließlich sagte er: »Ich habe von diesem Lokal gehört«, aber es klang eine Spur zu trotzig.
»Dann mußt du es gebraucht haben«, erklärte Callahan ruhig, und der Junge nickte.
»Ich habe gehört, daß man hier manchmal eine Antwort bekommt.« Es war halb eine Feststellung, halb eine Frage.
»Gelegentlich«, gab Callahan zu. »Aber es werden auch die blödesten Fragen gestellt. Zum Beispiel: Wie ist es?«
»Meinen Sie einen Trip?«
»Ich meine jedenfalls nicht Bourbon.«
In die Augen des Jungen trat ein merkwürdig verträumter Ausdruck, und er lächelte beinahe. »Es ist ...« Er unterbrach sich und dachte angestrengt nach. »Es ist ... als wäre man tot.«
»He«, ertönte eine Stimme aus dem Hintergrund. »Das ist wirklich ein mächtig gutes Gefühl.« Ich sah hinüber, stellte fest, daß die Stimme Chuck Samms gehörte, und fragte mich, wie der Junge sich dazu stellen würde.
Er nahm an, daß Chuck es ironisch meinte, und fuhr ihn an: »Was, zum Teufel, wissen Sie überhaupt darüber?« Chuck lächelte. Eine Menge Leute stellen ihm in einem gänzlich anderen Tonfall diese Frage.
»Ich?« wiederholte er ungeheuer vergnügt. »Ich bin tot gewesen, das ist alles.«
»Das stimmt«, bestätigte Callahan, während der Unterkiefer des Jungen hinunterklappte. »Chuck war fünf Minuten lang amtlich tot, bevor der Doc seinen Schrittmacher wieder in Gang setzen konnte. Der Kerl war mir Geld schuldig, als er starb, und ich hätte nie das Herz gehabt, es seiner Witwe abzuknöpfen.«
»Und es war ein verdammt angenehmes Gefühl«, fuhr Chuck gähnend fort. »Friedlicher als die Schlafenszeit in einem Kloster. Wenn es nicht so angenehm wäre, hätte ich nicht so verdammt viel Angst davor.« Seine Stimme bekam bei den letzten Worten einen scharfen Unterton, aber er fügte sanft hinzu: »Warum, zum Teufel, möchten Sie denn tot sein?«
Der junge Janssen konnte ihm nicht in die Augen sehen, und als er sprach, klang seine Stimme spröde. »Wie Sie gesagt haben, Frieden. Ein bißchen Seelenfrieden, ein bißchen Ruhe. Niemand, der einen den ganzen Tag über anjammert. Wenn man tot ist, besteht immerhin die Möglichkeit, daß jemand um einen trauert, ja? Man freundet sich mit den Würmern an, sieht alles aus einer anderen Perspektive, spukt vielleicht ein bißchen, wer weiß? Aber es hat ja keinen Sinn, darüber zu sprechen. Hat denn keiner von euch jemals Lust gehabt davonzulaufen?«
»Und ob«, bestätigte Callahan. »Manchmal tue ich es sogar. Aber meist laufe ich irgendwohin, von wo ich zurückkommen kann.«
Er sagte es so freundlich, daß der Junge nicht beleidigt sein konnte, obwohl er es versuchte.
»Wovor davonlaufen, mein Sohn?« erkundigte sich Slippery Joe.
Der Junge hatte es zu lange in sich
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