Die Zerbrochene Kette - 6
Comyn haben…«
Magda hatte im Augenblick keine Lust, diesen Punkt
zu ventilieren. Ziemlich gereizt erinnerte sie Montray
daran, daß sie in ihrer Freizeit hergekommen war. Er
sagte ihr, sie solle einen Beleg für Überstundenbezahlung einreichen, und entließ sie.
Wieder in ihrem eigenen Zimmer, dachte Magda über
Montrays Worte nach. Rohana hatte anfangs förmlich
mit ihr gesprochen, und wenn sie »mein Kind« sagte, so
benutzte sie die Form, mit der sie eine Dienerin oder
eine im Rang unter ihr stehende Frau angeredet hätte –
oder jemanden wie eine Dolmetscherin. Aber zum
Schluß hatte sie Magda im intimen Modus »meine Tochter« genannt, als sei sie eine junge Frau ihrer eigenen
Kaste. War das nur eine Freundlichkeit gewesen, die
nichts weiter zu bedeuten hatte?
Draußen war aus dem Schneefall ein schwerer Graupelschauer geworden. Magda trat ans Fenster, zog die
Vorhänge zurück und blickte durch die schalldichten
Doppelscheiben hinaus in das stumme Toben des
Sturms.
Du bist irgendwo da draußen, Peter, dachte sie. Was treibst du? Wenn es wirklich so etwas wie übersinnliche Wahrnehmung gibt, sollte ich imstande sein, dich irgendwie zu erreichen. Verdammt noch mal, Peter, komm nach Hause, ich mach’ mir Sorgen!
Sie dachte: Wie würde Peter über mich lachen! Er ist bestimmt auf irgendeine obskure Spur gestoßen und folgt ihr nun. Magda wußte, daß sie eine gute Agentin war und daß Peter als genial galt. Eine Frau konnte auf einem Planeten wie Darkover im Nachrichtendienst nicht viel tun, denn strenge Moralvorschriften und Tabus beschränkten sie auf ein bestimmtes Verhalten. Anderswo, auf weniger patriarchalischen Planeten, wo Männer und Frauen gleichberechtigt waren, hätte Magda mehr Spielraum für ihre Talent gehabt. Aber Darkover ist meine Heimat…
In den angespannten Wochen vor dem endgültigen Zusammenbruch ihrer Ehe hatte Peter ihr in einer scheußlichen Szene vorgeworfen, sie sei eifersüchtig, weil ihm hier auf Darkover wichtigere Aufgaben anvertraut wurden als ihr. Und das stimmte natürlich…
Oh, Peter, komm nach Hause! Ich mache mir Sorgen. Obwohl sie sich dumm dabei vorkam, konzentrierte sich Magda – wie sie es im New-Rhine-Rakakowski-Institut auf Terra getan hatte, um mit den ESP-Karten ein signifikant besseres als ein Zufallsergebnis zu erzielen – und versuchte, eine Botschaft hinauszusenden. Peter, Peter, wir alle machen uns Sorgen. Gib uns wenigstens Nachricht, daß du in Sicherheit bist.
Sie spürte nichts von einem Kontakt; schließlich gab sie es erschöpft auf und ging zu Bett.
In der Nacht träumte sie von Peter Haldane, aber er lachte sie aus.
7
Das Jahr schritt weiter vor, und die Kälte nahm zu. Magda, die in den Bergen geboren war, machte die Kälte nichts aus, zumindest dann nicht, wenn sie zweckentsprechende Kleidung tragen durfte. Die meisten Terraner vergruben sich in ihren Quartieren wie Tiere in ihren Winterhöhlen und wagten sich nur hinaus, wenn sie mußten. Die Mannschaften der Sternenschiffe, die hier landeten, beschränkten ihren Aufenthalt auf das Minimum. Selten sahen sie sich im Hafen um, und in die Altstadt gingen sie nie. Immer häufiger trug Magda, ohne sich um die offizielle Mißbilligung zu kümmern, ihre darkovanische Kleidung auch im HQ; die langen Röcke und schweren Unterröcke mochten unbequem sein, aber sie hielten warm. Eines Nachmittags, als sie nach einem in der Altstadt verbrachten Tag zurückkehrte, schneite es so heftig, daß ihr der Gedanke verrückt erschien, die terranischen Synthetiks anzulegen. Wie sie war, ging sie in die Personalabteilung und zu der Stelle, wo ihre Beobachtungen aufgezeichnet wurden. Montrays hübsche Assistentin, die einen dicken Pullover trug, sah sie neidisch an. »Ich kann es dir nicht verübeln, daß du Eingeborenenkleidung trägst. Fast bin ich versucht, mich in deine Abteilung versetzen zu lassen, damit ich mich dem Klima entsprechend anziehen kann. Ich weiß nicht, wie du es fertigbringst, dich in dem Zeug zu bewegen – aber warm sieht es aus!« Magda grinste sie an. »Die übliche Frage.«
»Die übliche Antwort. Tut mir leid«, antwortete Bethany, ernst werdend. »Keine Nachricht von Peter. Heute morgen hat der Chef ihn von der Liste der aktiv Diensttuenden gestrichen. Er gilt jetzt als vermißt. Die Gehaltszahlung wird eingestellt, bis er sich offiziell meldet, und so weiter.«
Magda zuckte zusammen. Der nächste Schritt würde sein, ihn als vermißt, vermutlich tot zu erklären.
Bethany versuchte,
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