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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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darüber, wie es war, sich den Verhältnissen zu beugen.
    Ich wusste nicht, unter welchen Druck Devin geraten sein mochte. Ich wusste nicht, was ich in der gleichen Situation getan hätte. Oh, sicher, ich wollte glauben, dass ich lieber unter Folterqualen gestorben wäre, als meine Göttin zu verraten, und ich glaube tatsächlich, dass ich es getan hätte. Aber ich wusste nicht, ob ich es wirklich getan hätte, umso mehr, wenn jemand Triss bedroht hätte. Deswegen und wegen Zass konnte ich einfach nicht zulassen, dass ein alter Feind einen neuen tötete, der einmal mein Freund gewesen war. Mit einem frustrierten Knurren entließ ich Triss aus meinem Griff.
    »Such den Hauptmann«, sagte ich. »Schnell!« Triss tauchtein der Nähe der Stelle, an der ich herausgekommen war, in die Trümmer ein.
    »Hier!«, rief er schon einen Moment später und reckte einen Schattenschwanz über einem Haufen zerbrochener Latten und Putz empor. Dann fing er an zu graben.
    Binnen weniger Augenblicke hatte Triss den Kopf und den rechten Arm des Elitehauptmanns freigelegt. Ich machte eine rasche Bewegung mit dem Handgelenk, und der Dolch an meinem Unterarm glitt in meine Hand. Dann ging ich in die Knie und drückte dem Hauptmann die Klinge an das Kinn. Es hat eine Zeit gegeben, da hätte ich ihm einfach die Kehle aufgeschlitzt, aber ich wollte ihm eine Chance geben.
    »Ruf deinen Hund zurück«, sagte ich.
    »Fahr zur Hölle.« Dunkles Blut klebte an seinen Lippen, und etwas davon spuckte er mir ins Gesicht.
    »Aral!« Devins Stimme klang schwächer. Verzweifelter.
    »Tu es jetzt, oder stirb«, sagte ich.
    »Ich bin schon tot«, entgegnete der Hauptmann. »Wir wissen beide, dass du mich töten wirst.«
    »Nur wenn ich dazu gezwungen bin.«
    Er spuckte mich ein zweites Mal an, und ich rammte den Dolch nach oben, direkt durch die weiche Stelle hinter dem Kinn und den Gaumen bis hinauf in sein Hirn. Hinter mir heulte der Steinhund einmal laut auf und krachte mit solcher Wucht zu Boden, dass dieser unter ihm erzitterte.
    »Devin?«, rief ich. »Bist du tot?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Dann bist du mir was schuldig. Verschwinde verdammt noch mal aus meiner Stadt.«
    Ich hatte ein Leben genommen, um seines zu retten. Und irgendwie machte die Tatsache, dass das Leben, das ich beendet hatte, einem Mann gehört hatte, der mich unter umgekehrten Vorzeichen mit Freude ermordet hätte, das Ganze nicht besserfür mich. Aber das ist eben manchmal so. Ich wischte mir also das Blut vom Gesicht und machte mich wieder auf die Suche nach Maylien.
    Wir mussten immer noch von hier verschwinden, und ich glaubte nicht, dass uns dafür viel Zeit blieb. Ein großer und mehr oder weniger intakter Teil des Daches war an der Stelle heruntergekommen, an der ich sie vermutete, also schickte ich Triss in den Trümmerhaufen.
    Wenige Augenblicke später tauchte er wieder auf und bedachte mich mit einem schattigen Grinsen. »Es geht ihr gut. Sie steckt in einem kleinen Hohlraum zwischen der Wand und einem großen Deckenstück fest, ist aber im Grunde unversehrt. Ich wollte nicht, dass sie mit ihrer Magie von ihrer Position aus irgendetwas Drastisches versucht, weil ich befürchtete, sie könnte es noch schlimmer machen. Also habe ich ihr gesagt, dass wir sie bald rausholen.«
    »Toll. Irgendeine Idee, wie wir das anstellen sollen?«
    »Gar nicht«, ertönte hinter mir Devins Stimme. »Zumindest nicht jetzt. Unser Gespräch ist noch nicht beendet, und du weißt, dass ich dich nicht gehen lassen kann, ehe wir zu einer Einigung gelangt sind.«
    »Das ist nicht dein Ernst.« Ich drehte mich um und sah, dass Devin in der Nähe der Stelle stand, an der einmal die Tür war, und mit einem Pfeil auf mich zielte. Offensichtlich hatte er den Bogen eines der gefallenen Gardisten genommen. »Verdammt noch mal, Mann, ich habe dir gerade das Leben gerettet.«
    »Darum habe ich dir auch nicht in den Rücken geschossen. Ich wollte dir eine letzte Chance geben, es dir anders zu überlegen. Wir brauchen deine Erfahrung, Aral. Du könntest so viel für uns tun. Zwing mich nicht, einen Schatz wie dich einfach wegzuwerfen.«
    »Zass«, sagte Triss, »mein Meister hat deinem Meister gerade das Leben gerettet. Du wirst das nicht zulassen.«
    Zass sagte nichts, aber die Bogensehne riss plötzlich mit einem scharfen Knall, sodass Devin von einem Moment auf den anderen entwaffnet war. Irgendwie fühlte sich das an wie ein Verlust.
    »Ich sage es nicht noch einmal, Devin. Verschwinde aus meiner

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