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Die Zeitstraße

Die Zeitstraße

Titel: Die Zeitstraße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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der Testpilot in der Fähre! Die Fähre ist vor wenigen Augenblicken auf der Oberfläche des Mondes zerschellt. Kein Wort mehr von dem Testpiloten, der dabei sein Leben verlor!
    Unbändiger Zorn packte den einsamen Autofahrer. Die ganze verdammte Bande, der es nur um den technischen Erfolg ging, nicht aber um das Leben eines Mannes, dem sie diesen Erfolg letzten Endes verdanken würden, gehörte zum Teufel geschickt. Er erinnerte sich an die Angst, die er empfunden hatte, als bei dem Versuch, das schadhafte Relais zu überbrücken, Minute um Minute verstrich und der Mond immer näher kam.
    Er war außer sich vor Wut. Und unter der emotionellen Last funkte die Sicherung in seinem Gehirn zum zweiten Mal, brach eine weitere Brücke in seinem Bewußtsein zusammen …
     
    Er saß angeschnallt im Pilotensessel. Der Beschleunigungsandruck preßte ihn tief in die ölgefüllten Polster. Er bekämpfte mit aller Kraft die Panik, die ihn zu packen versuchte; denn die Erinnerung an die nächtliche Fahrt über die Autobahn im Bundesstaat Georgia war noch frisch. Dieselbe unerklärliche Kraft, die ihn schon einmal von einer Daseinsebene auf die andere geschleudert hatte, hatte von neuem zugeschlagen.
    Aus dem Helmempfänger kam Karl Wetzsteins Stimme mit dem deutschen Akzent:
    »Umschaltpunkt minus dreißig Sekunden, Dick«, sagte sie ruhig. »Wie fühlst du dich?«
    »Berauscht von der Geschwindigkeit«, antwortete McHenry.
    Es war unglaublich: dieselben Worte waren ihm schon einmal über die Lippen gekommen. Er hatte sie ausgesprochen, ohne wirklich zu wissen, was er sagte. Wetzstein lachte.
    »Das ist gut. Schaltpunkt minus fünfzehn!«
    Fünfzehn Sekunden später setzte der Andruck plötzlich aus. Das Triebwerk schwieg. Der Sessel begann sich zu drehen. Innerhalb von neuneinhalb Sekunden beschrieb er eine Drehung von 180 Grad. Konsole und Schalttafel drehten sich mit. Richard McHenry unterdrückte den Impuls, sich auf die Konsole zu stürzen und die Kopplung des Triebwerks mit dem Bordkomputer zu lösen. Er durfte jetzt noch nichts unternehmen. Noch wußte er nicht, ob sich die Geschichte wiederholen würde.
    »… drei … zwei … eins«, zählte Karl Wetzstein.
    Ein halberstickter Laut, ein Schrei drangen aus dem Empfänger. Richard McHenry, jetzt schwerelos, in seinen Bewegungen nur noch durch das zähe Öl gehemmt, richtete sich auf und beugte sich über die Konsole. Der Empfänger war eine Zeitlang ausgeschaltet. Als er wieder zum Leben erwachte, sagte Karl Wetzstein:
    »Dick, wir haben ein Problem. Aber es besteht kein Grund zur Panik.«
    »Doch …!« schrie Richard McHenry, bevor Wetzstein fortfahren konnte. »Und ich bin schon dabei, es zu beheben.«
    Er drückte der Reihe nach ein paar Schalter, als ersten davon eine Taste mit der Aufschrift MANUAL OVERRIDE. Damit hatte er die Mondfähre selbst in der Hand. Er konnte von der Raumstation aus nicht mehr beeinflußt werden.
    »Dick, hör doch zu!« flehte Wetzstein. »Es ist nur ein schadhaftes Relais, das wie durch …«
    »Auf dein Relais ist gepfiffen!« schrie McHenry wütend. »Ich will nicht auf dem Mond zerschellen. Übrigens ist es gar nicht das Relais!«
    »Dick!« Wetzsteins Stimme hatte plötzlich einen scharfen, befehlenden Klang. »Du reagierst verantwortungslos. Ich befehle dir …«
    »Halt’s Maul!«
    Es verschlug Wetzstein einen Augenblick lang die Sprache. Als er sich wieder meldete, hatte er anscheinend die Einsicht gewonnen, daß sein Testpilot übergeschnappt sei und nur durch sanfte Worte zu einigermaßen vernünftigem Handeln bewegt werden könne.
    »Bitte, Dick, sei so gut und schalte den MANUAL OVERRIDE aus!«
    »Den Teufel werd’ ich tun«, keuchte McHenry. »Ich habe die Steuerdüsen eingeschaltet und versuche, über den Mondrand hinwegzukommen.«
    »Dick, es ist nicht so kritisch!« beschwor ihn Wetzstein. »Wir brauchen nur das Relais zu überbrücken und später ein wenig schärfer zu bremsen.«
    »Es ist nicht das Relais«, beharrte McHenry.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich weiß es, und übrigens will ich dir etwas sagen: Ihr dort unten denkt nur an die Fähre. Euch geht es darum, den Testflug nicht zu vermasseln. Meine Sicherheit ist euch wurscht. Na schön. Mir aber nicht! Ich steure die Fähre über den Mond hinweg, wenn ich Glück habe. Später können wir’s dann noch einmal versuchen. Und jetzt laß mich in Ruhe!«
    Wetzstein nahm sich die Aufforderung zu Herzen. Die Verbindung mit der Fähre blieb offen; aber es wurden

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