Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeitwanderer

Die Zeitwanderer

Titel: Die Zeitwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
Vom Netzwerk:
Kaffeehaus. Einige ihrer ersten Gäste hatten von diesem neuen Getränk schon gehört und waren mehr als nur gewillt, es zu versuchen: Die zweite Tasse kauften sie zu dem von Mina bestimmten Einführungspreis von fünf Groschen - und ein paar sogar noch eine dritte. An diesem Tag wurde siebenmal ein Tablett mit Kostproben auf der Straße feilgeboten, und dreiunddreißig Kunden fanden den Weg ins Kaffeehaus. Nach Geschäftsschluss hatte Mina siebenundvierzig Tassen Kaffee und alle Honigteilchen verkauft, die sie gebacken hatte.
    »Wir haben es geschafft!«, rief sie aus, als ein sehr erschöpfter Etzel die Holzläden schloss und die Tür verriegelte. »Wir haben alles verkauft - den ganzen Kaffee und alles Gebäck.«
    »Wie viel haben wir eingenommen?«, wollte er wissen und sank auf einen leeren Stuhl.
    »Nach meiner besten Schätzung haben wir die Gewinnschwelle fast erreicht«, erwiderte sie.
    Sein Gesicht legte sich in Falten, als er angestrengt nachdachte, doch die Bedeutung des Fachbegriffs erschloss sich ihm nicht. »Was ist diese Gewinnschwelle?«
    »Ich habe damit sagen wollen, dass wir fast den Punkt erreicht haben, an dem unser Gewinn so hoch ist wie unsere Ausgaben.«
    »Oh, ja. Natürlich.« Mit der Idee, die hinter diesem Begriff steckte, war er nur allzu gut vertraut; doch er hatte noch nie zuvor gehört, dass man sie mit jenem Ausdruck bezeichnete. Plötzlich verdüsterte sich seine Miene. »Dann ist es uns also nicht gelungen, auch nur ein bisschen Geld zu verdienen?«
    »Nun, streng betrachtet - ja«, antwortete Wilhelmina. »Das ist wahr. Aber wir haben uns auch gar nicht vorgenommen, schon heute Gewinn zu machen.«
    »Nicht?« Auf Etzels Stirn, die für gewöhnlich ganz glatt war, bildeten sich Sorgenfalten.
    Sein verwirrter Gesichtsausdruck berührte sie so stark, dass sie ihre Hand an seinen Kopf legte und ihm das weiche blonde Haar sanft nach hinten strich. »Nein, mein Guter«, erklärte sie. »Nicht heute. Und auch nicht morgen. Ich beabsichtige, so viel auszugeben, wie wir verkaufen - oder noch mehr. Aber nur für die ersten drei Tage. Auf diese Weise können wir sicher sein, dass es allen weitergesagt wird und genug Kunden in unseren Laden kommen.«
    Er nickte. »Das ist eine seltsame Methode, mit einem Geschäft zu beginnen.«
    »Vielleicht«, gestand sie ein. »Aber es hat noch nie ein Geschäft wie dieses hier in Prag gegeben. Denk daran!«
    Dann machte sie sich daran, die Küche zu putzen, die Tassen zu spülen und andere Tätigkeiten zu verrichten, damit der Laden für den Verkauf am nächsten Tag bereit sein würde. Anschließend aßen sie beide ein leichtes Abendmahl. Bevor Mina zu Bett ging, machte sie noch den Teig für das süße Backwerk fertig, damit er während der Nacht aufgehen konnte. Und als sie einschlief, überlegte sie gerade, ob in dieser Stadt Zimt in irgendeiner Weise erhältlich war.
    Der Verkauf am nächsten Tag verlief ähnlich wie am ersten: Es war nur ein wenig geschäftiger; im Laden drängten sich mehr Leute als beim ersten Mal. Vom Vormittag bis zum Nachmittag waren die Tische besetzt, und Mina wurde immer erschöpfter, während sie zwischen Herd, Kaffeemühle und den Tischen hin und her rannte, um für ihre Kunden zu sorgen. Nach so vielen Tagen, an denen sie beide zur Untätigkeit verdammt waren, fühlte es sich gut an, zu sehen, dass der kleine Laden voller Menschen war. Mina fand vor allem Vergnügen daran, zu beobachten, wie ihre Kunden den ersten Probeschluck von dem neuen, unbekannten Getränk nahmen. Etzel kam derweil eher behäbig seiner Pflicht nach und beförderte Tassen mit Kaffee zum großen Platz. Das Getränk verteilte er unentgeltlich an Stadtbewohner und führte die Neugierigen zum Laden, wo es mehr Kaffee für sie gab.
    Am Ende des Tage waren sie total müde, doch hocherfreut über das Ergebnis: fünfzehn Groschen im Plus.
    Der dritte Tag mit kostenlosen Proben geriet gar zu einem großen Erfolg. Kaum war die Ladentür geöffnet, kamen die Kunden herein. Die meisten von ihnen waren Leute, die man an den beiden ersten Tagen ins Geschäft gelockt hatte und die nun zurückkehrten, weil sie noch mehr von dem schwarzen Getränk haben wollten. Einige von ihnen brachten Freunde mit, um mit ihnen Prags jüngste und womöglich beste Neuheit zu teilen: frischen, heißen Kaffee. Obwohl Mina von einem ständigen Anstieg ihres Umsatzes ausgegangen war, hatte sie die Nachfrage erheblich unterschätzt. Die süßen Backwaren waren bereits am Vormittag

Weitere Kostenlose Bücher