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Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Titel: Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Fuchs , John Goetz
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Stralsund. Zusammen mit dem Überfall ein paar Wochen zuvor auf dieselbe Filiale erbeuten sie mehr als 250000 Euro.
    Drei Monate nach Zschäpes Kontakt zur Polizei erschießen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt die Polizistin Michele Kiesewetter in Heilbronn.

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    Theresienwiese
    Für Michele Kiesewetter ist der Einsatz an diesem April-Mittwoch nichts Besonderes. Die 22-jährige Bereitschaftspolizistin hat schon viel gefährlichere Aufgaben übernommen. Als Mitglied einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit hat sie nachts schon verdeckt in der Disko «Luna» in Kornwestheim ermittelt. Um eine Razzia beginnen zu können, lässt Kiesewetter dann ihre Kollegen in Uniform von innen durch den Disko-Notausgang herein. Ein paar Monate zuvor hat Kiesewetter undercover Drogen gekauft, zweimal 3,5 Gramm Heroin. Beide Dealer wurden daraufhin festgenommen.
    Aber heute, an diesem 25. April 2007, ist sie zum routinemäßigen Streifendiensteinsatz eingeteilt. Mit einem neuen Kollegen soll sie in Heilbronn herumfahren, verdächtige Personen kontrollieren und Platzverweise ausstellen.
    Den Abend vor dem Dienst verbringt Michele Kiesewetter mit einem Freund. Die Nacht ist kurz. Nach zweieinhalb Stunden Schlaf steht Kiesewetter wieder auf, duscht sich und zieht ihre Uniform an. Um 8:30 Uhr ist Dienstbeginn. Spontan wird sie heute für die Streife im Rahmen der Polizeiaktion «Sichere City» in Heilbronn eingeteilt.
    Michele Kiesewetter wächst in Thüringen auf, in Oberweißbach, einer 1800-Seelen-Gemeinde im Thüringer Wald, deren größte Attraktion eine Standseilbahn aus den zwanziger Jahren ist. Michele ist ein sportliches Mädchen, sie nimmt im Winter an Biathlonwettbewerben teil, im Sommer rennt sie bei Crossläufen mit. Ein anderes Familienmitglied arbeitet bereits bei der Polizei, Kiesewetter gefallen seine Erzählungen. Nach dem Realschulabschluss beginnt sie eine Sozialausbildung an einer Berufsschule, bricht aber sofort ab, als sie eine Zusage als Polizeimeisteranwärterin in Baden-Württemberg erhält. Mit 19 Jahren wird Michele Kiesewetter Polizistin. «Sie hat ihren Beruf geliebt», sagt ihre Mutter, «mit der Einstellung bei der Polizei hat sich für sie ein Traum erfüllt.»
    Der Streifendienst am 25. April 2007 beginnt um 9:30 Uhr in Heilbronn. Vormittags kontrollieren Michele Kiesewetter und ihr Polizeikollege die Innenstadt. Zwei Stunden nach Arbeitsbeginn machen sie eine Pause an der Theresienwiese, einem großen Festivalgelände am Neckar unweit des Heilbronner Hauptbahnhofs. Der Festplatz ist bekannt, weil hier Flohmärkte stattfinden, Zirkusse Station machen und das «Unterländer Volksfest» jährlich steigt – ein riesiger Rummel. Auch heute bauen Schausteller auf dem Platz ihre Buden und Wagen auf, das «Heilbronner Frühlingsfest» wird vorbereitet.
    Michele Kiesewetter und ihr Kollege rauchen eine Zigarette, tippen SMS-Nachrichten an Freunde und fahren danach auf das Polizeirevier für eine Einsatzbesprechung. Anschließend verlassen sie das Revier gegen 13:45 Uhr wieder ohne konkreten Auftrag. Mit dem 5er-BMW-Dienstwagen fahren sie zurück zur Theresienwiese, parken das Auto im Schatten eines Trafohäuschens und schauen aus dem BMW zu, was auf dem Festplatz passiert. Zur selben Zeit beobachten Gleisarbeiter der Deutschen Bahn zwei Mountainbikefahrer, die in der Nähe des Bahnhofs unweit der Theresienwiese diskutieren.
    Die Türen ihres Polizeiautos lassen Kiesewetter und ihr Kollege geschlossen, nur die Fensterscheiben sind geöffnet. Die beiden jungen Beamten unterhalten sich über die Karrieremöglichkeiten bei der Polizei. Der Kollege steckt sich eine Zigarette an, Michele Kiesewetter beißt in ein Brötchen.
    In dem Moment sieht Kiesewetters Kollege im Rückspiegel einen Mann, der sich von der Beifahrerseite her dem Polizeiwagen nähert. Er trägt eine dunkle Jeans, schwarze Schuhe und ein Kurzarmhemd. Michele Kiesewetter soll noch gesagt haben: «Da will jemand eine Auskunft», als der Angreifer schon beginnt zu schießen. Die Polizistin hat keine Chance, der Killer jagt ihr von hinten eine Kugel in den Kopf. Er feuert nur einen Schuss aus der 9-Millimeter-Wehrmachtspistole Radom. Dann schießt ein zweiter Täter mit einer russischen Tokarew-Pistole auch auf den Polizisten auf dem Beifahrersitz.
    Die beiden Männer öffnen die Autotüren, dabei fallen die verletzten Polizisten blutüberströmt von ihren Sitzen. Die Angreifer reißen am Pistolenholster der Beamten. Sie ziehen ihre Opfer mit solcher

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