Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)
sonnigen 7. Juli 2007 erreichen drei junge Menschen die Insel Fehmarn. Ihr vollgepackter blauer VW-Bus passiert die Schranke zum Campingplatz und kommt direkt auf dem Stellplatz neben Familie Fischer zum Halt. Zwei Männer und eine Frau steigen aus dem Auto und begrüßen die Fischers. «Das waren ganz freundliche, kinderliebe Menschen, darum hatten wir gleich von Anfang an ein recht angenehmes Urlaubsverhältnis», erinnert sich Karin Fischer.
Die jungen Urlauber sind Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Vor 72 Tagen haben die Männer die Polizistin Michele Kiesewetter in Heilbronn hingerichtet.
Im VW-Van des Trios liegen vermutlich die beiden Dienstwaffen Heckler & Koch P 2000 von Kiesewetter und ihrem Kollegen. Die Polizeipistolen hat das Trio wahrscheinlich in der Innenverkleidung des Wohnmobils so gut versteckt wie ihre politische Gesinnung während der Ferienzeit. Über Politik reden die drei in den kommenden Wochen mit den anderen Urlaubern kein einziges Mal.
Die Freundschaft mit dem Trio beginnt für Familie Fischer mit der Einladung zu einer Runde Kartenspielen. «Einer von den dreien hat uns gefragt, ob wir mit Doppelkopf spielen möchten», sagt Karin Fischer später.
Ab dem Jahr 2007 verbringt das Trio jeden Sommer auf dem Campingplatz an einer Bucht im Südosten der Insel. Mit dem Ende der Mordserie beginnen die regelmäßigen Fehmarn-Urlaube. Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe buchen sich auf dem Campingplatz meistens einen Caravan vom Typ «Hobby Excellent», 15 Schritte bis zum Strand.
Ihren Urlaubsbekanntschaften stellen sich die drei mit den Spitznamen ihrer Tarnidentitäten vor: Gerri ist Uwe Böhnhardt, den Namen Max nutzt Uwe Mundlos, und Beate Zschäpe nennt sich Liese.
«Wir haben teilweise zusammen gegessen, sind gesurft und waren auch gemeinsam einkaufen», erinnert sich Karin Fischer.
Die Tage verbringen die drei Sachsen sehr unterschiedlich, erinnern sich verschiedene Campingfreunde. Gerri ist der Ruhige, wirkt auf viele verschlossen und fällt den anderen Urlaubern am meisten durch seine abstehenden Ohren und seine Tätowierungen auf. Am rechten Arm und am rechten Bein ranken sich Tattoo-Blumen – sie sind garniert mit Blut. «An der Schulter trug er außerdem eine Tätowierung mit Stahlhelm und Totenkopf», erinnert sich Campingnachbar Martin Sperber, «das wirkte sehr martialisch und furchterregend.»
Gerri liebt es sportlich. Mal verabredet er sich zum Badminton mit einem Camper, mal bricht er zu einem längeren Jogginglauf am Strand auf oder nimmt den Sohn einer Urlaubsbekanntschaft in seinem grauen Schlauchboot mit dem 5-PS-Außenbordmotor mit hinaus auf die See. Die Jungs seiner Bekanntschaften beeindruckt er auch schon mal mit einem Nachtsichtgerät. «Er war für mich ein sehr sympathischer, ruhiger, lieber Mensch», sagt Karin Fischer. Er sei auch immer der Fahrer der drei gewesen.
Max, der sein Sixpack gern präsentiert und bei Sonnenschein oben ohne über den Campingplatz läuft, gilt unter den anderen Urlaubern als der Kluge. Seine Tage verbringt er am liebsten auf dem Wasser. Entweder in einem Katamaran oder surfend. Nachdem er einen Surfkurs absolviert hat, kauft er sich ein eigenes Surfbrett und lässt es jeden Tag zu Wasser. Er fällt den anderen Urlaubern vor allem durch seinen offenen Charakter und sein überdurchschnittliches Allgemeinwissen auf. «Er hat immer viel erzählt, ohne wirklich was zu sagen», erinnert sich ein Mitcamper. Wenn er nicht gerade auf dem Surfbrett steht, sitzt Max vor seinem Laptop und arbeitet an dem Computer, für den er extra einen größeren Bildschirm mit auf die Ferieninsel gebracht hat.
Manchmal spielt er mit Gerri zusammen Computerspiele. Besonders mögen sie die PC-Strategie-Games «Heroes of Might and Magic» und «Spider-Man 2», oder sie vergnügen sich mit dem Kriegs-Strategiespiel «Command & Conquer Generals». Meistens sitzt Max aber allein vor dem Rechner, mit dem er vom Zeltplatz aus auch ins Internet gehen kann. Nur einmal gewährt er einem Fremden einen kurzen Einblick in seine digitale Welt. Als das E-Mail-Postfach eines Urlaubers nicht funktioniert, nimmt sich Max dieses Problems an und bringt es nach kurzer Zeit wieder in Ordnung. Wie er das so schnell wieder hinbekommen habe, möchte der Mann wissen. «Ach, das war doch ein Klacks», antwortet Max. Er könne so was, weil sein Vater zu DDR-Zeiten Informatikprofessor an einer Uni gewesen sei und er nach seiner Ausbildung zum Datenverarbeitungstechniker
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