Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
Darkover war im Imperium noch nicht wichtig genug, daß ein richtiger Legat zum Verbindungsmann mit den Eingeborenen ernannt worden wäre.
»Lieb von Ihnen, daß Sie das für mich tun, Magda«, empfing Montray sie. »Es kann nicht schaden, wenn sie merken, daß wir ein paar Leute haben, die die Sprache so sprechen, wie sie gesprochen werden sollte.« Er war ein dicker, kahl werdender Mann in den Vierzigern mit einem gewohnheitsmäßig besorgten Blick. »Ich habe die Dame in mein Büro gebracht.« Er hielt Magda die Tür auf.
In seinem schlechten, holperigen cahuenga (der lingua franca der Handelsstadt) sagte er: »Lady Ardais, ich stelle Euch meine Assistentin Magdalen Lorne vor, die müheloser mit Euch sprechen wird, als ich es kann.« Zu Magda gewandt, setzte er hinzu: »Sagen Sie ihr, daß wir uns durch ihren Besuch geehrt fühlen, und fragen Sie, was wir für sie tun können. Sie muß etwas wollen, sonst hätte sie nach uns geschickt, statt selbst hier zu erscheinen.«
Magda sah ihn warnend an. Das Aufblitzen in den Augen der Dame verriet ihr, daß sie Terra-Standard verstand – oder daß sie zu den Telepathen gehörte, die, wie das Gerücht ging, gelegentlich auf Darkover zu finden waren. Sie begann: »Domna, Ihr erweist uns Gnade. Wie können wir Euch am besten dienen?«
Die Frau hob den Kopf und begegnete Magdas Blick. Magda, die ihr Leben auf Darkover verbracht hatte und die Nuancen kannte, dachte: Diese Frau stammt aus den Bergen; die Frauen des Tieflandes sind scheuer mit Fremden. Wie es der Brauch von allen Comyn verlangte, hatte sie eine Leibwache mitgebracht und eine Anstandsdame, aber sie achtete auf keinen von beiden und erklärte ruhig: »Ich bin Rohana Ardais; mein Gatte ist Gabriel-Dyan, Regent von Ardais. Ihr sprecht unsere Sprache gut, mein Kind. Darf ich fragen, wo Ihr sie gelernt habt?«
»Ich habe meine Kindheit in Caer Donn verbracht, Lady, wo die Bürger der Stadt mehr mit den Terranern zusammenkamen, als es hier der Brauch ist.«
»Ah, das erklärt, warum Ihr mit dem Akzent der Hellers sprecht«, meinte Rohana. Magda, die sie mit den Augen der ausgebildeten Beobachterin studierte, sah eine kleine, zartgebaute Frau, bei weitem nicht so groß wie Magda selbst. Es war schwer, ihr Alter zu schätzen, denn ihr Gesicht zeigte keine verräterischen Falten, doch jung war sie nicht mehr. Das schwere, kastanienbraune Haar, das tief im Nacken zum Knoten geschlungen und von einer teuren Schmetterlingsspange aus Kupfer mit grünen Steinen gehalten wurde, war reichlich mit Grau durchsetzt. Ihre Haltung war sehr würdevoll, aber sie rieb die Hände, die sie im Schoß gefaltet hielt, nervös gegeneinander.
»Ich bin gegen den Willen meiner Verwandten hergekommen, um von euch Terranern einen Dienst zu erbitten. Vielleicht ist es töricht, eine sinnlose Hoffnung…« Sie zögerte, und Magda versicherte ihr, es wäre ihnen eine Ehre, der Lady Ardais gefällig zu sein.
»Es geht um meinen Sohn«, erklärte Rohana. »Er ist verschwunden. Wir befürchteten ein Verbrechen. Dann kam ein Arbeiter zu uns, der hier in eurem Hafen an einem eurer großen Gebäude beschäftigt ist. Sicher ist es euch kein Geheimnis, daß viele dieser Arbeiter von uns bezahlt werden, daß sie uns berichten, was wir über euer Volk zu erfahren wünschen. Dieser Mann nun, der meinen Sohn flüchtig kennt, meldete, er habe ihn hier gesehen, und er arbeite hier. Das ist ein paar Monate her; ich habe mich erst jetzt zu dem Entschluß durchgerungen, jedem Gerücht nachzugehen…«
Verblüfft gab Magda diesen Bericht an den Koordinator weiter. »Es stimmt, daß wir viele Darkovaner beschäftigen. Aber – Euer Sohn, Lady? Die meisten sind einfache Arbeiter, die Maschinen bedienen oder Zimmerleute und Maurer sind.«
»Unser Sohn ist jung und brennt auf Abenteuer wie alle Männer seines Alters«, erwiderte Rohana. »Ihm käme es bestimmt wie ein großes Abenteuer vor, sich unter Menschen von einer anderen Welt zu mischen. Er würde nicht zögern, dafür als Maurer oder Pflasterer zu arbeiten. Und wie ich sagte, er wurde hier gesehen und erkannt.« Sie überreichte Montray ein in Seide gewikkeltes Päckchen. Er öffnete es langsam und sah dabei Magda an, die Rohanas Worte übersetzte.
»Ich habe ein Bild meines Sohns mitgebracht. Vielleicht könnt Ihr diejenigen Eurer Leute, die für darkovanische Arbeiter zuständig sind, fragen, wann er zuletzt hier beschäftigt war.«
Unter der Seide kam ein kupfernes Medaillon zum Vorschein. Montray öffnete

Weitere Kostenlose Bücher