Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)
neues Bekennervideo, das sie planen. Im Gegensatz zur ersten Version mit Totenschädel, aggressiver Musik und dunkler Aufmachung produzieren sie jetzt eine freundliche Version im Comicstil – die dadurch einen zynischeren Ton bekommt.
Die Filmchen dafür finden sie bei YouTube. Zwei Personen schreiben das Drehbuch für das Bekennervideo auf kariertem Papier. Es ist handschriftlich verfasst und 49 Seiten lang. In einem «Behördengutachten» des Kriminaltechnischen Instituts des BKA in Wiesbaden erkennt die Wissenschaftliche Direktorin 2011, dass eine der beiden Handschriften des Drehbuchs Uwe Mundlos gehört.
Mundlos und Böhnhardt setzen Filmausschnitte der amerikanischen Zeichentrickserie «Der rosarote Panther» aus den sechziger Jahren anders zusammen und geben dem Comicstrip damit eine vollkommen neue Aussage. In den «Paulchen Panther»-Sequenzen verändert das Trio die Aufschriften auf Läden und Schildern. Einige der Videosequenzen werden später nicht auf der 15-minütigen Bekenner-DVD landen, die Beate Zschäpe nach Auffliegen der Terrorzelle versendet.
Zum Beispiel eine Bilderfolge, in der man den rosaroten Panther mit einer Schaufel sieht, über ihm die Sprechblase «DER ALI MUSS WEG». Ali – mit diesem Klischeenamen verunglimpft das Trio bereits 1998 türkische Mitbürger in einem Gedicht. In einer anderen, später nicht verwendeten Szene mit dem Namen «militär ali3 mit schuss.avi» sieht der Zuschauer ein Plakat mit der Aufschrift «MITSTREITER GESUCHT IM KAMPF GEGEN DIE KANACKENFLUT».
Als Uwe Böhnhardt am 5. Oktober 2006 das erste Mal eine Bank allein überfallen will, kommt es zu einem schweren Zwischenfall. Er hat sich eine Sparkasse in Zwickau ausgesucht, nur fünf Kilometer von der Wohnung in der Polenzstraße entfernt. Bei seinem Alleingang geht er besonders brutal vor. Zuerst prügelt er mit einem Ventilator auf eine Angestellte ein.
Der Filialleiter will den Tresor nicht sofort öffnen. Das animiert einen Kunden, den Bankräuber zu überwältigen. Dabei löst sich ein Schuss aus Böhnhardts Waffe, das Projektil schlägt in den Fußboden ein. Um den Druck zu erhöhen, bedroht Böhnhardt jetzt einen Auszubildenden. Er sagt zu ihm: «Wenn nicht sofort der Filialleiter erscheint, erschieße ich dich!» Darum versucht der Auszubildende den Räuber zu überwältigen. Im Gerangel schießt Uwe Böhnhardt dem jungen Mann mit dem Revolver Alfa Proj in den Bauch, der Lehrling erleidet einen Durchschuss. Der Täter flüchtet mit dem Fahrrad – ohne Beute.
Ende 2006 bekommt Beate Zschäpe unerwarteten Besuch. Eines Tages stehen uniformierte Beamte der Polizeidirektion Zwickau im Treppenhaus in der Polenzstraße. Sie klingeln an der Wohnungstür, weil ein paar Wochen zuvor Wasser von der Wohnung ein Stockwerk darüber in das Versteck des Trios gelaufen ist. Zschäpe stellt sich als Susann D. vor, beantwortet den Polizisten ein paar Fragen. Die Beamten ziehen daraufhin wieder ab, ohne Verdacht zu schöpfen, dass die Mieterin vor ihnen in Verbrechen verwickelt sein könnte.
Gegenüber der Hausverwaltung besteht Beate Zschäpe darauf, den Schaden selbst zu beheben. Sie kauft ein Metallregal für das Badezimmer und bittet darum, die Miete im Gegenzug zu mindern. Damit, so glaubt sie, sei die Sache überstanden.
Anfang Januar 2007 steht aber plötzlich erneut ein Polizist, diesmal von der Kripo, Kommissariat 23 Jugendkriminalität, vor ihrer Tür. Er glaubt, dass die Wanne nicht zufällig übergelaufen ist, sondern durch den künstlichen Wasserfall Spuren eines Einbruchs im Stockwerk darüber verwischt werden sollten. Beate Zschäpe möchte er gern als Zeugin vernehmen.
Am 11. Januar 2007 stellt sich Beate Zschäpe um 6:30 Uhr bei der Polizeidirektion Zwickau vor. Wieder tritt sie als Susann D. auf. Niemand will ihren Ausweis sehen, um das zu kontrollieren. Zwanzig Minuten lang vernehmen die Polizisten die junge Frau. Zschäpe verstrickt sich in Widersprüche. Zuerst sagt sie, dass sie gar nicht in der Wohnung lebt, nur auf die Katzen aufpasse. Dann spricht sie von «unserer Wohnung», sagt «zu Hause». Doch auf dem Polizeirevier bemerkt das keiner. Sie wird ja auch nur als Zeugin vernommen. Um 7:15 Uhr ist die Vernehmung beendet, sie darf wieder gehen.
Dass die Zelle an diesem Tag nur sehr knapp einer Enttarnung entgangen ist, scheint die drei nicht weiter zu beschäftigen. Eine Woche nach Beate Zschäpes Besuch auf dem Revier überfallen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eine Sparkasse in
Weitere Kostenlose Bücher