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Die Zeitstraße

Die Zeitstraße

Titel: Die Zeitstraße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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ebensowenig eine Antwort fand wie die Leute von der United Aerospace Industries auf die ihre. Wo war die Welt geblieben, in der der andere McHenry tatsächlich auf dem Mond abgestürzt und zerschellt war? Wo blieb die Daseinsebene, auf der in der Nacht ein Mark 8 über die Autobahn von Georgia raste, und was war geschehen, nachdem die Macht des Schicksals McHenry von einer Sekunde zur anderen aus dem Fahrersitz gerissen und zurück in die Mondfähre befördert hatte?
    Armer Richard McHenry! Ein paar hundert Jahre später hätten ihm die Gesetze der Chronosophie Antwort auf seine Fragen geben können. So jedoch mußte er sich mit ihnen herumplagen. Wir wissen aus seinem Nachlaß, daß sie ihn bis an sein Lebensende beschäftigten.

 
Der Trunk der Chamäleoniden
     
    »He, Pommeroy! Aufwachen!«
    Ohl Pommeroy fuhr in die Höhe. Verwirrt sah er sich um. Ringsum war das Halbdunkel des kleinen Kommandostands, ein halbkreisförmiger Raum mit elektronischem Gerät und einem riesigen Bildschirm, der unter der Decke das Halbrund entlanglief.
    Die Stimme, die Pommeroy geweckt hatte, war die Stimme des Kommandanten, Semmering Fauchet, der in den vergangenen Stunden das Amt des Piloten versehen hatte. Der Rest der insgesamt dreißigköpfigen Mannschaft der SUMMER QUEEN schlief, so wie auch Ohl Pommeroy, der Fauchet hatte ablösen sollen, in seinem Sessel im Kommandostand eingeschlafen war.
    »Es ist soweit, Pommeroy«, erklärte Fauchet.
    Pommeroy, Technischer Offizier, einundvierzig Jahre alt, groß und schlank, schob sich in die Höhe, durchquerte das Halbrund und steuerte auf den Sitz des Kopiloten zu. Dabei warf er einen Blick auf den großen Rundsicht-Bildschirm. Was er sah, war nichts anderes, als was er in den vergangenen zwei Tagen immer wieder gesehen hatte: die Schwärze des Alls, übersät mit Zehntausenden von Lichtpunkten, und darin der kleine Ball eines fremden Planeten, der der SUMMER QUEEN drei Viertel seiner beleuchteten Hälfte zuwandte. Die Sonne, von der die fremde Welt ihr Licht erhielt, stand schräg hinter dem Raumschiff.
    Pommeroy ließ sich in den Sessel fallen und schnallte sich an.
    »Haben Sie gehört?« fragte Fauchet.
    »Ja, bitte … was?«
    »Es ist soweit!« wiederholte Fauchet nicht ohne Schärfe in der Stimme. »Und jetzt kratzen Sie sich gefälligst den Schlaf aus den Augen, das Schmalz aus den Ohren, und wachen Sie auf!«
    Es ist immer dasselbe, dachte Ohl Pommeroy. Wenn er nicht nörgeln kann, ist er krank. Der Himmel mag wissen, warum er es dabei besonders auf mich abgesehen hat. Gleichzeitig aber kam ihm die Bedeutung dessen, was Fauchet gesagt hatte, mit einem Ruck zu Bewußtsein.
    »Es ist soweit?« wiederholte er ungläubig. »Ist das nicht … erstaunlich früh, Sir?«
    Fauchet lächelte selbstgefällig. Er war ein kleiner, stämmiger Mann mit glattem, schwarzem Haar, das er scheitellos nach hinten gekämmt trug.
    »Der Bordrechner gibt uns die Landeerlaubnis«, erklärte er stolz, als hätte er selbst den Rechner zu solcher Großzügigkeit veranlaßt. »Er erklärt die Welt für frei von Gefahren, die Atmosphäre für atembar und die Existenz von intelligentem Leben dort unten für unwahrscheinlich. Und sonst noch ein paar andere Sachen, die alle zugunsten einer Landung sprechen.«
    Ohl Pommeroy konnte sich eines leisen Mißtrauens nicht erwehren. Seitdem die Raumfahrt den interstellaren Flug beherrschte, seitdem Langstrecken-Raumschiffe von der Erde aus in den interstellaren Raum vorstießen, um andere bewohnbare Welten zu finden, war es zur Gewohnheit geworden, daß beim Anflug auf einen unbekannten Planeten der Bordrechner diesen auf seine Ungefährlichkeit untersuchte. Der Rechner war zu diesem Zweck mit Sonden gekoppelt, die sich entweder auf der Außenhaut des Raumschiffs befanden oder von diesem ferngesteuert in die Nähe der zu untersuchenden Welt bugsiert wurden. Die Sonden lieferten Tausende von Meßdaten, zu deren Auswertung die normalerweise aus dreißig bis fünfzig Mann bestehende Raumschiffmannschaft Wochen, wenn nicht gar Monate gebraucht hätte. Der Bordrechner erledigte die Sache jedoch im Laufe von ein oder zwei Tagen.
    Die SUMMER QUEEN war vor wenig mehr als dreißig Stunden, aus dem Hyperraum kommend, im Zielgebiet aufgetaucht. Das Ziel war eine knapp vierhundert Lichtjahre von der Erde entfernte Sonne namens Barker-21, ein Stern vom Typ GO, der irdischen Sonne in jeder Hinsicht ähnlich und nach den Hypothesen der theoretischen Astrophysik höchstwahrscheinlich

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