Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)
Netzwerk gewaltbereiter Neonazis überhaupt. «Blood & Honour» will Rechtsrock-Bands untereinander koordinieren und dadurch die rechte Ideologie verbreiten.
Doch zu der Gruppe gehören auch Neonazis, die sich «Combat 18» nennen und politische Gegner mit Anschlägen und Briefbomben ermorden wollen. Auf einem Deutschlandtreffen verkünden die «Blood & Honour»-Patrioten 1998: «Unsere Aufgabe liegt nicht nur in der Musik, sondern im Kampf», und: «Wir sind mehr als eine Musikbewegung!»
Auch als Wehrdienstleistender fährt Uwe Mundlos weiter zu Neonaziveranstaltungen. An einem Samstag, dem 6. August 1994, macht er sich in seinem Auto mit sächsischen und thüringischen Nazis auf nach Bayern. In Straubing wollen sie in einer Kiesgrube den Geburtstag eines Rechten feiern. Unter den Gästen ist auch der bekannte Neonazi Hendrik L., der später in Chemnitz das Musiklabel «PC Records» gründen wird – die rechte Plattenfirma, die den «Dönerkiller-Song» produziert. An dem Sommerabend brennt ein Lagerfeuer, ein großer Rost ist aufgebaut, Bier fließt literweise, aus den Autoboxen dröhnt Rechtsrock über das Gelände.
«Wetz die langen Messer auf dem Bürgersteig,
laß die Messer flutschen in den Judenleib.
Blut muß fließen knüppelstangendick
und wir scheißen auf die Freiheit dieser Judenrepublik.»
In dem Song «Blut» der Band «Tonstörung» wird dazu aufgefordert, Juden zu ermorden und Handgranaten in die Parlamente zu werfen. Als dieses Lied gespielt wird, greift die Polizei ein, sie sprengt die Party um Mitternacht. Die Polizisten leuchten den gesamten Platz aus, kontrollieren alle Gäste. Gegen vier von ihnen wird später wegen Störung des öffentlichen Friedens und Volksverhetzung ermittelt. Nicht aber gegen Uwe Mundlos.
Am Sonntag ist der Gefreite Mundlos wieder pünktlich zurück in der Kaserne, bei den Panzergrenadieren.
Während Uwe Mundlos lernt, wie man Kanonen richtig mit Munition befüllt und mit einem Panzer Ziele zerstört, entdeckt Uwe Böhnhardt die Liebe. Während sich Mundlos das Feldbett mit anderen Soldaten teilt, teilt sich Böhnhardt sein Bett mit einer jungen Frau. Mit Beate Zschäpe.
Über zwei Jahre ist Zschäpe mit Uwe Mundlos zusammen gewesen. Sie sind sogar verlobt.
Uwe Böhnhardt hat viel Zeit für seine Eroberung, auch unter der Woche. Er schenkt ihr eine Tasse mit einem Foto von sich und kommt sie häufig zu Hause besuchen. Dafür bringt er sogar extra OP-Überzieher für seine Schuhe mit, damit er die Springerstiefel in der Wohnung nicht ausziehen muss, erinnert sich Zschäpes Mutter.
Auch seinen Eltern stellt er Beate bald vor. «Ich hab ’ne Freundin, darf ich sie mal mitbringen?», fragt er seine Mutter eines Tages. «Klar», antwortet Brigitte Böhnhardt und hofft innerlich, dass ein Mädchen ihren Sohn aus der Szene herausreißt. Beate Zschäpe ist die erste Freundin, die Uwe mit nach Hause bringt.
Die Böhnhardts binden sie gleich in die Familie ein, Zschäpe feiert Geburtstage und Weihnachten jetzt bei ihnen. Artig sitzen Uwe Böhnhardt und Zschäpe am Kaffeetisch, auf einem Foto sieht man, wie sie ihre Hand verliebt auf seine legt. Mutter Böhnhardt hat nur gute Erinnerungen an Zschäpe: «Sie war immer höflich, freundlich, hat auch mal was mit angefasst beim Kaffeegedeck. Ich fand sie richtig nett.»
Beide tauchen jetzt als Paar auf dem Platz vor dem «Winzerclub» auf. «Bis dahin war Böhnhardt eher der Adjutant von Mundlos», sagt Sozialarbeiter Thomas Grund. «Durch die Beziehung zu Beate gewann der ansonsten farblose Junge zunehmend an Selbstbewusstsein.»
Als Uwe Mundlos davon erfährt, dass seine Freundin jetzt mit seinem besten Kumpel zusammen ist, kommt er damit anfangs nicht klar. «Es hat ihn angekotzt», erinnert sich sein ehemaliger Freund. «Er hat Beate immer noch über alles geliebt.»
Nachdem Mundlos 1995 von der Bundeswehr nach Jena zurückgekehrt ist, sucht er weiterhin die Nähe zu Zschäpe und Böhnhardt. «Er hat ausgehalten, dass sie nun mit Böhnhardt zusammen war, weil er nicht die Finger von ihr lassen konnte», sagt Mundlos’ Freund, bei dem er sich in dieser Zeit ausheult. Er vertraut ihm, aber als der Freund ihm rät, Zschäpe doch ganz zu verlassen, schüttelt Mundlos verständnislos den Kopf. Soweit bekannt ist, wird Uwe Mundlos nach Beate Zschäpe nie wieder eine andere Freundin haben. Sein Jugendfreund sagt heute: «Nur weil Uwe sie noch so geliebt hat, konnte das Trio entstehen.»
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«Anti-Antifa
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