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Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Titel: Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Fuchs , John Goetz
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«Vati, ich verlasse euch für längere Zeit. Hab euch lieb.»
    Es ist 21 Uhr am 28. Januar 1998.

6
    Braune-Armee-Fraktion
    Im Landeskriminalamt in Erfurt werten Kriminaltechniker weiter jeden Zettel, jede Computerdatei, jeden noch so winzigen Hinweis aus, den sie bei den Durchsuchungen in Jena gefunden haben.
    Dabei stoßen sie auf zwei Asservate: ein Blatt Papier mit 53 Namen und Telefonnummern in ganz Deutschland, das im gepackten Rucksack von Uwe Mundlos in der Garage an der Kläranlage steckte, und die Textdatei Ali.000 auf einer der 26 sichergestellten Disketten.
    Die meisten Namen auf dem Zettel sind Kameraden aus der Jenaer Szene. Unter ihnen ist auch Andreas S., der Betreiber des Naziladens «Madley» in der Wagnergasse in Jena. Ein Jahr nach dem Untertauchen wird er über einen Mittelsmann eine Česká-Pistole an das Trio verkaufen – mit dieser Waffe werden Böhnhardt und Mundlos neun Menschen töten.
    Uwe Mundlos hat auf seiner Adressenliste auch bereits Kontakte in Chemnitz, Rostock und Nürnberg notiert – in all diesen Städten wird das Trio später unter seinem martialischen Namen «Nationalsozialistischer Untergrund» Straftaten verüben.
    Chemnitz ist die erste Station der drei Flüchtigen im Untergrund, zehn Telefonnummern in der sächsischen Stadt sind auf der Liste vermerkt. Auch der Name und die Nummer des ersten Gastgebers sind notiert: Thomas S. in Chemnitz.»
    Ein Fahnder notiert: «Die Adressen (…) sind nach hiesiger Bewertung für das hier geführte Ermittlungsverfahren ohne Bedeutung.»

    Den Text auf der Diskette mit dem Namen Ali.000 hat wahrscheinlich Uwe Mundlos verfasst. Die Kriminalpolizisten sehen in dem Gedicht eine Art Manifest der drei Untergetauchten:
«ALIDRECKSAU’ WIR HASSEN DICH
Ein Türke der in Deutschland lebt und sagt er ist auch hier geboren,
den sehen wir schon als verloren.
Er darf jetzt rennen oder flehen, er kann auch zu den Bullen gehen,
doch Helfen wird ihn alles nicht – denn wir zertreten sein Gesicht.
Wer sagt das wäre zu gemein – der soll es sehen das Türkenschwein!
Er plündert, raubt und wird dann frech, doch heut noch stirbt er
– ‹so ein Pech› –?!
Nur leider ist der Ali schlau, er sucht sich ein deutsche Frau,
mit der er dann 10 Kinder macht und über diesen Staat nur lacht.
Der linke Spinner meint dazu: ‹Lasst unsern Ali doch in ruh.
Er will nur leben so wie ihr – und deshalb bleibt der Ali hier›.
Der Ali freut sich, denn er weiss, erzähl den Linken etwas scheiß,
wie schlecht es Dir geht und wirst gehetzt – schon gibt’s für Ali ein Gesetz.
Was sagt das jeder der ihn Hasst, ein recht hat auf 10 Jahre Knast.
Drum Ali schlage wir dich breit.
Und schon kommt es hier nicht soweit.»
(Fehler im Original)

    Es ist bereits finstere Nacht an diesem Februartag in Chemnitz, als es an der Tür von Mandy S. klingelt. Das 23-jährige Skin-Girl ist allein in seiner Wohnung, weil sein Freund mit anderen Neonazis gerade auf einem Skinhead-Konzert in Budapest ist. Mandy S. öffnet, vor ihr stehen die Zwillinge Armin und Gunnar. Sie tragen Bomberjacke und Springerstiefel, eine «88» prangt auf ihren Jacken. In den neunziger Jahren ist die Zahl das Erkennungszeichen der aktiven Skinheads in Chemnitz. Sie nennen sich «88er». Die Ziffer «8» steht in der Szene für den achten Buchstaben im Alphabet, das «H». Und «HH» soll «Heil Hitler» andeuten.
    «Sag mal, Mandy, können ein paar Kameraden mal bei dir übernachten?», fragt Armin. «Die haben Scheiße gebaut und brauchen ganz dringend Hilfe.» Mandy S. ist überrascht und sagt erst mal nein. Unten vor dem Haus sitzen die Kameraden bereits im Auto, irgendwo müssen sie heute Nacht unterkommen. Mandy S. überlegt noch mal kurz, und weil sie kein «Kameradenschwein» sein will, fasst sie einen Entschluss: Bei ihr können sie nicht bleiben, aber da die Wohnung ihres Freundes Max gerade leer steht, können sie dort unterkommen. Sie geht zurück in ihr Apartment und holt den Zweitschlüssel für die Wohnung in der Limbacher Straße im Chemnitzer Stadtteil Altendorf.
    Kurz darauf ist das Neonazitrio sicher untergebracht. Für mindestens sechs Monate werden die drei hier leben. Aus dem Schutz dieser Wohnung heraus werden sie die ersten Banken ausspähen, die sie später überfallen. Sie werden Kampfartikel für Blätter der Neonaziszene schreiben, sich erste gefälschte Ausweise organisieren und hier ihre erste Waffe verstecken.
    Der Wohnungsbesitzer Max-Florian B. weiß noch nichts von

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