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Die Zeitwanderer

Die Zeitwanderer

Titel: Die Zeitwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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eigentlich?«
    »Haltet die Fresse!«, brüllte Dex wütend. »Bewegt Euch!«
    »Nein«, widersprach Sir Henry und stemmte seine Beine fest in den Boden. »Das werde ich nicht.«
    »Ihr könnt den ganzen Tag hier draußen bleiben und von mir aus sterben«, meinte der Bandenführer. »Aber wir sind fast da. Einige wenige Minuten noch, das ist alles. Je früher wir dort sind, desto eher bekommen wir alle etwas zu trinken. Kapiert?«
    »Geht weiter, Sir Henry«, forderte Cosimo ihn auf. »Es ist zu heiß hier draußen, um zu streiten.« Und zu Tav sagte er: »Geht voran.«
    Die Gruppe setzte ihren Marsch fort, und eine kleine Weile später erreichte sie den Anfang einer niedrigen Hügelkette. Hier legten sie eine Rast ein. Die Leinensäcke wurden abgenommen - sehr zur Erleichterung der Gefangenen, die keuchten und die frische Luft hinunterschlangen. Nach einem Spaziergang von wenigen Minuten gelangten sie an den Fuß des nächsten Hügels, wo sich in der stark erodierten Landschaft ein Gang öffnete: ein Wadi, das kaum breit genug war, um den Muli-Wagen und die Gruppe hereinzulassen. In diese ausgedörrte Schlucht bogen sie ein und gingen weiter durch den langen, gewundenen Gang, der in den Sandstein geschnitten worden war - von Wasser, das sich durch Schmelzprozesse während der letzten Eiszeit gebildet hatte.
    Innerhalb des Wadis war die Luft, obschon reglos, zumindest ein wenig kühler, was man den Schatten zu verdanken hatte, die von den steilen Wänden geworfen wurden: Mit Ausnahme von einigen wenigen Minuten am Tag drang die Sonne nicht bis zu dem Talboden vor. Der Schatten waren willkommen, und Cosimo fühlte sich ein wenig wiederbelebt. Während sie tiefer in die Schlucht vordrangen, bemerkte er kleine Nischen, die in den weichen Sandstein gemeißelt waren. Einige waren quadratisch, andere rechteckig. Einige der aufwändiger gestalteten Nischen wiesen an ihren Seiten eingravierte Hieroglyphen auf und hatten zumeist Sockel, die in ihre Böden geschlagen worden waren; es sah so aus, als ob man darauf jeweils einen Gegenstand ausgestellt hatte. Aber was auch immer die Nischen enthalten hatten: Jetzt waren sie alle leer.
    Nach einer Weile kamen sie an eine Stelle, wo sich das Wadi teilte. Tav führte sie in den breiteren der beiden Arme und marschierte wie zuvor weiter. Die Wandnischen wurden zahlreicher, größer und kunstvoller. Cosimo bemerkte, dass man einige von ihnen absichtlich verunstaltet hatte: Die Hieroglyphen waren abgekratzt oder mit Meißeln entfernt worden, die Sockel zertrümmert oder zumindest zerbrochen.
    Der Canyon schlängelte sich mal in diese und mal in jene Richtung durch die Felslandschaft. Die Wanderer folgten dem langen, verschlungenen Band, der ins Gestein geschnitten worden war, und kamen plötzlich an ein totes Ende: Eine glatte Mauer aus rötlichem Sandstein türmte sich zweihundert Fuß in die Höhe. Doch unten in der Wand war ein von Menschenhand geschaffener Eingang - ein schwarzes Quadrat, das zu beiden Seiten von gewaltigen Bildnissen bewacht wurde. Rechts stand Horus, der Himmels- und Königsgott, mit dem Was-Zepter in der Hand, dem Symbol für Macht und Herrscherwürde: Er besaß den Körper eines muskulösen Mannes mit langen Gliedmaßen und den majestätischen Kopf eines Falken. Auf der linken Seite befand sich Thot, der Gott der Wissenschaft, Weisheit und Magie sowie Protokollant beim Totengericht. Die Gottheit mit dem Ibiskopf war hier - wie zum Zeichen der Warnung - mit hoch erhobener Hand dargestellt.
    Die Gruppe hielt vor dem Eingang an.
    »Setzt sie hier ab, Leute«, befahl Tav. Er schritt zum Eingang und verschwand im Inneren. Der Wagen und die Mulis kehrten um, passierten eine Biegung im Wadi und waren dann außer Sicht.
    Cosimo und Sir Henry ließen sich auf einem im Schatten gelegenen Felsen nieder und wischten sich den Schweiß aus ihren Gesichtern. Aufgrund der Strapazen und der Austrocknung saßen sie eine ganze Weile nur keuchend und japsend da. Die Höhlenlöwin lag, ebenfalls schnaufend, auf dem Boden; die rote Zunge hing ihr aus dem Maul heraus.
    »Ich weiß, wie sie sich fühlt«, murmelte Cosimo und schnürte sich die Stiefel auf, um seine heißen Füße zu kühlen. Er hatte sich einen Fuß und Knöchel gerieben und nahm sich gerade den zweiten vor, als der Anführer der Bande wieder auftauchte; in der Hand hielt er einen Trinkschlauch. In seinem Schlepptau kam ein weiterer Mann; er war groß und dunkel und hatte ein Gesicht, das dem des in den Fels

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